Arzneimittel und Therapie

NSAR schädigen auch die Darmmukosa

Enger als oft angenommen sind die Assoziationen zwischen Gelenkbeschwerden und Darmerkrankungen. Das gilt direkt auf der Krankheitsebene, ist aber auch bei der Therapie zu bedenken. Denn die üblicherweise bei rheumatischen Erkrankungen verordneten nicht-steroidalen Antirheumatika verursachen zum Teil erhebliche Komplikationen im Darmbereich – eine Nebenwirkung, die bislang noch wenig Beachtung findet.

Ist von gastrointestinalen Nebenwirkungen der traditionellen nicht-steroidalen Antirheumatika (tNSAR) die Rede, so denkt man zwangsläufig an Magenulzera und Magenbluten. Solchen Komplikationen lässt sich durch die gleichzeitige Verordnung eines Protonenpumpenhemmers weitgehend vorbeugen. Allerdings haben die tNSAR auch erhebliche und zum Teil sogar dramatische Nebenwirkungen im unteren Gastrointestinaltrakt. Praktisch regelhaft kommt es zu einer vermehrten Darmpermeabilität und bei 60 bis 70% der Patienten sind Entzündungen der Darmschleimhaut die Folge. Jeder dritte Patient reagiert mit Blutverlusten bis hin zur Anämie, 40 bis 70% mit Zeichen einer Malabsorption und 10% mit Proteinverlusten. Bei 30 bis 40% der Patienten manifestieren sich Ulcera in der Darmmukosa und bei 0,3 bis 0,9% kommt es aufgrund der Einnahme nicht-steroidaler Antirheumatika zur Hospitalisierung.

Subklinische Darmschädigung bei zwei Dritteln der Patienten unter NSAR

Insgesamt betrachtet lassen sich bei genaueren Untersuchungen bei zwei Dritteln der Patienten, die nicht-steroidale Antirheumatika einnehmen, subklinische Schädigungen im Dünndarm nachweisen. Es handelt sich überwiegend um Ulcera und Erosionen mit Blutverlust. Seltener zu beobachten, aber durchaus eine reale Gefahr sind membranöse Strikturen, die das Lumen einengen. Als Ursache der Schädigung kommen Cycloxygenase-vermittelte Mechanismen in Betracht. Außerdem bewirken nicht-steroidale Antirheumatika als Säuren auch direkte Enterozytenschädigungen. Dies wiederum fördert die Bildung freier Radikale, die ihrerseits eine verstärkte Permeabilität bewirken. Der Verlust der Mukosabarriere aber geht mit einer vermehrten Empfindlichkeit gegenüber der Gallenflüssigkeit, aber auch gegenüber Nahrungsmitteln und Bakterien einher. Dass Cycloxygenasemechanismen an den Veränderungen beteiligt sind, belegt eine doppelblinde placebokontrollierte randomisierte prospektive Studie, in der gesunde Probanden zwei Wochen lang entweder 200 mg Celecoxib oder 500 mg Naproxen plus 20 mg Omeprazol einnahmen, sowie eine zweite Untersuchung mit 200 mg Celecoxib versus 800 mg Ibuprofen plus 20 mg Omeprazol. Die Reaktionen im unteren Gastrointestinaltrakt wurden mittels einer Kapselendoskopie untersucht, wobei in beiden Studien in dem Studienarm, in dem ein traditionelles nicht-steroidales Antirheumatikum verabreicht wurde, eine signifikant höhere Zahl an Probanden mit Verlust der Mukosabarriere als unter der Einnahme von Celecoxib registriert wurde. Unter dem selektiven COX-2-Hemmer war die Inzidenz dagegen nicht statistisch signifikant höher als unter Placebo.

Eine Auswertung eines Doppel-Ballon-Endoskopie-Registers in Japan bei 576 Patienten ergab zudem unter der NSAR-Behandlung 237 okkulte Blutungen und 122 obstruktive Veränderungen. Systematisch untersucht werden sollen die Auswirkungen der traditionellen nicht-steroidalen Antirheumatika im Vergleich zu Celecoxib nun in der Condor-Studie, einem randomisierten, doppelblinden Parallelgruppenvergleich bei 4402 Patienten unter 200 mg Celecoxib oder 75 mg Diclofenac plus 20 mg Omeprazol. Die Studie soll letztlich klären, inwieweit sich die Gefahr von Läsionen im unteren Gastrointestinaltrakt durch den gezielten Einsatz von COX-2-Hemmern gegenüber traditionellen NSAR minimieren lässt.

 

Quelle

Prof. Dr. Dr. Gerd Geisslinger, Frankfurt; Prof. Dr. Markus Gaubitz, Münster; Prof. Dr. Frank Buttgereit, Berlin; Dr. Kay-Geert A. Hermann, Berlin: Symposium "Klinische Rheumatologie und pharmakologische Grundlagen – vom Molekül zur Kasuistik", Köln, 25. September, veranstaltet von der Pfizer Pharma GmbH, Karlsruhe.

 

 

Christine Vetter, freie Medizinjournalistin

 

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