Wirtschaft

GKV: Immer mehr Beitrag für immer weniger Leistung

Alternative Private Krankenversicherung?

(awd/az). In unschöner Regelmäßigkeit steht das System der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) im Kreuzfeuer der Kritik. Der Grund ist dabei meist der gleiche: Beitragserhöhung und/oder Leistungskürzung. Auch die Einführung des Gesundheitsfonds mit einem einheitlichen Beitragssatz aller Kassen im Zuge einer erneuten Reform im vergangenen Jahr sorgte nicht für die gewünschte Stabilität im Gesundheitswesen. Kaum hat das Jahr 2010 begonnen, ist wieder eine hitzige Diskussion entbrannt. Kein Wunder, denn die ersten gesetzlichen Krankenkassen haben sich aus der Deckung gewagt und fordern einen – durch die Reform möglichen – Zusatzbeitrag.

"Ein Schock für gesetzlich Krankenversicherte, denn sie müssen den Zusatzbeitrag aus eigener Tasche bezahlen. Nach der guten Nachricht im Zuge des neuen Bürgerentlastungsgesetzes sollte 2010 eigentlich jeden Monat deutlich mehr im Geldbeutel übrig bleiben. Durch höhere Krankenkassenbeiträge schmälert sich nun dieser Entlastungsbetrag. Während einige Kassen acht Euro im Monat mehr fordern, werden andere bis zu ein Prozent des Bruttogehalts einziehen. Da bis zu einem Einkommen von 3750 Euro im Monat Beiträge erhoben werden, liegt die maximale Belastung bei immerhin 450 Euro im Jahr! Bei Beitragserhöhungen sollten Versicherte durchaus den erlaubten Wechsel innerhalb des gesetzlichen Kassensystems prüfen oder die private Krankenversicherung in Betracht ziehen, sofern die Berechtigung dafür besteht. Denn zu den Beitragserhöhungen kommen ja auch die seit Jahren sinkenden Leistungen dazu", so ein Versicherungsexperte des Allgemeinen Wirtschaftsdienstes.

Schrumpfende Kassenleistungen

Der Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen ist seit langer Zeit auf Diät. Während einige Leistungen komplett gestrichen wurden, zum Beispiel Entbindungs- und Sterbegeld sowie der Zuschuss bei Sehhilfen (mit wenigen Ausnahmen), müssen Versicherte bei diversen Leistungen mehr zuzahlen. Etwa bei Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln oder der Krankenpflege. Deutliche Reduzierungen spüren Patienten beim Zahnersatz, Krankengeld und bei künstlicher Befruchtung. Und neben schrumpfenden Kassenleistungen sorgte der Gesetzgeber auch noch für Zusatzkosten. Hier seien die Krankenhaus-Tagespauschale für maximal 28 Tage im Kalenderjahr und die stark umstrittene Praxisgebühr genannt. Alles Maßnahmen, die zeigen, wie finanziell schwierig es um das Gesundheitssystem steht.

Aus Politik und Kreisen der Versicherungen sind dabei die immer gleichlautenden Argumente zu hören. Der Kostendruck nimmt permanent zu aufgrund von medizinischem Fortschritt, der teurer werdende Behandlungen und Medikamente nach sich zieht. Die – nicht zuletzt wegen dieses Fortschritts – enorm steigende Lebenserwartung in Verbindung mit stagnierenden Geburtenraten tut ein Übriges dazu. "Das sind sicher nachvollziehbare Gründe, aber helfen dem gesetzlich Versicherten nicht weiter. Es ist ein unbefriedigender Zustand, für immer mehr Beitrag immer weniger Leistung zu erhalten. Zwar leiden auch die privaten Krankenversicherungen unter dieser allgemeinen Entwicklung und Beitragserhöhungen sind nicht tabu, aber dort kann zumindest ein individuell gewünschter Leistungskatalog gewählt und in der Regel deutlich bessere Leistungen in Anspruch genommen werden", so der AWD-Versicherungsexperte.

Bessere Behandlung

Ein Eintritt in die private Krankenversicherung ist an bestimmte Voraussetzungen geknüpft. Der Wechsel eines Arbeitnehmers von der gesetzlichen Kasse in die private erfordert ein monatliches Bruttoeinkommen von mindestens 4162,50 Euro in den letzten zurückliegenden drei Jahren. Unabhängig vom Verdienst dürfen sich Selbstständige, Freiberufler und Beamte privat versichern. Dabei muss die private Police nicht teurer als die gesetzliche Krankenversicherung sein. Teilweise können die Beiträge sogar für Familien günstiger sein. Das hängt damit zusammen, dass sich die Beitragshöhe nicht wie bei der gesetzlichen Variante aus dem Bruttogehalt errechnet, sondern von individuellen Faktoren abhängig ist. Das sind der gewünschte Leistungsumfang, Eintrittsalter, Geschlecht und Gesundheitszustand.

Wer in die private Krankenversicherung wechselt, sichert sich in erster Linie eine bessere Gesundheitsversorgung. Zum Beispiel erhalten privat versicherte Patienten bei niedergelassenen Ärzten und Zahnärzten oft eine bevorzugte Behandlung, da private Versicherungsgesellschaften meist höhere Gebührensätze für medizinische Leistungen erstatten. Und je nach gewähltem Tarif kommen weitere Privilegien dazu. So kann die Beschränkung auf Kassenärzte wegfallen beziehungsweise eine freie Arztwahl vereinbart werden. Das ist auch für die Krankenhauswahl möglich. Während gesetzlich Versicherte stets das nächstgelegene Hospital aufsuchen müssen, steht es dem Privatpatienten frei, wo er die stationäre Behandlung wählt. Chefarztbehandlung und Unterbringung im Ein- oder Zweibettzimmer sind weitere Optionen, die gern in Anspruch genommen werden. Generell gilt: je umfangreicher der Leistungskatalog, desto besser die Gesundheitsversorgung.

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