Selbstmedikation

Haariges Problem bei Männern und Frauen stoppen

Geheimratsecken bei Männern, lichter werdende Haare am Mittelscheitel bei Frauen: Das sind die typischen Kennzeichen einer beginnenden androgenetischen Alopezie. Sie ist die häufigste Ursache für übermäßigen Haarverlust. Bei Problemen mit Haut oder Haaren ist die Apotheke oft die erste Anlaufstelle. Dann ist umfassende Beratung gefragt – über Differentialdiagnosen und Behandlungsmöglichkeiten, die auch den Anforderungen einer evidenzbasierten Medizin Stand halten.

Beim anlagebedingten Haarausfall reagieren die Androgenrezeptoren der Haarwurzeln genetisch bedingt überempfindlich auf 5-Dihydrotestosteron. Aus einem einstmals kräftigen Haarfollikel wird ein mickriger Haarfollikel, aus kräftigem Terminalhaar ein Flaumhärchen. Bei Männern zeichnet sich eine beginnende androgenetische Alopezie bereits im frühen Erwachsenenalter ab, mit zurücktretendem Haar an der Stirn und Geheimratsecken bis hin zu einem schubweisen Haarverlust, der letztlich in einer Glatze mündet. Anders bei den Frauen. Bei ihnen beginnt der Haarausfall nach dem vierzigsten Lebensjahr, und zwar typischerweise im Bereich des Mittelscheitels. Vor den Wechseljahren trifft es etwa 10%, später bis zu 20% der Frauen.

Zwei seriöse Therapien für Männer

Um den Haarausfall zu stoppen stehen für Männer und Frauen verschiedene Strategien zur Verfügung. Aus Sicht von Prof. Dr. Hans Wolff, Oberarzt an der Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie der LMU München gibt es bei Männern "nur zwei seriöse Therapien", die ihre Wirksamkeit auch in klinischen Studien unter Beweis gestellt haben. Der verschreibungspflichtige 5-DHT-Reduktaseinhibitor Finasterid (Propecia®), der oral appliziert wird, und die nicht-verschreibungspflichtige lokal anzuwendende Minoxidillösung (Regaine®) in einer Konzentration von 5%. Bei Frauen ist aus seiner Sicht die lokale Therapie mit Minoxidil, in diesem Fall als 2%-ige Lösung, erste Wahl. Antiandrogene Kontrazeptiva sind erfolgreich, kommen aber nur in Betracht, wenn die Frau ohnehin hormonell verhüten will. "Ich habe noch nie einer Frau wegen einer androgenetischen Alopezie eine Pille verordnet oder empfohlen", so Wolff.

Vielleicht doch ein Eisenmangel

Kommen Kunden mit Klagen über Haarausfall erstmals in die Apotheke, sollten sie möglichst zu einem Dermatologen geschickt werden, um die Ursache abklären zu lassen. Denn selten kann diffuser Haarausfall auch auf andere Probleme hinweisen, wie Eisenmangel, eine Schilddrüsenüberfunktion oder auch infektiöse und immunologische Erkrankungen. Manche Medikamente, allen voran Heparin, können ebenfalls zu vorübergehendem übermäßigem Haarausfall führen.

Absage an lokale Östrogenpräparate

Haarpflegemittel, die zur Verhinderung von Haarausfall angeboten werden, sind keine Alternative, machte Dr. Christian Kunte, leitender Oberarzt an der Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie der LMU München, deutlich. Sie könnten zwar Haarschäden ausbessern, Haarausfall und Haarverlust aber nicht behandeln. Auch äußerlich anzuwendenden Östrogenpräparaten erteilte er eine klare Absage. "Das kann man heute nicht mehr empfehlen." Für die Empfehlung in der Apotheke kommt bei Männern und Frauen mit androgenetischer Alopezie damit in erster Linie das nicht-verschreibungspflichtige Minoxidil in der entsprechenden Konzentration in Frage. Entscheidend für die langfristige Wirksamkeit ist dabei die Compliance des Patienten. Der Erfolg setzt bei Männern frühestens nach acht Wochen, bei Frauen erst nach drei bis vier Monaten ein. Dann aber kann Minoxidil bei 90% den Haarausfall stoppen, 60% profitieren zusätzlich von einer optischen Verdichtung.

 

Quelle
Prof. Dr. Hans Wolff, München; Dr. Christian Kunte, München, Dr. Joachim Kresken, Viersen: "Kosmetik versus Medizin: was bei androgenetischer Alopezie wirklich hilft", München, 23. September 2008, veranstaltet von der Johnson & Johnson GmbH, Neuss.

 


Apothekerin Dr. Beate Fessler

 

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