Arzneimittel und Therapie

Nach Brustkrebsoperation Heben von Gewichten erlaubt

Entgegen den herkömmlichen Ratschlägen, nach einer Brustkrebsoperation den Arm zu schonen und keine schweren Lasten zu tragen, wirkt sich ein sukzessiv gesteigertes Gewichtheben nicht negativ auf die Symptomatik eines Lymphödems aus. Die zusätzliche Stärkung der Muskelkraft und gesundheitsökonomische Aspekte sprechen ebenfalls für eine maßvolle Belastung der Arme, so das Fazit einer amerikanischen Studie.

Nach einer Brustkrebsoperation treten häufig Lymphödeme auf, vor allem nach einer Mastektomie oder als Folge einer großräumigen Lymphknotenentfernung. Die gängigen Richtlinien sehen eine Schonung des betroffenen Armes vor und raten von dem Heben schwerer Lasten ab. Zur Therapie wird eine langfristige Lymphdrainage empfohlen. Eine in Philadelphia durchgeführte Studie schlägt einen anderen Weg ein. Sie geht davon aus, dass ein gemäßigtes Training der Armmuskulatur die Symptomatik verbessert. Ferner wird angenommen, dass sich körperliche Aktivität günstig auf die Knochendichte und auf das Körperfett auswirkt und das Aufgeben der Schonhaltung besser mit den Alltagsaktivitäten zu vereinbaren ist.

Studie mit Brustkrebspatientinnen

An der randomisierten Studie nahmen 141 Frauen teil, die nach einer operativen Entfernung eines Mammakarzinoms ein stabiles Lymphödem entwickelt hatten. Die Frauen wurden zwei Gruppen zugeteilt, der Interventionsgruppe (n = 71) und der Vergleichsgruppe (n = 70). Probandinnen der Interventionsgruppe absolvierten in einem Fitnesscenter – zuerst unter Aufsicht in Gruppen, später allein; immer mit Unterstützung durch eine Kompressionsbandage – zweimal wöchentlich während 90 Minuten ein Trainingsprogramm zur Stärkung der Arm- und Beinmuskeln. Die Teilnehmerinnen der Vergleichsgruppe hielten sich an die herkömmlichen Empfehlungen und schonten ihre Armmuskulatur. Primärer Studienendpunkt war die Veränderung der Schwellung am Arm und an der Hand nach einem Jahr. Sekundäre Studienendpunkte beurteilten die Exazerbation des Lymphödems, die Ausprägung der Symptomatik und die Muskelkraft.

Lymphödeme nach Brustkrebs

 

Sekundäre Lymphödeme treten vor allem nach Brustkrebsoperationen mit Ausräumung der Achsellymphknoten auf. Zu Beginn ist das Lymphödem auf den Oberarm beschränkt, es kann sich aber auch über den ganzen Arm und die Hand ausbreiten. Das Risiko für ein sekundäres Lymphödem hängt von der angewendeten Operationstechnik und der Anzahl der entfernten Lymphknoten ab. Nach einer Mastektomie mit Entfernung der Achsellymphknoten treten bei etwa 40% aller betroffenen Frauen sekundäre Lymphödeme auf. Nach brusterhaltenden Operationen und insbesondere bei der Entfernung von nur einem oder zwei Wächterlymphknoten ist das Risiko mit etwa 3% deutlich geringer. Bei einer brusterhaltenden Operation und axillärer Lymphadenektomie liegt die Inzidenz für ein Lymphödem bei 20 bis 30%.

Gewichtheben verbessert die Symptomatik

Beim primären Studienendpunkt wurde kein Unterschied zwischen den zwei Gruppen festgestellt. Eine Zunahme der Schwellung um mindestens 5% trat bei 11% der aktiven Patientinnen und bei 12% der Frauen in der Vergleichsgruppe auf. Das heißt, das Gewichtheben hatte keine negativen Auswirkungen auf das Lymphödem. Positive Effekte zeigten sich bei den sekundären Parametern: So lag das Exazerbationsrisiko in der Interventionsgruppe bei 14% vs. 29% in der Kontrollgruppe (p = 0,04), die Ausprägung der Symptomatik war in der Interventionsgruppe geringer (p = 0,03) und die Muskelkraft an oberen und unteren Extremitäten stärker als in der Kontrollgruppe (p < 0,001). Das Gewichtheben verursachte keine ernsthaften Nebenwirkungen.

Kommentar

Die Aussage der Studie – bei Lymphödem keine Schonung, sondern eine gemäßigte körperlich Aktivität – bestätigt weitere Untersuchungen, die den Benefit des Gewichthebens gezeigt hatten. Ein Kommentator betrachtet zusätzlich die gesundheitsökonomischen Aspekte und vermutet, dass durch den Besuch im Fitnesszentrum die Kosten der Nachsorgebehandlung deutlich gelindert werden könnten. So waren in der Kontrollgruppe 195 Arztkonsultationen aufgrund einer Exazerbation des Lymphödems erforderlich, in der Interventionsgruppe hingegen nur 77. Darüber hinaus verbesserte das Gewichtheben die Symptomatik und erleichterte die Rückkehr zur Arbeit. So sollte neben körperlicher Aktivität, gesunder Lebensführung und dem Vermeiden von Übergewicht das Gewichtheben ein fester Bestandteil von Nachsorgeprogrammen werden, um Lebensqualität und Überleben von Brustkrebspatientinnen zu verbessern.

 

Quelle

Schmitz K., et al.: Weight lifting in women with breast-cancer-related lymphedema. N Engl J Med 361, 664 –673 (2009).

Demark-Wahnefried W.: A weighty matter – lifting after breast cancer. N Engl J Med 361, 710 –711 (2009).

 


Apothekerin Dr. Petra Jungmayr

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