Arzneimittel und Therapie

Neuer aggressiver Salmonellen-Stamm in Afrika

Seit einigen Jahren wird aus Afrika über eine Erkrankung mit schweren Verläufen berichtet, deren eigentliche Ursache unbekannt war. Zunächst wurde vermutet, dass eine Immunschwäche der Patienten, die häufig HIV-infiziert waren oder an Malaria, Anämie oder Unterernährung litten, der Grund für diese schweren Erkrankungen ist. Wie eine Forschergruppe jetzt nachweisen konnte, ist es vielmehr zur Ausbreitung eines neuen Stamms von Salmonella typhimurium gekommen, der wie der Typhuserreger an den Menschen angepasst und gegen verschiedene Antibiotika resistent ist.

Die meisten "nontyphoidalen" Salmonellen (NTS) sind als Erreger einer Gastroenteritis, die zumeist milde verläuft, bekannt. In den Regionen Afrikas südlich der Sahara hat es jedoch in den letzten Jahren einen massiven Anstieg von Fällen einer invasiven Infektion mit nontyphoidalen Salmonellen gegeben. Diese Erkrankung zeigt häufig einen schweren Verlauf und hat mittlerweile Pneumokokken als häufigste Erreger invasiver bakterieller Erkrankungen abgelöst.

Die Erkrankung beginnt zumeist mit hohem Fieber. Danach kommt es zu einer Bakteriämie, häufig begleitet von einer Meningitis, gelegentlich auch zu einer septischen Arthritis. Die Morbidität beträgt bis zu 50% bei Erwachsenen und etwa 20 bis 25% bei Kindern. Auffällig ist die häufige Resistenz der Erreger gegen verschiedene Antibiotika.

Die besondere genetische Ausstattung des Erregers

Die Entdeckung des neuen aggressiven Stammes von Salmonella typhymurium gelang einer internationalen Forschergruppe um Robert Kingsley vom Sanger Institute in Cambridge unter Mitarbeit von Forschern aus Kenia und Malawi, wobei auch das MPI für Infektionsbiologie in Berlin beteiligt war. Die Wissenschaftler konnten darüber hinaus die genetischen Ursachen klären, die die besondere Aggressivität des Erregers ausmachen.

Zunächst führte die Sequenzierung der DNA von 50 Bakterien zur Isolierung des Stamms ST313. Dieser unterscheidet sich von den bereits bekannten S. typhimurium-Stämmen in bemerkenswerter Weise. Auffällig ist die deutliche Anpassung von ST313 an den Menschen: So gingen einige Gene, die für die Infektion anderer Säugetiere benötigt werden, verloren. Dies bedeutet eine genetische Annäherung von ST313 an den Typhuserreger S. typhi. Während S. typhimurium vorwiegend Tiere infiziert und nur gelegentlich beim Menschen eine "Lebensmittelvergiftung" auslöst, scheinen S. typhi und ST313 vorwiegend Menschen zu infizieren.

Die Resistenz gegen verschiedene Antibiotika hat ST313 offensichtlich von anderen Erregern übernommen: Sie sind auf einem Transposon außerhalb des Chromosoms gelagert. Auch sind weitere Gene vorhanden, die zur erhöhten Pathogenität beitragen könnten.

ST313 ist außerhalb Afrikas bislang nur einmal in Indien und einmal in Schottland nachgewiesen worden. Beide Patienten erkrankten ebenfalls an der invasiven NTS-Erkrankung. Ob es sich dabei um Personen handelte, die sich in Afrika infiziert oder ob sie zusätzlich unter einer Immunschwäche litten, ist aber nicht bekannt.

 

Quelle

Kingsley, R.A.; et al.: Epidemic multiple drug resistant Salmonella Typhimurium causing invasive disease in sub-Saharan Africa have a distinct genotype.Genome Res. 2009; 19(12): 2279 – 2287. 

 


Dr. Hans-Peter Hanssen

 

 

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