DAZ aktuell

Gesundheitsprämie ist unbezahlbar

DÜSSELDORF (ral). "Angesichts der gegenwärtigen Haushaltslage, der bereits gesetzten Ausgabenpriorisierung der neuen Regierung z. B. im Bildungsbereich und der beschlossenen Steuerermäßigungen wäre die Gesundheitprämie kaum darstellbar." So wird der Geschäftsführer des Instituts für Gesundheits- und Gesellschaftsforschung (IGES) im "Handelsblatt" (Ausgabe vom 10. November) zitiert. Das Institut hat für die Zeitung eine Modellrechnung erarbeitet, derzufolge die Reformpläne des neuen Gesundheitsministers Philipp Rösler "kurz und mittelfristig" nicht zu realisieren sind.

Union und FDP haben im Koalitionsvertrag vereinbart, dass die Krankenkassen ab 2011 wieder individuelle Beiträge erheben können. Mögliche damit verbundene Prämienerhöhungen sollen die Versicherten tragen. Der Arbeitgeberanteil von derzeit sieben Prozent soll eingefroren werden, der prozentuale Arbeitnehmeranteil von derzeit 7,9 Prozent teilweise oder ganz auf eine Pauschalprämie umgestellt werden, die vom Lohn abzukoppeln ist. Der IGES-Studie zufolge würde dies bedeuten, dass jedes Kassenmitglied – unabhängig von der Höhe des Einkommens – künftig 140 bis 154 Euro an Krankenkassenbeiträgen zu zahlen hätte, sofern Kinder und nicht erwerbstätige Ehepartner weiter beitragsfrei mitversichert werden. Allein die Kosten für den Sozialausgleich für Bezieher niedriger Einkommen würden sich auf 22 Milliarden Euro summieren. 14,9 Milliarden Euro davon müssten zusätzlich zu den bereits heute gezahlten Steuerzuschüssen an die Krankenkassen finanziert werden.

Die Idee war richtig ...

Für IGES-Geschäftsführer Albrecht ist ein solches Vorhaben in dieser Legislaturperiode "nahezu ausgeschlossen". Auch der ehemalige Chef des Sachverständigenrats und "Vater" des Prämienmodells, Bert Rürup, sieht dies so: "Die Idee einkommensunabhängiger Beiträge war und ist richtig. Die IGES-Zahlen zeigen jedoch, dass ein Umstieg in einem Schritt wegen der beachtlichen Kosten des unverzichtbaren Sozialausgleichs weder mit der prekären Haushaltslage noch mit den weiteren Steuersenkungsversprechen vereinbar sein dürfte", sagte er dem "Handelsblatt". Dennoch fordert er Rösler auf, am Ziel festzuhalten, die Gesundheitskosten vom Lohn abzukoppeln: "Rösler sollte wenigstens den Einstieg in ein Prämienmodell wagen."

Kritiker sehen sich bestätigt

Die CSU sieht sich durch die Zahlen in ihrer Kritik bestätigt und auch Saarlands Ministerpräsident Peter Müller (CDU) warnt angesichts der Studienergebnisse vor einer noch stärkeren Steuerfinanzierung der Kassen. Ähnlich sind die Reaktionen aus der Opposition: "Die Pläne stehen im eklatanten Gegensatz zu den Steuersenkungsversprechen", meint die Grünen-Gesundheitspolitikerin Biggi Bender. Und die SPD-Fraktionsvize Elke Fender fügt hinzu: "Der Sozialausgleich ist nicht nur unbezahlbar, er würde auch eine gigantische neue Prüfbürokratie für die Ermittlung der Versicherteneinkommen nötig machen."

Verfrühte Aufregung

Im Gesundheitsministerium bleibt man vorerst gelassen. Es bringe jetzt nichts, mit vielen Annahmen zu spekulieren, wird Gesundheits-Staatssekretär Daniel Bahr (FDP) im Handelsblatt zitiert. Jetzt werde erst einmal die Regierungskommission eingesetzt, deren Vorschläge dann ausführlich diskutiert würden.

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.