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Ersatzkassen fordern Rückkehr zur Parität

BERLIN (ks). Zweieinhalb Monate vor der Bundestagswahl haben die Ersatzkassen ein gemeinsames Positionspapier mit gesundheitspolitischen Forderungen an die nächste Bundesregierung vorgelegt. Darin plädieren sie für eine "gerechtere Finanzierung" der gesetzlichen Krankenversicherung, insbesondere für eine Rückkehr zur paritätischen Finanzierung. Darüber hinaus fordern die Ersatzkassen eine Abkehr von der gesetzlich verpflichtend vorgeschriebenen hausarztzentrierten Versorgung sowie die Einführung einer Vierten Hürde für Arzneimittel in solitärer Stellung.

"Die Lasten haben sich eindeutig zuungunsten der Versicherten verschoben", erklärte Christian Zahn, Vorsitzender des Verbandes der Ersatzkassen (vdek), am 15. Juli in Berlin. Durch Selbstbeteiligungen und den Sonderbeitrag von 0,9 Prozent sei die hälftige Finanzierung von Versicherten und Arbeitgebern in der GKV schon längst Vergangenheit. Nun drohe eine weitere Lastenverschiebung durch Zusatzbeiträge – spätestens im nächsten Jahr sieht Zahn diese flächendeckend kommen. Vor allem wenn diese Zusatzbeiträge in Pauschalen erhoben würden, belasteten sie Versicherte mit geringem Einkommen überproportional und sorgten bei den Kassen für enorme Bürokratie, da 50 Millionen neue Versichertenkonten geschaffen werden müssten, so Zahn. Die Ersatzkassen fordern daher, dass der Zusatzbeitrag – jedenfalls bis zu einer Wiederherstellung der Parität – nur noch prozentual als Aufschlag auf den Sonderbeitrag erhoben werden darf.

Voller Steuerzuschuss ab 2010

Als Sofortmaßnahmen zur Aufstockung der Finanzen fordern die Ersatzkassen, dass der für 2012 vorgesehene Steuerzuschuss von 14 Mrd. Euro schon ab 2010 in voller Höhe an den Gesundheitsfonds ausgezahlt wird. Zudem müssten die derzeit gewährten Liquiditätsdarlehen des Bundes in Zuschüsse umgewandelt und kostendeckende GKV-Beiträge für ALG-II-Empfänger eingeführt werden. Nicht zuletzt, so forderte Zahn, müsse man aufhören, das System schlecht zu reden: "Es gibt ausreichend Ressourcen – sie müssen aber gerecht verteilt und effizient eingesetzt werden".

Kollektivverträge als Grundlage

Wie eine bessere Steuerung der vorhandenen Ressourcen aussehen kann, erläuterte der vdek-Vorstandsvorsitzende Thomas Ballast. So müssten die Wettbewerbsmöglichkeiten und Spielräume der Kassen weiter ausgebaut werden; dabei seien die Kollektivverträge als Grundlage der Versorgung beizubehalten und durch Selektivverträge zu ergänzen. Und hier ist noch einiges tun, nachdem die Integrierte Versorgung durch Wegfall der Anschubfinanzierung einen Dämpfer erhalten hat, Einzelverträge mit Krankenhäusern nicht so entstanden, wie von den Kassen gewünscht und im Bereich der hausarztzentrierten Versorgung alles Drunter und Drüber geht. Vor allem die Hausarztverträge nach §73b SGB V sind dem vdek ein Dorn im Auge. Die Ersatzkassen wollen den unliebsamen Paragrafen am liebsten abgeschafft sehen. Ballast betonte, dass Hausärzte in der vertragsärztlichen Versorgung durchaus weiterhin als Koordinatoren gestützt werden sollen – aber nicht über eine gesetzliche Verpflichtung – dieser Prozess sei gescheitert.

Kosten-Nutzen-Bewertung beschleunigen

Auch in der Arzneimittelversorgung sehen die Ersatzkassen Stellschrauben. Die derzeit zu beobachtenden Ausgabensteigerungen ließen sich nicht nur durch Morbidität erklären, betonte Ballast. Damit die Kosten nicht aus dem Ruder laufen, müsse die Kosten-Nutzen-Bewertung als wichtige Grundlage der wirtschaftlichen Arzneimitteltherapie schnellstmöglich umgesetzt werden. Darüber hinaus müsse für Arzneimittel, die einer Kosten-Nutzen-Bewertung wegen fehlender Vergleichsmöglichkeit nicht zugänglich sind, eine Vierte Hürde geschaffen werden. Voraussetzung für den Marktzugang solcher Solitär-Arzneimittel müssten abgeschlossene Preisverhandlungen zwischen Kostenträgern und Herstellern sein, so Ballast. Im Positionspapier findet sich zudem die bekannte Forderung nach der Einführung des reduzierten Mehrwertsteuersatzes auf Arzneimittel.

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