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Honorarreform nicht so schlimm wie erwartet

BERLIN (ks). Die zu Jahresbeginn in Kraft getretene Honorarreform der Ärzte trifft die niedergelassenen Mediziner offenbar nicht so hart, wie diese es vor wenigen Monaten noch befürchtet hatten. Nach Auswertung der Abrechnungsdaten von 14 der 17 Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) für das erste Quartal 2009 stieg das Medizinerhonorar im Bundesdurchschnitt um 7,8 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal. Zwar sind die Anstiege regional sehr unterschiedlich – doch dies war auch eine Absicht der Reform.

Gewinner der Honorarreform sind die Berliner Ärzte: Sie konnten im Vergleich der Quartale ein Honorarplus von 32,2 Prozent für sich verbuchen. An zweiter Stelle folgt Niedersachsen (+17,6 Prozent) und erst an dritter Stelle findet sich mit Sachsen-Anhalt eines der neuen Bundesländer (+16,1 Prozent). Einen tatsächlichen Verlust gab es nur in Baden-Württemberg: Hier sank das Honorar im 1. Quartal 2009 um 0,7 Prozent. Darüber hinaus entwickelte sich die Vergütung der Mediziner in Bayern, Nordrhein und Rheinland-Pfalz "unterdurchschnittlich". Dies werde "nicht zur Beruhigung beitragen", erklärte der Vorstand der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Köhler, bei der Vorstellung der Zahlen am 27. Juli in Berlin. Ziel sei, dass keine KV in Deutschland durch die Reform verliere. Ansonsten muss auch Köhler einräumen, dass die absoluten Zahlen besser ausgefallen sind als erwartet – 472 Mio. Euro gab es im beobachteten Zeitraum mehr für Kassenärzte. Und auch das ist nur ein Mindestwert, da drei KVen (Schleswig-Holstein, Hamburg, Sachsen) und rund 40.000 Praxen nicht in die Rechnung einbezogen seien.

Unterschiede in den Arztgruppen

Während im Vergleich zwischen Haus- und Fachärzten keine Bevor- oder Benachteiligung eines Versorgungsbereichs auszumachen ist, gibt es in den verschiedenen Arztgruppen durchaus Gewinner und Verlierer. Satte Zuwächse konnten insbesondere die Kardiologen (+21 Prozent), und Gastroenterologen (+12 Prozent) für sich verbuchen. Verlierer sind die Orthopäden mit bundesweit -4 Prozent, allerdings legten selbst sie in fünf von zehn KVen noch zu.

Neue Affinität zu dringenden Nachtbesuchen

Was die "Vorwegabzüge" betrifft, also jene Leistungen, die nicht mittels Regelleistungsvolumen gesteuert sind, so meldete der KBV-Chef Entwarnung für das 1. Quartal. Die Rückstellungen reichten, um diese zu begleichen und würden teilweise nicht einmal ganz abgefordert. Allerdings zeigt sich bereits, dass einige Ärzte gewisse Leistungen für die Abrechnung neu entdecken. So sind hohe Zuwächse bei dringenden Besuchen in der Nacht zu verzeichnen – in Sachsen-Anhalt waren es im in den ersten drei Monaten dieses Jahres 431 Prozent mehr als im Vorjahresquartal. Auch die Akupunktur erfreut sich sowohl bei Haus- als auch Fachärzten großer Beliebtheit. Bei der KBV sieht man das kritisch, "da müssen wir wohl nachbessern", räumt Köhler ein.

Ulla Schmidt sieht sich bestätigt

Das Fazit des KBV-Vorsitzenden: "Wir befinden uns mitten auf der Strecke hin zu einer adäquaten Vergütung. Doch dieser Weg bleibt schwer und holprig". Ob es in diesem Jahr nochmals zu Ärzteprotesten kommen wird, vermag Köhler nicht einzuschätzen – allerdings stellte er klar, dass die KBV diese nicht unterstützen würde. Auch die Proteste zu Beginn des Jahres sieht er als Folge einer "extremen Verunsicherung der Ärzteschaft" durch "Horrormeldungen von KVen". "Man muss sich schon fragen, warum die Ärzte nicht etwas abwarten konnten", meint Köhler heute. Bundesgesundheitsministerium Ulla Schmidt hatte die Ärzte schon damals aufgefordert, die ersten validen Zahlen abzuwarten. Nun sieht sie sich bestätigt: Insgesamt profitierten die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte durch die Honorarreform, betonte sie nach der Vorstellung der Abrechnungsergebnisse. Eventuelle Verluste bei wenigen Fachärzten könnten auf fünf Prozent begrenzt werden. Damit, so Schmidt, erfülle die Honorarreform ihren Zweck.

Das seit Januar geltende neue Honorarsystem für Vertragsärzte hat die Leistungsvergütung nach Punkten hinter sich gelassen. Stattdessen gibt es eine Euro-Gebührenordnung. Zudem wurden früher Pauschalen pro Patient bezahlt, nun richtet sich die Vergütung nach dem Gesundheitszustand und der tatsächlichen Behandlung eines Patienten. Ziel der Reform war es unter anderem auch, das Lohnniveau im Osten an das im Westen anzunähern.

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