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Seehofer will nur die kleine Pauschale

BERLIN (ks). CSU-Chef Horst Seehofer bleibt dabei: Die Pläne des FDP-Gesundheitsministers Philipp Rösler, die Finanzierung der gesamten Krankenversicherung auf eine Prämie umzustellen, hält er für "völlig unrealistisch". In einem Interview mit der "Welt" (Ausgabe vom 8. Dezember) erklärte er, wie er den Koalitionsvertrag in diesem Punkt versteht.

Auch wenn der frühere Bundesgesundheitsminister Seehofer betont, seinen jungen FDP-Kollegen zu schätzen – dessen Vorstellungen von einer Kopfpauschale kann er nicht teilen. "Ich werde jedenfalls alles tun, damit diese Pauschale nicht Realität wird. Das wäre das Ende der solidarischen Krankenversicherung", sagte Seehofer der "Welt". Die Formulierung im Koalitionsvertrag, dass das System langfristig in eine Ordnung mit – unter anderem – "einkommensunabhängigen Arbeitnehmerbeiträgen" zu überführen sei, steht für Seehofer dennoch: "Der Satz, der dort steht, stammt sogar von mir", sagt er. Doch die FDP interpretiert ihn offenbar anders als der bayerische Ministerpräsident. Dieser hatte mit der Formulierung allein den Zusatzbeitrag vor Augen. Falls man hier zu einem festen Euro-Betrag komme, müsse er mit einem sozialen Ausgleich verbunden werden, erklärte Seehofer. Rösler ginge hingegen offenbar davon aus, dass die ganze Krankenversicherung auf eine Kopfpauschale umgestellt werden soll. Dies ist für Seehofer unrealistisch, da es einen sehr voluminösen Sozialausgleich mit sich zöge. Er hat sich 2003 und 2004, als die CDU die Pauschale einführen wollte, schon einmal mit derartigen Berechnungen befasst. Daher steht für ihn fest: "Wer einen Sozialausgleich für 70 Millionen gesetzlich Krankenversicherte organisieren will, schafft das größte bürokratische Ungeheuer!", betonte Seehofer – und fügte hinzu: "Ich wünsche Herrn Rösler viel Freude dabei."

Seehofer verwies aber auch darauf, dass Rösler selbst in den Koalitionsverhandlungen gesagt habe, dass ein Sozialausgleich in der nächsten und übernächsten Legislaturperiode nicht finanzierbar sei. Daraus schließt der bayerische Ministerpräsident, dass man "nicht über eine generelle Kopfpauschale, sondern immer nur über den Zusatzbeitrag" rede. Darin sei er sich auch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel einig.

Auch wenn aus Seehofers Sicht eigentlich alles klar ist: Auf die Kommission seiner Partei, die die Arbeit der im kommenden Jahr zusammentretenden Regierungskommission begleiten soll, will er nicht verzichten. Schließlich sei eine Gesundheitsreform "eine hochkomplexe Materie". Auch sonst will er die Länder rechtzeitig an der Diskussion beteiligt wissen. "Es nützt nichts, etwas im Labor zu entwickeln, was bei der Begegnung mit der realen Welt explodiert", so der bayerische Ministerpräsident.

Das nervt tierisch

Den gesundheitspolitische Sprecher der Union, Jens Spahn, dürften Seehofers Ausführungen nicht begeistert haben. Schon tags zuvor hatte er der "Berliner Zeitung" geklagt: "Die wochenendliche substanzlose Debatte nervt tierisch." Er wolle nicht ständig hören, was alles nicht geht, sondern konkret erfahren, was gehen soll, sagte Spahn. "Da muss mehr kommen von der FDP und aus Bayern."

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