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Sommergewitter

Peter Ditzel

Noch immer donnert’s kräftig. Das Gewitter zwischen Deutschem Apothekerverband (DAV) und den Arzneimittelherstellern einerseits und der AOK, dem Bundesgesundheitsministerium und der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft andererseits hängt schwer über den Apotheken. Noch immer geht es um die entscheidende Frage: Dürfen und müssen wirkstoffgleiche Arzneimittel bei der Belieferung von Rabattarzneimitteln ausgetauscht werden, auch wenn nicht alle Indikationsgebiete übereinstimmen? Die Positionen sind verhärtet. Die AOK beharrt auf ihrem Standpunkt, es müsse systematisch ausgetauscht werden. Eine fehlende Indikation bei einem wirkstoffgleichen Arzneimittel ist für den Verhandlungsführer der AOK, Christopher Hermann, kein Grund, den Rabattvertrag nicht zu erfüllen. Wer sich nicht an die Rabattverträge hält, wird retaxiert, so schwang er in der vergangenen Woche die Retax-Keule. Mit einer aufmerksamkeitsstarken Anzeige "Apotheker bald hinter Gittern?" in der PZ nahm er die Arzneimittelhersteller aufs Korn, die den Apotheker nach seiner Auffassung verunsicherten: Hersteller wiesen zu unrecht darauf hin, dass die Haftung auf Arzt und Apotheker übergehe, wenn im Beipackzettel des ausgetauschten Präparats auch nur ein Anwendungsgebiet weniger aufgeführt sei. Hermann: Eine Haftung sei in jedem Fall ausgeschlossen; das habe auch das Bundesgesundheitsministerium klar gestellt.

Jetzt steht Aussage gegen Aussage. Ein von den Arzneimittelherstellern vorgelegtes Rechtsgutachten, das in diesen Fällen ebenfalls vor einem Austauschen warnt, konnte die AOK noch nicht überzeugen. Der Progenerika-Verband sieht in diesem Disput bereits das Kriegsbeil ausgegraben – der Streit scheint zu eskalieren. Verhandlungen zwischen AOK und DAV in der letzten Woche gingen ergebnislos aus. Die Rede ist von Enttäuschung und Konfrontationskurs. Selbst ein Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg hilft nicht weiter. Dieses Gericht, hält die Austauschbarkeit für machbar, wenn sich der Apotheker über die Indikationen vergewissert – ein praxisfernes Urteil. Das Gewitter hängt fest über dem Rabatt-Generikamarkt.

Ruhe vor dem Sturm in Sachen Zwangsrabatt für Kassen. Eine Anpassung ist mehr als überfällig. Doch nach wie vor bewegt sich nichts, noch immer ist keine Einigung in Sicht. Während wir schon monatelang einen erhöhten Aufwand in unseren Apotheken betreiben, um die Rabattverträge zu erfüllen, um die Versicherten zu beruhigen und zur Compliance anzuhalten, sind die Kosten in den Apotheken seit der Festsetzung des Rabatts weiter gestiegen. Es wird uns Geld vorenthalten, das uns schon seit über einem halben Jahr zusteht. Warum lassen wir uns das gefallen?

Dunkle Wolken brachte der Beitrag "Markt" im Norddeutschen Rundfunk Ende Juli über die Beratungstätigkeit der Apotheken. Drei getestete Apotheken versagten vollkommen bei der Beratung, als sie paracetamolhaltige Schmerz- und Erkältungspräparate abgaben. Die abgegebenen Mengen an Paracetamol bewegten sich an der Grenze dessen, was zu Vergiftungserscheinungen im Körper führen kann. Hier kann man nur hoffen, dass die drei Apotheken absolute Ausnahmefälle waren, dass unter realen Bedingungen kein Kunde so viele paracetamolhaltige Präparate auf einmal bekommt.

Sommergewitter bei Celesio: in der Führungsetage krachte es gewaltig – zwischen Celesio-Chef Oesterle und dem stellvertretenden Vorsitzenden Stefan Meister. Die beiden hatten bei der Übernahme des brasilianischen Großhändlers Panpharma Differenzen. Um für Ruhe zu sorgen, hat Haniel-Aufsichtsratschef Franz Haniel sich persönlich für einen Wechsel Meisters in den Mutterkonzern Haniel eingesetzt. Kurz zuvor hatte Ralf Däinghaus den Konzern verlassen – er hatte sich sichtlich in den Konzernstrukturen nicht wohlgefühlt.

Grollen und Donner in der Ferne. Die Besetzung des leitenden Postens im Bundesgesundheitsministerium dürfte bis zur Wahl noch für viele Spekulationen gut sein. Vermutlich wird, wie es eine Tageszeitung nett formulierte, Ulla Schmidt keinen weiteren Dienst wagen, zumal es fraglich ist, ob die SPD eine der nächsten Regierungsparteien sein wird. Der CDU-Mann Hecken, uns allen hinreichend bekannt, scheint in den Startlöchern zu stehen. Aber nicht alleine. CDU-Familienministerin Ursula von der Leyen meldete sich in der vergangenen Woche in Gesundheitsfragen (Thema Influenzaimpfung) zu Wort – das könnte darauf hindeuten, dass sie mit einem Wechsel ins Gesundheitsministerium liebäugelt. Der Vorname bleibt, die Parteifarbe wechselt – man darf hoffen, dass sie als approbierte Ärztin mehr Durchblick im Gesundheitswesen hat. Am besten führen wir allerdings, wenn die CSU das Gesundheitsministerium besetzen dürfte. Mit dem bayerischen Gesundheitsminister Söder hätten wir einen Apothekenbefürworter an der Spitze.

Warten wir’s ab. Bis September können sich noch einige Gewitter entladen und es wird noch viel Donner in allen Bereichen zu hören sein…


Peter Ditzel

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