Arzneimittel und Therapie

Mit Relaxin gegen Herzversagen

Akutes Herzversagen ist eine große klinische Herausforderung. Einer Zunahme von Morbidität und Mortalität stehen vergleichsweise wenige neue medikamentöse Therapieansätze gegenüber. Aufgrund vasodilatorischer Effekte auf systemische und koronare Blutgefäße wurde das natürliche Hormon Relaxin Gegenstand intensiver Forschung. In einer Studie konnte gezeigt werden, dass es bei schwerer Herzinsuffizienz und Bluthochdruck auch die kardiovaskuläre Sterblichkeit positiv beeinflusst.
Kardiovaskulär aktiv Das insulinähnliche Peptidhormon Relaxin scheint bei ischämischen Herzkrankheiten positiv zu wirken.
Foto: Siemens Medical

Relaxin ist ein insulinähnliches Peptidhormon, das lange Zeit in erster Linie wegen seines Einfluss auf das weibliche Reproduktionssystem bekannt war. Es bewirkt ein "softening" der Gewebe des Geburtskanals, stimuliert die Entwicklung der Brust, sowie der Gebärmutter und unterstützt den Ruhezustand der Gebärmuttermuskulatur.

Schwangerschaftshormon mit Managerqualitäten

In jüngster Zeit verdichteten sich die Anzeichen, dass Relaxin nicht nur reproduktive, sondern auch nicht-reproduktive Organe, Gewebe und Zellen beeinflussen kann und so als eine Art "Manager-Hormon" agiert, um eine Vielzahl physiologischer Veränderungen zu koordinieren, die während der Schwangerschaft stattfinden. Zu den spezifischen Zielorganen von Relaxin gehören dabei auch die Blutgefäße und das Herz. Relaxin steigert die Nierenfunktion und wirkt als starker Vasodilatator. Dabei spielt ein Stickoxid-abhängiger Prozess eine Rolle, worüber die Herzschlagrate beeinflusst wird. Aufgrund dieser Erkenntnisse erschien Relaxin als ein kardiovaskuläres Medikament bei ischämischen Herzkrankheiten von Interesse zu sein. In einer randomisierten, doppelblinden, placebo-kontrollierten Phase-II-Studie untersuchte ein Forscherteam 254 Patienten an 54 Zentren in acht Ländern. Eingeschlossen waren Probanden mit akuter Herzinsuffizienz, einem systolischen Blutdruck über 125 mmHg und einer mäßig reduzierten Nierenfunktion. Innerhalb von 16 Stunden nach der Krankenhausaufnahme erhielten sie über 48 Stunden eine Infusion von Relaxin in Dosierungen von 10, 30, 100, 250 µg/kg täglich oder Placebo. Mit 30 µg/kg Relaxin verbesserte sich die Kurzatmigkeit binnen 24 Stunden bei 40% der Patienten im Vergleich zu 23% der Placebogruppe. Auch die Dauer des Krankenhausaufenthaltes war in der Relaxingruppe um 1,8 Tage gegenüber der Kontrolle reduziert. Der kombinierte Endpunkt aus kardiovaskulärem Tod und erneuter Hospitalisierung wegen Herz- oder Niereninsuffizienz während der ersten 60 Tage nach der Behandlung trat bei 2,6% der Relaxin- und 17,2% der Placebo-Patienten auf. Nach 180 Tagen wurde in der Relaxin-Gruppe kein kardiovaskulärer Todesfall beobachtet, in der Placebo-Gruppe waren es hingegen 14,3%. Mit höheren Relaxin-Dosen verschwand die Wirkung wieder.

Zurückhaltung erscheint angebracht

Unerwünschte Ereignisse traten in beiden Studienarmen etwa gleich häufig auf und entsprachen nach Art und Häufigkeit dem natürlichen Krankheitsverlauf von Patienten mit anamnestischem akutem Herzversagen. Es gab es keine Beobachtungen, die auf nachteilige oder gar gesundheitsschädliche Effekte von Relaxin hindeuten. Ein Begleitkommentar zur Veröffentlichung der Studien betrachtet die Ergebnisse jedoch mit einer gewissen Zurückhaltung, zu häufig habe sich herausgestellt, dass positive Ergebnisse in Herzinfarktstudien mit vergleichbar geringen Probandenzahlen nur ein Zufallsprodukt waren, das sich in großen Patientenkollektiven nicht reproduzieren ließ. "Angesichts der fehlenden Dosisabhängigkeit und des ungewöhnlich ausgeprägten Effekts trotz der nur sehr kurzen Behandlungsdauer erscheinen die Ergebnisse zu gut um wahr zu sein." Dennoch rechtfertigen in ihren Augen die Hinweise auf eine Wirksamkeit von Relaxin und das gute Nebenwirkungsprofil der Substanz weitere Untersuchungen.

Quelle

Teerlink J.R.; et al.: Relaxin for the treatment of patients with acute heart failure: a multicentre, randomised, placebo-controlled dose-finding phase IIb study. Lancet 2009; 373: 1429 –1439

 

 

Apotheker Dr. Andreas Ziegler

 

 

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