Arzneimittel und Therapie

Eng miteinander assoziiert: Herz und Schilddrüse

Subklinische Hypo- und Hyperthyreosen sind bei älteren Menschen besonders schwer zu erkennen und bleiben oft unbehandelt. Eine zielgerichtete Therapie ist jedoch häufig erforderlich, auch um kardiovaskuläre Risiken zu senken.

Welche Schilddrüsenfunktionsstörungen im Alter am ehesten auftritt, hängt wesentlich von der Jodsituation ab. In Ländern mit unzureichender Jodversorgung kommt es im Alter eher zu Hyperthyreosen, in Ländern mit ausreichender Jodversorgung eher zu Hyperthyreosen.

Hypothyreose: im Alter häufig übersehen

Hypothyreosen entwickeln sich meist schleichend. Der Übergang von einer subklinischen in eine manifeste Hypothyreose kann Jahre dauern. Gerade bei älteren Menschen werden die typischen Zeichen einer Hypothyreose häufig als Alterserscheinung gedeutet. Dazu gehören nicht nur Müdigkeit, Konzentrationsstörungen und Muskelschwäche, sondern auch Hypertonie, und Fettstoffwechselstörungen. Auch psychiatrische Auffälligkeiten können aus einer manifesten Hypothyreose resultieren. Sichere Hinweise gibt deshalb nur der genaue Blick auf die Laborparameter. "Den laborchemischen Veränderungen können Sie sich nicht entziehen", so Prof. Dr. Klaus-Dieter Palitzsch, München. Die häufigsten Ursachen für die Entstehung einer Altershypothyreose sind die Autoimmunthyreopathie vom Typ Hashimoto, eine inadäquat durchgeführte Schilddrüsenhormonsubstitutionstherapie nach Schilddrüsenoperation oder Radiojodbehandlung, oder auch Medikamente.

Das Herz macht langsam schlapp

Palitzsch betonte die Assoziation der subklinischen und manifesten Hypothyreose mit kardiovaskulären Störungen, nämlich der Verringerung von Herzfrequenz, Herzminutenvolumen und Ejektionsfraktion, und dem Anstieg des peripheren Widerstandes. "Das Herz macht langsam schlapp", so Palitzsch. Den engen Zusammenhang zwischen Schilddrüsenunterfunktion und kardiovaskulären Komplikationen zeigen auch epidemiologische Studien wie die Rotterdam-Studie, die 1149 Frauen im Alter von 69 Jahren beobachtete. Bei 10,8% wurde eine subklinische Hypothyreose diagnostiziert. Sie hatten häufiger eine Arteriosklerose, gemessen an der Aorta abdominalis, und signifikant mehr Herzinfarkte als Frauen mit normaler Schilddrüsenfunktion. Die Gründe für die Progression der Arteriosklerose bei subklinischer Hypothyreose sind nicht bekannt: "Es ist unklar, ob die subklinische Hypothyreose zu funktionellen Veränderungen am Herzen führt", so Palitzsch. Bislang sind sich die Experten nicht einig, ob eine subklinische Hypothyreose bei alten Menschen grundsätzlich mit Levothyroxin behandelt werden sollte oder erst ab TSH-Werten von 10 mU/l. Palitzsch befürwortete die Therapie und empfahl bei älteren Menschen nur T4 einzusetzen und die Dosis in kleinen Schritten zu steigern. Die Zielwerte richten sich dabei nach dem Alter: Bei den 60- bis 75-Jährigen wird ein Zielwert von 3 bis 4 mU/l, bei den über 75-Jährigen 4 bis 6 mU/l empfohlen.

Hyperthyreose: Herzrasen und Vorhofflimmern

Subklinische Hyperthyreosen fallen kardiovaskulär durch eine gesteigerte Herzfrequenz, eine Zunahme der Ejektionsfraktion und einer Senkung des peripheren Widerstandes auf. Das Risiko für Vorhofflimmern steigt. Langfristig kann sich eine linksventrikuläre Hypertrophie entwickeln. Schilddrüsenautonomien, Autoimmunerkrankungen, Thyreoiditiden und, noch immer häufig, die Überdosierung von Schilddrüsenhormonen kommen als mögliche Ursachen in Frage. Sie müssen genau abgeklärt und entsprechend behandelt werden. Betablocker können die Beschwerden rasch lindern. Langfristig ist eine Therapie mit Thyreostatika, falls notwendig auch eine Operation in Betracht zu ziehen.

 

Quelle

Prof. Dr. Klaus-Dieter Palitzsch: Interdisziplinäre Behandlung von Schilddrüsen- und Stoffwechselerkrankungen, Schilddrüsenerkrankungen im höheren Lebensalter, München, 15. Juli 2009, veranstaltet von der Merck Pharma GmbH, Darmstadt.

 

Apothekerin Dr. Beate Fessler

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