Aus der Hochschule

Studenten bauen Brücke zwischen Heilberuflern

"Kann ich dem Gesundheitssystem noch trauen? Helfen alternative Heilverfahren nicht genauso gut wie die Schulmedizin? Sind nicht alle Ärzte und Apotheker hinter dem Geld her?" Patienten in der Glaubenskrise stellen sich oft solche oder ähnliche Fragen. Um dieses kritische Thema drehte sich der Bundeskongress für Medizinstudenten, der Anfang Dezember in Jena stattfand.
Auf Stofffetzen, die zusammengenäht wurden, schrieben die Tagungsteilnehmer Wünsche und Gedanken vom Wochenende und spannten so symbolisch eine Brücke zwischen Heilberuflern und Patienten.
Fotos: Karl-Peter Jahns

Die Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland hatte viele Workshops und Vorträge rund um den Vertrauensverlust in die Heilberufler vorbereitet. Neben Medizinern nahmen auch Pharmaziestudierende am Kongress teil. Denn im Rahmen der Initiative zur Zusammenarbeit angehender Gesundheitsberufler (IZaG) soll die Kooperation dieser Fachrichtungen durch gemeinsame Veranstaltungen gefördert werden.

So stellte ein Workshop den Medizinstudierenden die Arbeit des Krankenhausapothekers vor. Referent Michael Höckel, Leiter der Zentralapotheke im St. Georg Klinikum in Eisenach, berichtete aus seinem Arbeitsalltag. Er betonte, welche wertvolle Rolle die Apotheker bei der Kontrolle und Optimierung von Arzneimitteltherapien spielen können. Die meisten Medizinstudierenden haben das Prinzip des "Apothekers auf Station" höchstens im Ausland gesehen. Lea Berger, Medizinstudentin aus Aachen, kann sich gut vorstellen, später im Krankenhaus mit Pharmazeuten zusammenzuarbeiten: "Es gibt immer spezielleres Wissen; als Arzt ist es nicht möglich, auch die ganze Pharmakologie hunderter Medikamente sicher zu können", sagt die Medizinerin. Jedoch sieht sie das Problem, dass Ärzte für diese Zusammenarbeit auch Verantwortung abgeben müssten, wofür viele nicht bereit wären.

Als Vertreter des Bundesverbands der Pharmaziestudierenden (BPhD) hatte Jan Erdmann einen Workshop vorbereitet. Der Bildungs- und Tagungsbeauftragte des BPhD gab rund 20 Medizinstudierenden einen Überblick über die unterschiedliche Wirkung von Arzneistoffen. Viele Faktoren können die Therapie beeinflussen, z. B. unterschiedliche Hilfsstoffe in verschiedenen Präparaten oder die Begleitmedikation. Besonders großes Augenmerk legte Erdmann auf den genetischen Polymorphismus und die individuell unterschiedlich ausgeprägten Cytochrom-P450-Enzyme, deren Subtypen durch Mutationen variiert werden können. "Die Charité in Berlin hat dafür sogar einen eigenen Forschungsbereich", berichtete Erdmann.

Gegenseitige Vorurteile abbauen

"Mit gemeinsamen Projekten können wir gegenseitige Vorurteile abbauen, und für beide Verbände ist es toll, etwas zusammen zu machen", sagte Dominique Ouart, Präsident der Bundesvertretung der Medizinstudierenden. Demnächst soll es mit IZaG noch mehr Veranstaltungen geben, auch für weitere Fachrichtungen wie Psychologie, Public Health und Pflegewissenschaften. Gegenseitig wollen die Fachrichtungen ihre Kompetenzen, Überschneidungen und Unterschiede in der Ausbildung ausloten und Pläne zur Zusammenarbeit schmieden.

Zum Abschluss des Kongresses schrieben die Teilnehmer auf viele kleine Stoffstücke einen Wunsch oder einen Gedanken vom Wochenende. Die einzelnen Stofffetzen wurden anschließend zu zwei langen Seilen verbunden. Die Seile bildeten zusammen mit Sprossen, auf denen die Vortragsthemen standen, eine Brücke, die die Kluft zwischen Heilberuflern und Patienten schließen soll.

Trotz der drei Workshop-Blocks kam das Vergnügen nicht zu kurz. Beim ausgiebigen Freizeitprogramm mit Nachtwanderung, Poetry-Slam und Video-Show im Planetarium konnten sich die Studenten verschiedener Fachrichtungen gegenseitig austauschen.

Dies wird nicht der letzte interdisziplinäre Kongress gewesen sein. Die Initiative zur Zusammenarbeit angehender Gesundheitsberufler (IZaG) wird noch mehr Veranstaltungen anbieten, bei der Pharmazeuten, Mediziner, Psychologen und Pfleger Pläne für gemeinsame Projekte und gegenseitiges Kennenlernen schmieden.

Elisabeth Kersten

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