Wirtschaft

Erstattung von Zuzahlungen 2009: Papierkrieg mit der Krankenkasse

Ob Lohn, Gehalt, Weihnachtsgeld, Rente oder Zinsen: Alles zählt

(bü). Das Gesetz ist eindeutig: Erreichen die von gesetzlich Krankenversicherten geleisteten Zuzahlungen – etwa zu Arzneien oder Heilmitteln und die Praxisgebühren – 2 Prozent des Jahresbruttoeinkommens des Singles oder der Familie, dann brauchen für den Rest des Jahres keine Zuzahlungen mehr geleistet zu werden. Bei "schwerwiegend chronisch Kranken", also vielfach bei Versicherten über "50" sowie Rentnern, ist bereits bei 1 Prozent des Familieneinkommens die Belastungsgrenze erreicht. Doch der Teufel steckt im Detail, wenn es jetzt darum geht, zu viel gezahlte Beträge aus dem Vorjahr zurückzuholen.

Das deuten bereits die umfangreichen Fragebogen an. Danach rechnen die AOK & Co aus, wann sie eine Befreiungsbescheinigung ausstellen können. Und schon der erste Blick in diese "Selbstauskünfte" zeigt, dass zum "Einkommen" nicht nur Lohn oder Gehalt (auch aus 400-Euro-Jobs) zählen. Ob Urlaubs- oder Weihnachtsgeld, Kranken-, Arbeitslosen- oder Mutterschaftsgeld, Renten, Zinsen, Mieteinnahmen – alles wird addiert. Das Kinder- sowie das Erziehungsgeld rechnen aber nicht mit.

Bei den Renten gehören sogar die – den Rentnern abgezogenen – Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge dazu, weil es auf das "Bruttoeinkommen" ankommt. Und auch von einer Eigenheimzulage gehen gegebenenfalls 1 oder 2 Prozent als Zuzahlung an die Krankenkasse. Unterhaltszahlungen dürfen die Krankenkassen ebenfalls nicht auslassen; auf der anderen Seite reduzieren sie allerdings das anzurechnende Einkommen der Person, die den Unterhalt zahlt.

Grundsätzlich werden als Familieneinkommen sämtliche Einnahmen der – gemeinsam im Haushalt lebenden – Familienangehörigen berücksichtigt. Zur Familie zählen aber neben den Versicherten nur der Ehe- oder der eingetragene Lebenspartner sowie "familienversicherte" Kinder. Auszubildende mit eigenem Krankenversicherungsschutz zählen "solo", BAföG ist kein "Einkommen". Bei Sozialhilfeempfängern wird nur der monatliche Regelsatz angesetzt, also keine Familien- und sonstigen Zuschläge, die die Sozialhilfe erhöhen, etwa die Miete.

Vorteil für Familien, in denen wenigstens eine Person als "schwerwiegend chronisch krank" anerkannt und gesetzlich versichert ist (egal, ob aufgrund eigener oder Familien-Mitversicherung): Auch für die übrigen Familienmitglieder gilt dann die 1-Prozent-Regel, also die Halbierung der Belastungsgrenze.

Wichtige Ausnahme für Bezieher vom Arbeitslosengeld II: Als "Bruttoeinnahme" zählt bei ihnen für die gesamte Bedarfsgemeinschaft (also auch für 2, 3 oder 4 Personen) ausschließlich die Regelleistung von 359 Euro (im ersten Halbjahr 2009: 351 Euro) monatlich, was Belastungsgrenzen von 85,20 Euro (2%) jährlich beziehungsweise 42,60 Euro (1%) ergibt.

Berechnung des Familieneinkommens 2009

Und so wird ansonsten das Familieneinkommen 2009 berechnet:

  • Bruttoeinnahmen des Versicherten, seines Ehe-/Lebenspartners und der familienversicherten Kinder
  • minus 4536 Euro für den Ehepartner (über das für allein Erziehende mit einem Angehörigen geltende spezielle Recht informieren die Krankenkassen)
  • minus 6004 Euro für jedes (weitere) Kind
  • = Berechnungsgrundlage für die 2%- oder 1%-Belastungsgrenze.

In Euro und Cent sieht das bei einer Familie mit einem Kind so aus: Bruttoeinnahmen 2009: Arbeitsverdienst Eheleute: 30.000 €; Arbeitslosengeld: 1800 €; Zinseinnahmen: 600 € – gesamt: 32.400 €. Minus Abschlag Ehepartner: 4536 €, minus Abschlag Kind: 6004 €. Endsumme: 21.860 €. – Belastungsgrenze im Jahr 2009: 2 Prozent: 437,20 €, 1 Prozent: 218,60 €.

Haben die Zuzahlungen die individuelle Belastungsgrenze für das Jahr 2009 überschritten, so wird der übersteigende Betrag von der Krankenkasse erstattet. 2010 geht die Prozedur dann von vorne los. Doch können chronisch kranke Versicherte mit ihrer Krankenkasse vereinbaren, entsprechend dem voraussichtlichen Einkommen bereits die einprozentige Zuzahlung komplett im Voraus zu leisten und im Gegenzug die Befreiungsbescheinigung schon im laufenden Jahr erhalten. Das wird insbesondere bei Rentenempfängern so gehandhabt, weil deren Einkommen ja inzwischen (fast) "statisch" ist.

Als Nachweis der Zuzahlungen dienen Einzelquittungen (mit Namensangabe) oder die Eintragung in dem von der Krankenkasse ausgegebenen Quittungsheft. – Zuzahlungen zum Zahnersatz rechnen bei der Ermittlung der Belastungsgrenze übrigens nicht mit; hier gelten spezielle Einkommensgrenzen. Kosten für selbst beschaffte Arzneien bleiben völlig außen vor.

Wichtig auch: Zuzahlungen, die bei der Krankenkasse verblieben sind, also auf die Zeit vor der Befreiung für das laufende Jahr entfallen, können gegebenenfalls Steuern sparen helfen. Das ist dann der Fall, wenn die Eigenanteile von 2 beziehungsweise 1 Prozent des Bruttoeinkommens den Betrag übersteigen, den das Steuerrecht als "zumutbare Belastung" ansieht. Dafür kommt es auf den Familienstand, die Kinderzahl und die Höhe des Einkommens an.

Beispiel: Eine Familie mit drei Kindern und einem Jahres-Brutto von 30.000 Euro (Werbungskosten vorher abgezogen) muss 1 Prozent davon = 300 Euro im Jahr an Krankheitsaufwendungen selbst tragen. Beträgt die Belastungsgrenze in der Krankenversicherung für diese Familie 2 Prozent, so können Krankheitskosten zwischen 301 und 600 Euro vom steuerpflichtigen Einkommen heruntergerechnet werden.

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.