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Verheugen: Fälschungen sind versuchter Massenmord

BERLIN (diz). Nach Erkenntnissen der EU-Kommission in Brüssel sind immer mehr gefälschte Arzneimittel im Umlauf. "Die Zahl der gefälschten Arzneimittel in Europa, die beim Patienten landen, steigt immer mehr", sagte der zuständige Industriekommissar Günter Verheugen der Zeitung "Die Welt" vom 7. Dezember. "Die EU-Kommission ist darüber äußerst besorgt."
Gefährliche Post Bei Pillenpäckchen, die Arzneimittel in loser Form und ohne Beipackzettel enthalten, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass es sich um Fälschungen ­handelt.

Foto: ABDA

Es handele sich vor allem um gefälschte Antibiotika, Krebs- und Malariamedikamente, Cholesterinsenker sowie Schmerzmittel und Viagra. "Die Europäische Union hat bei gezielten Zollkontrollen in allen Mitgliedsländern innerhalb von nur zwei Monaten allein 34 Millionen gefälschte Tabletten sichergestellt. Das hat alle Befürchtungen übertroffen", erläuterte Verheugen.

Der Industriekommissar erwartet, dass sich die EU im Kampf gegen Arzneimittelfälschungen 2010 auf Maßnahmen einigen wird: "Ich rechne damit, dass sich die EU im kommenden Jahr einigen wird, dass der Weg einer Arznei von der Herstellung bis zum Verkauf minutiös zurückverfolgt werden kann. Dazu wird es Sicherheitszeichen auf den Medikamentenpackungen geben, darunter einen Barcode. Es wird auch ein Siegel geben, damit klar ist, ob und von wem die Packung gegebenenfalls geöffnet wurde, um Manipulationen der Medikamente zu verhindern", sagte Verheugen dem Blatt.

Nach Ansicht Verheugens gehören Medikamentenfälschungen in die Kategorie "Kapitalverbrechen", die mit alle Härte bestraft werden müssten. Verheugen wörtlich: "Jede Fälschung von Medikamenten ist ein versuchter Massenmord." Auch wenn ein Arzneimittel keinen Wirkstoff oder unwirksame Stoffe enthalte, könne dies dazu führen, dass Menschen daran sterben, da sie sich keinen benötigten Wirkstoff gegen ihre Erkrankung zuführten.

Die ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände unterstützt die klare europäische Linie für einen stärkeren Schutz der Verbraucher und Patienten gegen gefälschte Medikamente. "Fälscher nehmen den Tod von Menschen billigend in Kauf, um ihren Profit zu optimieren. Wir brauchen eine breite gesellschaftliche Kampagne, um Verbraucher und Patienten stärker zu sensibilisieren und vor den Gefahren eindringlich zu warnen", sagte ABDA-Präsident Heinz-Günter Wolf laut einer ABDA-Pressemitteilung.

Problematisch ist nach Ansicht der ABDA die mangelhafte Kontrolle der Internetversender, insbesondere der ausländischen Anbieter, die in immer neuen Varianten mit Billigstangeboten locken. Der Preiskampf zwischen den Versandanbietern führe zwangsweise zu einem kaum kontrollierbaren Einkaufsverhalten bei Zwischenhändlern. Wolf: "Patienten können kaum zweifelsfrei feststellen, ob sie bei einer sicheren, legalen Versandapotheke oder bei einem illegalen Anbieter landen. Angesichts der dramatischen Entwicklung bei den Fälschungen muss die Politik ein schärferes Controlling durchsetzen. Eine einfache Liste zum Nachschlagen und nicht fälschungssichere Signets wie das des DIMDI helfen nicht wirklich weiter."

Begrüßt werden dagegen grundsätzlich die Ziele der EU-Kommission, Arzneimittel zu kennzeichnen, um illegalen Anbietern den Garaus zu machen. Wolf hofft auf eine "flächendeckende, europäische Lösung, die zusätzlich den Schutz der Patientendaten berücksichtigt".

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