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Farben-, Rechen-, Stückelspiele

Peter Ditzel

Farbenspiele. Drei Bundesländer, drei Landtagswahlen, drei Stimmungen. Die Landtagswahl in den drei Bundesländern konnte bunter nicht ausgehen. Was man dem Ergebnis mit Blick auf die Bundestagswahl (nur noch 24 Tage!) vielleicht entnehmen kann: Die Bundesbürger sind die Große Koalition leid, sie wollen einen Wechsel. Viele Wähler wollen der Linken und der FDP – die beiden Gewinner des letzten Sonntags – eine Chance zum Mitregieren geben. Was man aus diesen Landtagswahlen allerdings nicht herauslesen kann, ist eine Tendenz für den Ausgang am 27. September – auch wenn es einige Politiker in ihren ersten Statements zweckoptimistisch gerne tun. Die drei Länder sind zu unterschiedlich, als dass sie auch nur im Entferntesten für die Bundesrepublik repräsentativ sein könnten. Und: Landtagswahl sind meist auch Personenwahlen. Für das Saarland zeichnen sich gleich drei mögliche Regierungskoalitionen ab: schwarz-rot, rot-rot-grün oder schwarz-gelb-grün. Für Sachsen könnte schwarz-rot oder schwarz-gelb zur Regierung antreten. Und auch im Freistaat Thüringen kommt es nun darauf an, wer mit wem am besten kann. Möglich ist hier der Machterhalt für die CDU zusammen mit der SPD oder eine neue rot-rote Regierung, sofern man sich darüber einig wird, wer den Ministerpräsidenten stellen wird. Falls Sie in Ihrer Wahlentscheidung noch schwanken und sich ein Bild von den Parteien und ihren gesundheitspolitischen Programmen machen wollen: Wir fragen in dieser und den nächsten Ausgaben der DAZ und ihrer Montagszeitung (AZ) Gesundheitspolitiker der Parteien nach ihren apothekenrelevanten Positionen. In der AZ vom 31. August finden Sie das Interview mit Frank Spieth, Die Linke; in dieser DAZ steht uns Jens Spahn, Gesundheitspolitiker der CDU, Rede und Antwort.

Rechenspiele. 1 x 3 = 3. Mit dieser Gleichung und ihrem Ergebnis sind wir bisher gut gefahren. Es ist international akzeptiert und anerkannt. Arbeitet man allerdings mit Rabattverträgen, so könnte diese Gleichung bald nicht mehr so gültig sein und als Ergebnis nicht 3, sondern vielleicht 2,8 oder auch nur 2,3 sein. Ein von der AOK in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten kommt zu dem Schluss, dass eine Packung mit 98 Tabletten von der Größe her identisch mit einer 100er Packung ist. Hintergrund dieser Rechenkunststücke ist der Umstand, dass die AOK beispielsweise bei Omeprazol den Zuschlag an einen Hersteller erteilt hat, der die Normgröße N3 in einer Packungsgröße von 98 Tabletten anbietet. Und hier wird’s problematisch. Laut Gesetz muss für einen Aut-idem-Austausch die Packungsgröße des abzugebenden Arzneimittels "identisch" mit dem verordneten sein. Sind 100 Tabletten verordnet, darf der Apotheker dem Patienten nicht die 98er geben. Das war bisher so. Jetzt kommt der Rechtsgutachter zu dem Schluss: Nicht die Zahl der Tabletten, sondern die Normgröße sei entscheidend. Im Klartext bedeutet dies: eine N3-Packung Omeprazol des Herstellers A darf gegen die N3-Packung Omeprazol des Herstellers B ausgetauscht werden, auch wenn Hersteller A die N3 mit 60 Stück definiert und Hersteller B mit 100 Stück. Man reibt sich immer wieder die Augen, mit welchen Spitzfindigkeiten versucht wird, noch mehr Einsparungen zu erzielen. Eine Packung mit weniger Inhalt kann zwar billiger sein als eine mit mehr Tabletten, aber ob sie bei Dauerverordnung auch wirtschaftlicher ist, sei dahingestellt. Auf der anderen Seite darf man auch vermuten, dass Firmen schon mal Packungsgrößen geändert haben, um nicht austauschbar zu sein.

Ein weiteres Rechtsgutachten im Auftrag der AOK kommt zu dem Schluss, dass auch das Indikationsspektrum nicht völlig identisch sein muss. Dies untermauert zwar die These von Christopher Hermann, AOK-Verhandlungsführer für Rabattverträge, widerspricht aber dem unlängst vom Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller vorgelegten Gutachten. Immerhin: auch Hermann und seinen zu Rate gezogenen Juristen ist klar, dass nun Gutachten gegen Gutachten steht. Für die Apotheker ist im Grunde nichts geklärt. Sie stehen weiterhin zwischen den Fronten. Es muss endlich Rechtsklarheit geschaffen werden, entweder vom Gesetzgeber oder – noch besser, weil theoretisch wesentlich schneller realisierbar – von den Rahmenvertragspartnern, dem Deutschen Apothekerverband und dem GKV-Spitzenverband. Bislang wurden sich diese in diesem Punkt allerdings noch nicht einig. Die AOK setzt dennoch einige Hoffnung auf das nächste Treffen, das am 7. September stattfinden soll.

Stückelspiele. Nein, Spiele sind es schon lange nicht mehr. Seit das Magazin "Report" das Stückeln mit den Attributen "Kassenabzocke", "Betrug" und "fragwürdige Zusatzprofite" belegte und von "dubiosen Praktiken in deutschen Apotheken" sprach, ist das Thema im Gespräch, auch beim Bundesgesundheitsministerium und bei Verbänden. Mittlerweile ist Konsens, dass Stückeln mit Ausnahme von Notfällen rechtswidrig ist. Softwarehäuser entfernen entsprechende Module, die Stückeln vorschlagen, aus den Warenwirtschaftsprogrammen, um Apotheker nicht zu "verführen". "Report München" hakte in seiner Sendung am 31. August nach. Das Magazin klopfte sich auf die Schultern und stellte die "raffinierten Apotheker", die mit Stückeln "bis zu 350% Zusatzprofit" herausholen, an den Medienpranger. Man zeigte sich froh, dass nun endlich etwas geschehe: Die Pharmaindustrie weist ihren Außendienst an, Stückeln nicht zu propagieren und die Softwarehäuser wollen das Stückelmodul aus den EDV-Programmen entfernen. Hintergründe, wie es zum Stückeln kommt, Hinweise auf die Arzneimittelpreisverordnung brachte das Magazin nicht – es hätte die Polemik gestört. Fazit: Die Apotheken bleiben weiter unter Beobachtung.


Peter Ditzel

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