Prisma

Testosteron für die Fairness

Das Vorurteil, Testosteron bewirke beim Menschen aggressives, selbstbezogenes und riskantes Verhalten, wird durch neue Experimente widerlegt. Menschen mit einem künstlich erhöhten Testosteronspiegel verhandeln fairer als Personen, die einen normalen Spiegel des Hormons im Blut haben.

Eine Studie der Universitäten Zürich und Royal Holloway London beweist: das Sexualhormon mit dem schlechten Ruf kann faires Verhalten fördern, wenn dies dazu dient, den eigenen Status zu sichern. Für die Studie nahmen 120 Versuchspersonen an einem Experiment teil, in dem über die Aufteilung eines realen Geldbetrages verhandelt wurde. Dabei ermöglichten die Regeln, sowohl faire als auch unfaire Angebote zu machen. Anschließend konnte der Verhandlungspartner das Angebot annehmen oder ablehnen. Wenn keine Einigung zustande kam, verdienten beide Parteien nichts. Vor dem Spiel erhielten die Versuchspersonen entweder eine Dosis von 0,5 mg Testosteron oder ein entsprechendes Placebo. "Würde man der gängigen Meinung folgen, wäre zu erwarten, dass die Versuchspersonen mit Testosteron eine aggressive, selbstbezogene und riskante Strategie wählen – ungeachtet der möglichen negativen Auswirkungen auf den Verhandlungsprozess", erläuterten die Forscher. Das Ergebnis der Studie zeigt jedoch das Gegenteil. Versuchspersonen mit künstlich erhöhtem Testosteronspiegel machten durchgehend die besseren, faireren Angebote als diejenigen, die Scheinpräparate erhielten. Sie reduzierten so das Risiko einer Zurückweisung ihres Angebotes auf ein Minimum. Damit sei das Vorurteil, Testosteron trage beim Menschen ausschließlich zu aggressivem oder egoistischem Verhalten bei, hinlänglich widerlegt, so die Forscher. Stattdessen legen die Resultate nahe, dass das Hormon die Sensitivität für den Status erhöht. "In der sozial komplexen Umwelt des Menschen sichert nicht Aggression, sondern pro-soziales Verhalten den Status", vermuten die Forscher. Wahrscheinlich sei es nicht das Testosteron selbst, das Fairness fördert oder aggressiv macht, sondern das Zusammenspiel zwischen dem Hormon und der sozial differenzierten Umwelt. hel


Quelle: Eisenegger, C., et al.: Nature, OnlineVorabpublikation, DOI: 10.1038/nature08711

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