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Identifizierung von Arzneimittelfälschungen durch Röntgendiffraktrometrie

Harald Schweim Identifizierung von Fälschungen mithilfe der Röntgendiffraktrometrie.

Foto: DAZ/hb

In einem Symposium der Fachgruppe Arzneimittelkontrolle – Pharmazeutische Analytik bei der DPhG-Jahrestagung widmete sich Prof. Dr. Harald G. Schweim, Universität Bonn, ebenfalls der Problematik Arzneimittelfälschungen, und zwar mit Schwerpunkt auf deren Identifizierung. Er hat zusammen mit den Firmen Panalytical, NL-Almelo und P.S.T. GmbH, Rheinbach ein Verfahren entwickelt, das bereits vielversprechende Ergebnisse erzielt hat und nun möglichst rasch zur wissenschaftlichen Reife und damit zur routinemäßigen Anwendung gebracht werden soll.

Die Methode arbeitet mit Röntgenstrahlen, die problemlos durch normale Blisterverpackungen gehen, wobei die Strahlendosis so gering ist, dass die geprüften Produkte auch nachher verkehrsfähig bleiben. Eine technische Konstruktion mit einem Probenhalter ermöglicht ein Durchleuchten des Blisters und die Identifikation eines Wirkstoffs über einen hochspezifischen Fingerprint, der dann mit einer Datenbasis abgeglichen wird.

Auch die Blister selbst lassen sich hiermit überprüfen, denn die Signale der gängigsten hierfür verwendeten Materialien liegen außerhalb der Wirkstoffsignale. Hilfstoffe stören nach den bisherigen Erfahrungen mit der Methode die Bestimmung ebenfalls nicht. Sie ist reproduzierbar und robust. Im automatisierten Scan liegen die Peaks immer an derselben Stelle. In der Arbeitsgruppe, die sich mit der Weiterentwicklung der Methodik befasst, werden derzeit 100 der meist gefälschten Wirkstoffe bearbeitet, auch Hilfsstoffe sollen nach und nach einbezogen werden.

Über Reihenuntersuchungen konnten sogar bereits "Fälschungsfamilien” ermittelt werden, das heißt, aufgrund bestimmter Charakteristika der Spektren lässt sich feststellen, aus welcher Provenienz die Fälschung wahrscheinlich kommt. Auf einem großen europäischen Flughafen läuft nun eine Erprobung des Geräts, das allerdings dort noch von einem Wissenschaftler bedient wird. Langfristig geplant ist der routinemäßige, validierte Einsatz durch die Zollbeamten selbst.

Das bisherige Manko der Methode: Der Blister muss vor dem Vermessen in der Apparatur genauestens justiert werden. Dies dauert laut Schweim derzeit noch zu lange. Die Messdauer selbst hält er für zufriedenstellend, jedenfalls bezüglich qualitativer Messungen, die fünf bis acht Minuten in Anspruch nehmen, quantitative dauern bisher noch einen ganzen Tag. Die Substanzen müssen teilkristallin oder kristallin vorliegen. Substanzen in Lösung liefern seiner Einschätzung nach ohne größeren technischen Aufwand keine verwertbaren Röntgen-Spektren.

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