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"Hör Zu" kennt "die 100 besten Medikamente"

HAMBURG (tmb). Tests und Listen sorgen in Publikumsmedien immer wieder für großes Interesse und suggerieren Klarheit bei schwer durchschaubaren Themen. Die TV-Zeitschrift "Hör Zu" präsentiert in ihrer jüngsten Ausgabe "die 100 besten Medikamente", wie die Überschrift verspricht. Sie will den "Weg durch den Arzneimitteldschungel" der OTC-Präparate weisen. Doch bei Laien dürfte auch der Test in mancher Hinsicht für Verwirrung sorgen. Immerhin wird deutlich auf die Beratung in der Apotheke hingewiesen, aber auch auf günstige Sonderaktionen und Rabatte.

Als Grundlage für die Auswahl der 100 Präparate, "die in ihrem Bereich zu den besten zählen", dient das "Handbuch Selbstmedikation" und die Internetdatenbank (www.medikamente-im-test.de) der Stiftung Warentest. Im begleitenden Text werden Prof. Dr. Gerd Glaeske und die Kardiologin Prof. Dr. Vera Regitz-Zagrosek zitiert. Die Arzneimittelauswahl ist in die Indikationsgebiete Haut, Augen, Atemwege, Verdauungstrakt, Blase/Niere/Geschlechtsorgane, Herz/Kreislauf, Nerven, Schmerzen/ Fieber und Allergien und jeweils weiter in Anwendungsgebiete gegliedert.

Ungereimtheiten in der Liste

Als Arzneimittel werden gängige Produkte genannt. Auch etliche Phytopharmaka sind dabei, beispielsweise Hametum Wund- und Heilsalbe, Enteroplant Kapseln, Umckaloabo Lösung, Euminz Tropfen sowie mehrere Präparate mit Johanniskraut oder Teufelskralle. Hier zeigt sich auch die größte Kuriosität der Liste. So werden unter der Rubrik "vorübergehende depressive Verstimmung" vier verschiedene Johanniskraut-Produkte – immerhin mit unterschiedlicher Konzentration – genannt. Zu jedem dieser Produkte ist eine "Anmerkung" formuliert, die jedoch auf jedes der anderen Johanniskraut-Produkte ebenso zutrifft. Der unbedarfte Betrachter kann die Produkte damit als grundverschiedene Alternativen missverstehen. Entsprechendes gilt beispielsweise für die drei aufgelisteten Präparate mit Ibuprofen in der gleichen 200-mg-Konzentration und sogar fünf Eisen-Präparate, davon zwei Kombinationen mit Folsäure. Es bleibt auch offen, warum statt alternativer Wirkstoffe manchmal mehrere weitgehend austauschbare Produkte vorgestellt werden und an anderer Stelle nicht, obwohl es auch dort Konkurrenzanbieter gibt. Ebenso zufällig erscheint die generische Auswahl. Dabei dominieren die Originalanbieter, doch es sind beispielsweise auch Loperamid AL akut, Methionin Stada 500 mg und Ibuprofen Heumann verzeichnet. Gegen Fußpilz wird Canesten Creme genannt – ohne Hinweis auf generische Konkurrenz, gegen Pilzinfektionen der Scheide sind jedoch Fungizid-ratiopharm und Mykofungin 3 Kombi auf der Liste – ohne Hinweis auf den Originalanbieter. Ratiopharm ist als Generikahersteller besonders häufig verzeichnet.

Die konsequente Orientierung an den Indikationen führt zudem zu einer pharmakologisch merkwürdigen Konsequenz. So wird der Wirkstoff Paracetamol einerseits in der Rubrik "Schmerzen/Fieber", aber auch unter der Überschrift "Atemwege" mit dem Anwendungsgebiet "Erkältungen" mit den Produkten Contac Erkältungs-Trunk und Grippostad Heißgetränk aufgenommen – ohne einen Querverweis. Der begleitende Text enthält einige hilfreiche Tipps, wie den Hinweis auf Wechselwirkungen mit oralen Kontrazeptiva oder den Rat, bei längeren oder zunehmenden Beschwerden einen Arzt aufzusuchen. Daneben gibt es aber auch Hinweise, die in der Selbstmedikation eher verwirren dürften, etwa zu geschlechtsspezifischen Unterschieden in der Arzneimittelwirkung.

Beratungsbedarf bleibt

So lässt der Beitrag noch sehr viel Beratungsbedarf für die Apotheke offen. In einem Foto mit einer Beratungsszene in einer klassisch eingerichteten Apotheke und im begleitenden Text wird erfreulicherweise auf die Beratung in der Apotheke hingewiesen. Professor Glaeske wird mit der Empfehlung zitiert, die Patienten sollten alle ihre Krankheiten und eingenommenen Arzneimittel auflisten: "Dann kann der Apotheker das für Sie geeignete Mittel aussuchen." Gute Beratung böten nach Darstellung von Glaeske aber nicht nur Ärzte und Apotheker vor Ort. "Sie wird auch von Versandapotheken geleistet, die dafür Hotlines einrichten müssen. Anders als im Laden steht dann auch keiner hinter einem und hört mit", wird Glaeske zitiert. Die "Hör Zu"-Redakteure erläutern dazu weiter, dass die Stiftung Warentest 15 Internetanbieter bewertet habe, davon erhielten sechs die Note "gut" und fünf hätten auch eine gute Beratung geleistet.

Während bei der Arzneimittelauswahl jeglicher Hinweis auf unterschiedliche Preisempfehlungen verschiedener Anbieter fehlt, wird auf den Preiswettbewerb in Internetapotheken und Apotheken vor Ort deutlich hingewiesen. Der Beitrag schließt mit dem sonderbar anmutenden Fazit: "Der Preisvergleich lohnt sich – für Ihren Geldbeutel und Ihre Gesundheit."

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