Fortbildung

Lippenherpes: Diagnostik und konsequente Therapie helfen

Grundlagen für den Behandlungserfolg sämtlicher Infektionen der Haut und der angrenzenden Schleimhäute ist eine frühzeitige Diagnostik und konsequente und leitliniengerechte Therapie, so Prof. Dr. Gerd Gross von der Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Venerologie, Rostock. Zu den häufigsten viralen Infektionen zählt der Herpes labialis, der durch seine Rezidivneigung ein regelrechter "Dauerbrenner" in der Apotheke ist.
Prof. Dr. Gerd Gross
Foto: DAZ/ck

Herpes labialis wird durch das Herpes-simplex-Virus ausgelöst, vor allem durch den Typ 1 (HSV-1). HSV-1 ist wesentlich weiter verbreitet als HSV-2, das lange ausschließlich als Erreger des Herpes genitalis galt, aber auch den Herpes labialis auslösen kann. Die Erstinfektion mit dem Virus, die oft asymptomatisch bleibt und nicht erkannt wird, erfolgt meist im Kindesalter. So kann auch die Mutter über eine Tröpfchen- oder Schmierinfektion durch Speichel als Überträgerin fungieren. Das Virus verlässt die Umgebung der Eintrittspforte und wandert über Nervenbahnen in das Trigeminalganglion oder auch in Spinalganglien ein, wo es persistiert. Das Virus ist für das Immunsystem nicht zu greifen und bleibt lebenslang im Körper. Die Herpesviren können jeder Zeit aus dem Ganglion wieder herauswandern und nicht nur die Bläschen an der Lippe und den Schleimhäuten auslösen, sondern auch schwere Allgemeinerkrankungen. Bei bis zu 40% der Infizierten kommt es zu einer Reaktivierung des Virus und zu rezidivierenden Hauterscheinungen. Die Häufigkeit schwankt stark: ein Rezidiv kann einmal im Monat oder einmal im Leben auftreten. Auch wenn man manchmal glaubt, ein Blick auf das Bläschen an der Lippe des Patienten verrät einem schon die Herpesinfektion, so sollte doch durch den Arzt eine Differentialdiagnose gestellt werden, zumal auch schwere Krankheitsverläufe möglich sind. Ausgeschlossen werden müssen z. B. eine Kontaktdermatitis, die im Vergleich zum Herpes nicht schmerzt, dafür aber juckt; eine Syphilis, die weder juckt noch schmerzt, sowie rezidivierende Aphthen.

Episodische Therapie des Herpes labialis

Beim leichten Herpes labialis, der sich unilokulär zeigt und mit leichter Entzündung und Schwellung einhergeht, kann mit

  • Aciclovircreme 5 x / Tag, für 5 Tage
  • Penciclovircreme 6 x / Tag, für 5 Tage
  • Foscarnet-Natrium haltige Creme 5 x / Tag, über 6 Tage

therapiert werden.

Um eine Symptomlinderung und Beschleunigung des Heilungsverlaufs zu erzielen, sollte mit der Behandlung frühzeitig, das heißt bei Beginn der ersten Anzeichen eines Rezidivs, begonnen werden.

Ein schwerer Herpes labialis, der multilokulär mit multiplen Bläschen und schwerer Entzündung und Schwellung einhergeht, kann mit

  • Aciclovir Tabletten 5 x 200 mg / Tag für 5 Tage
  • Aciclovir Tabletten 3(2) x 400 mg / Tag für 5 Tage
  • Aciclovir i.v. 3 x 5 mg /kg Körpergewicht/Tag für 5 bis 7 Tage

therapiert werden.

Mit diesen Nukleosidanaloga können die klinischen Manifestationen der Herpesvirusinfektionen rasch zur Abheilung gebracht werden. Die latente Virusinfektion ist jedoch nicht zu beeinflussen, diese Therapie ist nicht kurativ. Unterschiedliche exogene und endogene Faktoren wie Sonnenbestrahlung, Hormonstatus, psychische Belastungen, fieberhafte Infekte oder auch ein geschwächtes Immunsystem können eine Reaktivierung hervorrufen. Darum ist ein sehr guter Sonnenschutz der Lippen außerordentlich wichtig und dringend anzuraten. Gross erwähnte auch das "Besprechen durch weise Frauen", das zwar nicht leitliniengerecht sei, aber durchaus einen Einfluss auf die Psyche und das Immunsystem haben kann. Kann das Immunsystem aktiviert werden, so sind auch Erfolge beim Herpes möglich. Außer bei HIV-Patienten und Immunsupprimierten, hier können auch weise Frauen nichts bewirken – das wüssten diese auch und würden solche Patienten erst gar nicht besprechen. Ganz abgesehen davon, so Gross, heilt ein Lippenherpesausbruch auch unbehandelt nach etwa sieben bis zehn Tagen von allein wieder ab: wenn man lang genug bespricht, sind auch die Lippenbläschen weg. ck

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