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KBV und DAV für Wirkstoffverordnung als Normalfall

BERLIN (ks). Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hat am 13. Juli in Berlin ihre Forderungen an die zukünftige Bundesregierung vorgestellt. Unter anderem sprechen sich die Vertragsärzte dafür aus, die Arzneimittelversorgung neu auszurichten: "Die niedergelassenen Ärzte sollen sich an medizinischen Aspekten orientieren und in der Regel nur noch Wirkstoffe verordnen", erläuterte KBV-Vorstand Dr. Carl-Heinz Müller. In der Apothekerschaft stößt dieses Ansinnen auf Zuspruch.
Bitte selbst wählen Das KBV-Szenario, nach dem der Arzt nur noch Wirkstoffe ver­ordnet, würde die Position des Apothekers deutlich stärken. Die konkrete Präparatewahl läge im Normalfall dann bei ihm.

Foto: ABDA

Geht es nach der KBV, sollen künftig Krankenkassen und die Pharmaindustrie die Verantwortung für die Arzneimittelpreise tragen. Die gesetzlichen Regulierungen seien für den Arzt völlig unüberschaubar geworden, moniert Müller. Die Mediziner sollten daher bei der Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung nur noch für die Indikation, die Auswahl des Wirkstoffs und die Festlegung der notwendigen Verordnungsmenge und -dosierung verantwortlich sein – die konkrete Präparateauswahl soll der Apotheker vornehmen. Basis der Verordnung sollen evidenzbasierte Leitlinien in Verbindung mit den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses sein. Zudem soll die Wirkstoffauswahl aus einer von der KBV zu erstellenden – und auf die Grundversorgung beschränkten – Positivliste erfolgen. Hierzu müsse der Gesetzgeber der KBV die entsprechende Ermächtigungsgrundlage schaffen. Kassenindividuelle Positivlisten will die KBV dagegen verhindern. Die KBV-Positivliste soll ebenfalls nur Wirkstoffe und keine Präparatenamen enthalten und auch für die Weiterversorgung der Patienten nach Überleitung aus dem Krankenhaus gelten. Zudem sollen diese Wirkstoffe unabhängig von den kassenindividuellen Rabattverträgen verordnungsfähig sein. Im Ausnahmefall soll es aber auch weiterhin möglich sein, Patienten bestimmte Marken zu verschreiben.

Schutz des Freien Berufs

Eine weitere zentrale Forderung der KBV ist der Schutz der ärztlichen Freiberuflichkeit: "Medizinische Entscheidungen müssen stets Vorrang vor ökonomischen Interessen haben", erläuterte KBV-Vorstandschef Andreas Köhler. Es sei daher zwingend erforderlich, dass die sich derzeit abzeichnende Übernahme ganzer Versorgungsbereiche durch gewinnorientierte Kapitalunternehmen verhindert wird – so etwa im Bereich der Medizinischen Versorgungszentren. Auch dürfe Gewinnmaximierung niemals dazu führen, dass Ärzte ihren Patienten etwas medizinisch Unangemessenes anbieten oder die leitliniengerechte Behandlung unterlassen, weil dies den Shareholder Value mindern könnte. "Patienten müssen ihren behandelnden Ärzten vertrauen können. Sie müssen sicher sein, dass Ärzte nicht aus rein ökonomischen Motiven handeln, sondern dass medizinische Erwägungen den Vorrang haben", betonte Köhler.

Zuspruch aus dem DAV

Fritz Becker, Vorsitzender des Deutschen Apothekerverbandes (DAV), begrüßte die Vorschläge der Ärzteschaft: "Es ist wichtig, die optimale Arzneimittelversorgung der Patienten durch die Apotheke unter pharmakotherapeutischen Aspekten zu betrachten. Wirtschaftliche Verordnung und erfolgreiche Pharmakotherapie müssen jedoch keine Gegensätze sein, sondern können kombiniert werden. Auf diesen Weg müssen wir uns gemeinsam mit Ärzten und Kassen begeben. Eine Kooperation der Beteiligten ist wichtig, um den Nutzen für die Patienten zu erhöhen. Dann braucht man nicht am Arzneimittel zu sparen, sondern mit ihm." Auch die von der KBV geforderte Stärkung des Freien Berufs – zu denen schließlich auch Apotheker zählen – und die Ablehnung von Konzernen im Gesundheitswesen sind aus Sicht Beckers begrüßenswert.

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