Gesundheitspolitik

Spahn erwartet "rechtlich einwandfreies Pick-up-Verbot"

Der CDU-Politiker bekräftigt, dass die Regierungskoalition ihr Versprechen halten wird

Berlin (lk). Die Bundesregierung setzt weiterhin auf ein Verbot der Pick-up-Stellen für Arzneimittel. Dies sagte der gesundheitspolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Jens Spahn, im Interview mit der AZ. "So haben wir es versprochen, so wollen wir es halten." Noch keine Klarheit besteht nach seinen Angaben darüber, wie die geplante Kürzung der Großhandelsrabatte umgesetzt werden kann. Offen bleibt zudem, wie die Mehrkostenregelung für Rabatt-Arzneien konkret geregelt werden kann.

Jens Spahn
Foto: AZ/Sket

AZ: Im Arzneimittelsparpaket haben Union und FDP ein Verbot von Pick-up-Stellen angekündigt. Wie soll das umgesetzt werden?

Spahn: Die christlich-liberale Koalition hat am 26. März 2010 ihre Eckpunkte zur Reform der Arzneimittelversorgung vorgelegt. Darin bekräftigen wir unser bereits im Koalitionsvertrag vereinbartes Ziel, die flächendeckende und sichere Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln durch die Apotheken dadurch zu stärken, dass der Missbrauch des Versandhandels durch sogenannte Pick-up-Stellen unterbunden wird. Auf dieser Basis wird nun in den nächsten Wochen ein entsprechender Gesetzentwurf erarbeitet, in dem die Details der Umsetzung enthalten sein werden.

AZ: Sind die rechtlichen Hürden aus dem Weg geräumt?

Spahn: Wir wissen, dass es bei der Umsetzung des Pick-Up-Verbotes rechtliche und auch verfassungsrechtliche Herausforderungen gibt. Unser Ziel ist es, das Pick-up-Verbot auf einer rechtlich soliden Grundlage umzusetzen. Daran arbeiten das Gesundheits- und das Justizministerium in enger Abstimmung.

AZ: Falls nicht: Wollen Sie Pick-up-Stellen durch Auflagen in der Praxis unrentabel machen?

Spahn: Wir gehen erst mal davon aus, dass uns ein rechtlich einwandfreies Verbot der Pick-up-Stellen gelingt. So haben wir es versprochen, so wollen wir es halten.

AZ: Die Koalition plant zudem, die Großhandelsrabatte zu kürzen. Worauf müssen sich die Apotheker einstellen? Wie viele Millionen Euro sollen damit gespart werden?

Spahn: In den Eckpunkten zur Umsetzung des Koalitionsvertrags für Arzneimittelversorgung ist auf Vorschlag des Bundesministeriums für Gesundheit ebenfalls eine Formulierung enthalten, die eine Umstellung des Großhandelszuschlags auf eine leistungsgerechte Vergütung anstrebt. In den kommenden Wochen wird auf Basis dieser Eckpunkte ein Referentenentwurf erstellt werden. Zum jetzigen Zeitpunkt ist noch nicht absehbar, wie diese Passage im Entwurf im Detail umgesetzt wird.

AZ: Anders als von Ihnen gefordert, sollen die Rabattverträge nicht abgeschafft, sondern weiterentwickelt werden. In welche Richtung? Worauf müssen sich Patienten, Hersteller und Apotheken einstellen?

Spahn: Ein wichtiger Punkt bei der Weiterentwicklung ist, dass wir die vollständige Anwendbarkeit des Kartellrechts für Rabattverträge einschließlich der Rechtszuweisung zu den Zivilgerichten anstreben. Es soll damit u. a. sichergestellt werden, dass genügend Anbieter im Markt bleiben und der Preiswettbewerb nicht mittelfristig durch Oligopolisierung eingeschränkt wird. Darüber hinaus werden weitere flankierende Regelungen zum Erhalt des Wettbewerbs eingeführt.

Patienten und Apotheken müssen sich darauf einstellen, dass Versicherte zukünftig auch ein anderes als das Rabatt-Präparat ihrer Krankenkasse wählen können und dafür dann eine Kostenerstattung im Rahmen einer Mehrkostenregelung von ihrer Krankenkasse erhalten. Zurzeit können die Versicherten nur das Rabatt-Präparat erhalten oder müssen den vollen Preis zahlen.

AZ: Neben dem Arzneimittelbereich und dem Ärztemangel will die schwarz-gelbe Koalition auch die Grenze zwischen GKV und PKV neu ziehen. Gibt es dafür schon konkrete Vorstellungen?

Spahn: Im Koalitionsvertrag haben wir uns darauf verständigt, dass neben der GKV für uns die privaten Krankenversicherungen als Voll- und Zusatzversicherung ein konstitutives Element in einem freiheitlichen Gesundheitswesen sind. Wir werden bei den Wahltarifen der GKV die Abgrenzung zwischen diesen beiden Versicherungssäulen klarer ausgestalten und die Möglichkeiten ihrer Zusammenarbeit beim Angebot von Wahl- und Zusatzleistungen erweitern. Das Nebeneinander von GKV und PKV wird sich jedoch nicht zulasten der gesetzlich Versicherten verschieben. Niemand muss Angst haben, dass eine umfassende medizinische Versorgung in Zukunft nur noch auf Basis privater Zusatztarife gewährleistet sein wird.

AZ: Wann wird die Wechselfrist von derzeit drei Jahren wieder auf ein Jahr bei Überschreiten der Beitragsbemessungsgrenze verkürzt?

Spahn: Die christlich-liberale Koalition hat sich dazu verpflichtet, die Wartezeit auf ein Jahr zu verkürzen, sodass ein Wechsel in die PKV perspektivisch wieder nach einmaligem Überschreiten der Jahresarbeitsentgeltgrenze möglich sein wird. In diesem Jahr wird die Dreijahresfrist zum ersten Mal auslaufen. Die Verkürzung der Wartezeit steht deshalb in der Prioritätenliste der dringenden gesundheitspolitischen Vorhaben nicht ganz oben auf der Agenda, wird aber wie versprochen umgesetzt werden.

AZ: Herr Spahn, wir danken Ihnen für das Gespräch!

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