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Bisphenol A in Schnullern mal wieder aktuell

BERLIN (tmb). Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat mögliche Beimengungen von Bisphenol A in Babyartikeln erneut auf die Tagesordnung gebracht. Gemäß kürzlich veröffentlichten Analyseergebnissen hat ein österreichisches Labor in etlichen handelsüblichen Babyschnullern Konzentrationen von Bisphenol A gefunden, die weit über den akzeptablen Werten liegen sollen. Da die Problematik schon lange bekannt ist, erscheint unwahrscheinlich, dass die Hersteller dies nicht bei ihrer Produktion berücksichtigen. Dennoch werden die Apothekenteams mit Reaktionen besorgter Verbraucher rechnen müssen.
Schadstoffe in Schnullern? Ein österreichisches Labor hat laut einer Mitteilung des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) in etlichen handelsüblichen Babyschnullern Konzentrationen von Bisphenol A gefunden.
Foto: Novatex GmbH

Auf seiner Internetseite präsentiert der BUND (www.bund.net) Untersuchungen über Bisphenol A in Schnullern, die von seiner österreichischen Partnerorganisation "GLOBAL 2000" in Auftrag gegeben wurden. Demnach hat das CHEMCON, ein Untersuchungsbüro für technische Chemie in Wien, in allen zehn getesteten handelsüblichen Babyschnullern Bisphenol A in beachtlichen Konzentrationen – im Extremfall bis 2284 mg/kg – gefunden. Die Produkte stammen von bekannten und teilweise auch apothekenüblichen Marken. Es seien sowohl die weichen Saugteile als auch die Schilde untersucht worden, möglicherweise sei Bisphenol A aus den Schildteilen auch in ursprünglich Bisphenol-freie Saugerteile diffundiert. Beachtliche Konzentrationen seien sowohl in Latex- als auch in Silikonsaugern gefunden worden. Dazu wird der Toxikologe Prof. Ibrahim Chanoud von der Berliner Charité zitiert, Bisphenol A sei gesundheitlich sehr bedenklich und könne zu irreparablen Schäden führen.

Konsequenzen unklar

Aufgrund dieser Ergebnisse wandte sich der BUND auch an die ABDA. Die Organisation forderte die ABDA auf, die diesbezüglichen Produkte aus den Regalen zu entfernen. Der BUND behalte sich vor, dazu ab dem 12. Oktober Testkäufe in "einigen Ihrer Filialen vorzunehmen". Offenbar verwechselt der BUND die Berufsvertretung der Apotheker mit einer in Deutschland unzulässigen Apothekenkette. Die ABDA informierte ihre Mitgliedsorganisationen in der vorigen Woche in einem Schreiben über das Thema. Dort heißt es, auf der Basis des gegenwärtigen Sachstandes und vor einer abschließenden Bewertung durch das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) könne aus kartellrechtlichen Gründen keine Handlungsempfehlung gegeben werden.

Differenzierte Bewertung

Das BfR als für diese Problematik zuständige Fachbehörde schreibt dazu auf seiner Internetseite (www.bfr.bund.de): "Sollten sich die gefundenen Gehalte bestätigen, so wäre dringend für Abhilfe zu sorgen." Doch heißt es weiter: "Das Ergebnis der Studie ist überraschend, weil für die Herstellung der weichen Saugteile von Schnullern kein Bisphenol A verwendet wird." Die gefundenen sehr hohen Werte sollten daher zunächst von amtlichen Untersuchungsstellen überprüft werden. Das BfR führe zudem selbst eine Studie zu diesem Thema durch. Nach ersten Ergebnissen lägen die dort gefundenen Werte um etwa das Zehnfache unter den Werten von "GLOBAL 2000". Das BfR weist zudem auf die praktische Bedeutung der Laborwerte hin: "Um eine gesundheitliche Bewertung vornehmen zu können, muss zudem bestimmt werden, in welchen Mengen Bisphenol A unter den üblichen Anwendungsbedingungen aus dem Saugteil eines Schnullers freigesetzt und vom Kind aufgenommen würde." Beim BUND ist dagegen von den im Material enthaltenen Konzentrationen die Rede.

Weitere Einblicke in die Thematik vermitteln auch die Antworten der Schnullerhersteller auf Anfragen des BUND, die auf der Internetseite der Umweltschutzorganisation zu finden sind. Demnach verwenden die meisten Hersteller für die weichen Saugteile Bisphenol A-freie Substanzen. Das Schild des Saugers besteht jedoch vielfach aus Polycarbonat, das Spuren von Bisphenol A enthalten kann. Daher haben einige Hersteller Freisetzungsversuche durchgeführt, bei denen aber keine nachweisbaren Mengen von Bisphenol A gefunden worden seien. Die Hersteller sprechen in diesem Zusammenhang jedoch von migrierbarem Bisphenol A, also von den freisetzbaren Mengen, beim BUND ist dagegen offenbar von den insgesamt enthaltenen Mengen die Rede. Möglicherweise erklärt dies einige Diskrepanzen zwischen den Untersuchungen. Ein großer Hersteller von Babyartikeln verweist zudem auf Schlussfolgerungen des Ministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, das nach einem internationalen Expertenworkshop keinen aktuellen Handlungsbedarf zu dieser Thematik festgestellt habe.

Diese Hintergrundinformationen zeigen, dass die Problematik hinsichtlich Bisphenol A schon lange bekannt ist und auch im Bewusstsein der Hersteller angekommen sein dürfte. Apothekenteams sollten aber auf diesbezügliche Rückfragen vorbereitet sein.

Das Thema ist nicht neu und sollte eigentlich kein Aufreger mehr sein. Wenn die Laboruntersuchungen zu Bisphenol A mit der gleichen Sorgfalt durchgeführt wurden, wie der BUND sein Schreiben an die ABDA formuliert hat, sollten die Ergebnisse erst einmal sehr genau überprüft und interpretiert werden. Außerdem dürfte für die Bewertung nicht der Gehalt, sondern die Freisetzung von Bisphenol A relevant sein. Doch besteht in solchen Fällen immer wieder die Gefahr, dass die Hersteller und leider auch die Apotheken in ein schlechtes Licht gerückt werden.

Thomas Müller-Bohn

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