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Was leistet pharmazeutische Versorgungsforschung?

Apotheker und Apothekenteams können viel für die Sicherheit der Arzneimitteltherapie tun und dazu beitragen, unerwünschte Arzneimittelereignisse durch Medikationsfehler und Interaktionen zu reduzieren. Insbesondere für ältere, multimorbide Patienten besteht hier ein großer Bedarf, sei es zu Hause oder in Altersheimen. Quantifizieren lassen sich die dadurch erhofften Kostensenkungen allerdings bisher nur schwer, so das Ergebnis eines Symposiums der Bundesapothekerkammer (BAK).

 

In Deutschland und anderen entwickelten Industrieländern werden etwa 5 Prozent der Krankenhausaufnahmen durch unerwünschte Arzneimittelereignisse (UAE) verursacht, die bis zur Hälfte vermeidbar wären, so Ministerialrat a. D. Dr. Horst Möller, der ehemalige Leiter des Referates Arzneimittelsicherheit beim Bundesgesundheitsministerium. Er grenzte in seinem Referat die Pharmakovigilanz und die Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) gegeneinander ab:

  • Bei der Pharmakovigilanz geht es um die Erfassung unerwünschter Arzneimittelwirkungen (UAW), die bei bestimmungsgemäßem Gebrauch auftreten.
  • AMTS umfasst den Bereich von UAE nach Medikationsfehlern, die bei nicht bestimmungsgemäßem Gebrauch auftreten. Hier ist die Standesvertretung noch stärker als bei UAW gefragt, weil es keine behördlichen Zuständigkeiten gibt.

Möller kritisierte, dass bei gesundheitspolitischen Entscheidungen wie der Einführung der Rabattverträge oder des Arzneimittelversandhandels die Auswirkungen auf die AMTS nicht berücksichtigt wurden.

Multiprofessionelle Leitlinien

Prof. Dr. Dr. Günter Ollenschläger, Leiter des Ärztlichen Zentrums für Qualität in der Medizin (ÄZQ), ist als Pharmazeut und Mediziner ein hervorragender Vermittler zwischen beiden Berufsständen. Im Programm für Nationale Versorgungs-Leitlinien, das von ärztlichen Standesorganisationen initiiert wurde, sind seit 2008 neben anderen Gesundheitsberufen auch die Apotheker eingebunden (www.versorgungsleitlinien.de). Sie haben sich an der Entwicklung einer Leitlinie für die Indikation Asthma beteiligt. Angedacht ist, künftig neben Leitlinien für Mediziner und für Patienten auch "Nichtärztliche" Leitlinien beispielsweise für Apotheker zu erstellen.

Gründe für UAE in Pflegeheimen

Mit der Arzneimitteltherapiesicherheit in deutschen Alten- und Pflegeheimen beschäftigte sich der Vortrag von Prof. Dr. Petra A. Thürmann von der Universität Witten-Herdecke. Dort spielen insbesondere die Wechselwirkungen von Arzneimitteln bei den häufig multimorbiden Patienten eine große Rolle. 56% der Heimbewohner bekommen mehr als sechs Dauerverordnungen pro Tag, manche Patienten sogar über 15! Insbesondere die häufig verordneten Diuretika und Psychopharmaka führen oft zu UAE. In vielen Fällen sind die Dosierungen nicht an Alter, Körpergewicht und Nierenfunktion der Patienten angepasst. Eine ganz wichtige Aufgabe ist hier die entsprechende Schulung des Pflegepersonals durch die Apotheker, die die Heimversorgung übernehmen. Mit einer "Sicherheitskultur" in den Heimen könnten sich viele UAE vermeiden lassen, so Thürmanns Fazit.

Kosteneffektive Prävention?

Professor Dr. Reiner Leidl von der Universität München befasste sich mit der Frage, wie sich präventive Maßnahmen von Apothekern auf die Kosten durch UAW bzw. UAE auswirken. Da aus ethischen Gründen Studien mit Vergleichsgruppen mit und ohne eine Intervention von Apothekern problematisch sind, ist bislang der Nachweis von finanziellen Effekten sehr schwierig. Eine Auswertung von 19 randomisierten Studien zeigte nur in drei Fällen, dass die Intervention von Apothekern die Zahl der Krankenhauseinweisungen, Arztbesuche oder Todesfälle signifikant reduziert.

Einen ausführlicheren Bericht über das BAK-Symposium, das am 28. Januar in Berlin stattfand, können Sie im nächsten Spektrum 2/2009 lesen.

 

Dr. Sigrid Joachimsthaler

 

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