DAZ aktuell

Die Kassen sollen zahlen – ohne Zusatzbeiträge

BERLIN (tw/ral). Die von der Bundesregierung geschätzten 600 Millionen Euro für die Massenimpfung gegen die Neue Grippe im Herbst sind vermutlich zu wenig. Wie die gesetzlichen Krankenkassen schätzen auch führende Vertreter der Gesundheitsministerien in den Bundesländern die Kosten mittlerweile deutlich höher ein. Den Kassenforderungen nach einer Beteiligung des Staates an den Impfkosten erteilte Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt derweil erneut eine klare Absage.
Aus dem Ei Die für Deutschland bestimmten 50 Mio. Dosen H1N1-Impfstoff werden in Hühnereiern produziert. Ein erhöhtes Krebsrisiko soll ausgeschlossen sein.
Foto: Chiron Vaccines

Die geplante Impfung von insgesamt 25 Millionen Risikopersonen in Deutschland wird nach Ansicht von Gesundheitsexperten mehr als eine Milliarde Euro kosten. Gegenüber dem "Spiegel" begründeten Vertreter der Landesministerien ihre Einschätzung unter anderem damit, dass sich viele Betroffene in Arztpraxen impfen lassen würden und nicht, wie von der Bundesregierung vorgesehen, ausschließlich im öffentlichen Gesundheitsdienst.

Die Schätzung der Landespolitiker entspricht weitgehend der des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Angesichts der Zahlen hatte er von der Regierung zusätzliches Geld für den Gesundheitsfonds oder eine Beitragserhöhung für die Versicherten gefordert – und war damit auf harsche Kritik in Politik und Wirtschaft gestoßen. Der bayerische Gesundheitsminister Markus Söder (CSU) forderte die Kassen erneut zur Kostenübernahme auf: "Impfungen sind grundsätzlich Kassenleistung und die Patienten zahlen hohe Beiträge, deswegen können sie auch entsprechende Leistungen erwarten", so Söder gegenüber der "Bild am Sonntag". "Ich sehe keinen Grund für Zusatzbeiträge", bestätigte auch Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt am vergangenen Wochenende in Augsburg. Am Mittwoch, nach Redaktionsschluss der DAZ, wollte das Kabinett eine Verordnung verabschieden, die die Kostenübernahme durch die Kassen regelt.

Kein erhöhtes Krebsrisiko

Die neue Vakzine wird derzeit an mehreren Hundert Freiwilligen auf ihre Wirksamkeit und Verträglichkeit hin geprüft. Im Abstand von drei Wochen erhalten sie zweimal eine Dosis des H1N1-Impfstoffs verabreicht. Anschließend wird untersucht, ob und in welchem Ausmaß sich Antikörper gebildet haben. Mit ersten Ergebnissen rechnen die teilnehmenden Kliniken frühestens in sechs Wochen. Erst dann könne entschieden werden, ob der Wirkstoff über ein so genanntes beschleunigtes Zulassungsverfahren rasch auf dem Markt gebracht werden kann. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt ist zuversichtlich, dass die Impfungen planmäßig Ende September bis Anfang Oktober starten können.

Der Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts, Prof. Johannes Löwer, hat derweil Meldungen über eine mögliche krebserregende Wirkung des Impfstoffs aufgrund der Herstellung mittels Tumorzellkulturen entkräftet: Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) habe für Impfstoffe, die auf Zellkulturen mit Tumoreigenschaften produziert würden, bereits vor zwei Jahrzehnten hinreichende Regeln zur Sicherheit aufgestellt. Vakzine aus derartigen Kulturen müssten frei von Zellen sein und dürften zudem kein Erbmaterial enthalten. Tumorerzeugende Gene, so Löwer, könnten also nicht einmal theoretisch übertragen werden. Zudem würden die meisten Schweinegrippe-Impfstoffe – auch die von Deutschland bislang vorbestellten 50 Millionen Dosen des Herstellers GlaxoSmithKline – bisher ohnehin in Hühnereiern produziert.

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