Aus Kammern und Verbänden

Rabattverträge vereiteln bessere Versorgung

Im März 2010 endet die Wahlperiode beim Apothekerverband Schleswig-Holstein – dann stehen Neuwahlen für den Vorstand und die Delegiertenversammlung an. Daher blickte der Verbandsvorsitzende Dr. Peter Froese bei der Mitgliederversammlung am 21. November in Kiel auf die Arbeit der vorigen vier Jahre zurück und erwähnte auch die noch nicht erreichten Ziele.
Dr. Peter Froese
Foto: AV Schleswig-Holstein

Im Jahr 2006 habe der Vorstand den Erhalt der bewährten Struktur der Arzneimittelversorgung mit inhabergeführten Apotheken, den Erhalt der flächendeckenden Versorgung und die Organisation in einem starken Verband mit Kollektivverträgen angestrebt. Diese Ziele seien erreicht worden, aber die ebenfalls angestrebte weitere Verbesserung der Arzneimittelversorgung sei für die Mehrzahl der Versicherten nicht gelungen. Der Grund seien die Rabattverträge.

Rabattverträge sind "Kuckucksei erster Güte"

"Mit der Umsetzung der Vertragsmöglichkeiten zu den Rabattverträgen nach § 130a Absatz 8 SGB V mussten wir ein Kuckucksei erster Güte ausbrüten", so Froese. Der Umsetzungsaufwand stehe in keinem Verhältnis zum Nutzen, besonders wenn den kurzfristigen Einsparungen der Krankenkassen der zusätzliche Aufwand bei Kassen und Apotheken gegenübergestellt werde. Die Leidtragenden seien aber vor allem die Patienten, denn es würden systemimmanent Arzneimittelzwischenfälle provoziert. Aufgrund eigener Erfahrungen folgerte Froese: "Einige Prozent Einsparungen rechtfertigen niemals das Leid, das beispielsweise eine meiner Patientinnen erleiden musste." Daher forderte er die Politik auf, das "gefährliche Experiment mit dem Wohlergehen ihrer Bürgerinnen und Bürger" zu beenden und die Vertragsmöglichkeiten auf Arzneimittel zu beschränken, die nicht dem Festbetrag unterliegen. "Bei Generika reichen Festbeträge und das Instrument der Zuzahlungsbefreiung vollkommen aus", erklärte Froese.

Statt SGB künftig "Sozial-Rahmen-Gesetzbuch"?

Angesichts der Vielzahl sozialrechtlicher Regelungen des Arzneimittelmarktes strebt Froese eine grundlegende Bereinigung an und sieht sich dabei auf einer Linie mit dem neuen schleswig-holsteinischen Gesundheitsminister Dr. Heiner Garg. Dieser habe bei seinem ersten öffentlichen Auftritt als Minister von der Notwendigkeit gesprochen, das Sozialgesetzbuch in ein Sozial-Rahmen-Gesetzbuch umzuwandeln.

Diesem Vorhaben würde auch Froese zustimmen: "Barocke Verzierungen" wie Herstellerrabatte, Apothekenrabatte, Importquote, Generika-Rabattverträge, Wirtschaftlichkeitsprüfungen, Regresse, Retaxationen, Richtgrößen und Zielvorgaben sollten in den Rang eines "Sozial-Geschichtsbuches" eingeordnet werden. Stattdessen sei ein schlankes, modernes und zukunftsfähiges Gesetz nötig.

Kammer hat Krankenkassenabteilung ausgebaut

Nach Einschätzung von Verbandsgeschäftsführer Dr. Thomas Friedrich sind die hohe Mitgliederzahl, stabile Finanzen, eine starke Führung und die effiziente Umsetzung entscheidende Faktoren für eine erfolgreiche Verbandsarbeit. Auch diese Arbeit wird wesentlich durch die vielfältigen Regulierungen des Arzneimittelmarktes und besonders durch die Rabattverträge geprägt. So wurde die Krankenkassenabteilung der Apothekerkammern ausgebaut. Dies betrifft besonders die Bearbeitung von Retaxationen, die eine Dienstleistung für die Mitglieder darstellt, aber auch der Evaluation der Vertragsdurchführung dient. Die bearbeiteten Fallzahlen haben sich in kurzer Zeit verdoppelt. Hinzu kommt das Vierfache an geprüften Verordnungszahlen aus Retaxationen bei Rabattarzneimitteln, auch als Vorbereitung für den bundesweiten Musterprozess.

Dieser hohe Aufwand stehe in keinem Verhältnis zu den strittigen Summen, aber der Willkür einiger Kassen und der Rechtsunsicherheit müsse entgegengetreten werden.

Außerdem berichtete Friedrich über die Öffentlichkeitsarbeit der Verbandes, insbesondere bei der Landesgesundheitsmesse in Neumünster und bei der Taschentuchkampagne zugunsten der Frauenhelpline Schleswig-Holstein (www.helpline-sh.de).

tmb

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