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Champagner-Blues

Warum edelster Champagner wie Spülwasser schmecken kann und warum manche Bergsteiger wenig von einer Champagnerfeier nach der Gipfelbesteigung haben, haben jetzt US-amerikanische Forscher herausgefunden.

Bislang gingen Forscher davon aus, dass prickelnde Getränke ihre Wirkung durch Stimulation mechanischer Rezeptoren im Mund erreichen. Neuesten Untersuchungen zufolge wird die perlende Kohlensäure jedoch mit dem für "Saures" zuständigen Geschmacksrezeptor der Zunge wahrgenommen. Ist er blockiert, kann selbst edelster Champagner wie Spülwasser schmecken.

Hauptakteur bei dem besonderen Gefühl von Prosecco & Co. scheint das Enzym Carboanhydrase auf der Oberfläche der Rezeptoren zu sein. Der Katalysator initiiert die Umwandlung von Kohlenstoffdioxid zu Kohlensäure und umgekehrt. Tests an Mäusen machten deutlich, dass keine Nervenimpulse an das Gehirn weitergeleitet wurden, wenn den Tieren das Enzym fehlte. Dieses Ergebnis könnte erklären, weshalb manchen Bergsteigern das Gläschen Champagner bei Erreichen des Gipfelkreuzes fad und unangenehm schmeckt. Hatten sie vorher zur Prophylaxe der Höhenkrankheit den Carboanhydrasehemmer Acetazolamid eingenommen, blieb die Reizleitung vom "sauren" Geschmackssensor ins Gehirn und somit der perlende Effekt aus. Weshalb Menschen das Prickeln auf der Zunge als besonders angenehm empfinden, ist derzeit ungeklärt. Von der Natur ist diese Geschmacksempfindung nicht für höhere Genüsse vorgesehen, sondern als Warnzeichen für das Erkennen verdorbener Speisen, die durch den Gärungsprozess ebenfalls Kohlensäure freisetzen. war


Quelle: Zuker, C. S et al. Science 326 (5951), 443. [DOI: 10.1126/science.1174601], Ärzteblatt 19.10.2009

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