Feuilleton

Pflanzen zwischen Aberglaube und moderner Medizin

Gegen jede Erkrankung ist ein Kräutlein gewachsen, das in der Anwendung harmlos ist: Mit diesem Laienglauben räumt eine Sonderausstellung in der "botanika" in Bremen auf. Sie befasst sich mit der Geschichte der Phytotherapie und beleuchtet an 15 Stationen die Eigenschaften von Heilpflanzen aus verschiedenen Blickwinkeln. Die Ausstellung läuft bis zum 29. August.
Bremen besitzt die größte Rhododendronsammlung Deutschlands.

Foto: Rhododendron-Park

Interaktiv und mit Schautafeln wird der Besucher über die Geschichte der Heilpflanzen, ihre Verbreitung und ihre Inhaltsstoffe informiert. So ist Ricinus eine der ältesten bekannten Heilpflanzen, deren Anwendung schon auf alten ägyptischen Papyri beschrieben wird. Auch die Pflanzen des Mittelalters und Autoritäten wie Hildegard von Bingen und Paracelsus fehlen nicht, ebenso wenig die anonymen Kräuterfrauen und Druiden. Deren Kenntnisse von "Hexenkräutern" wie Tollkirsche und Bilsenkraut wurden allerdings nur mündlich in eingeweihten Kreisen überliefert. Auch heute gibt es noch Kräuterkundige, die das tradierte Wissen um die heilende Kraft der Pflanzen pflegen, wie ein interessanter Film aus Südamerika zeigt. Spannend ist der Einblick in eine Urwaldapotheke, die von heutigen GMP-Standards weit entfernt ist, aber ein wertvolles Reservoir an noch unentdeckten Heilpflanzen bergen mag.

Kritische Töne kommen in der Ausstellung nicht zu kurz, etwa unter dem Stichwort "Biopiraterie" oder "Raubbau an der Natur". So stammen etwa 80% der verwendeten Arnika aus Wildsammlungen, da Arnica montana nur schwer zu kultivieren ist und der angebauten nordamerikanischen Art A. chamissonis wichtige entzündungshemmende Wirkstoffe fehlen. Dementsprechend sind die Naturvorkommen von A. montana schon arg dezimiert.

Der qualitative Unterschied zwischen einem selbst gesammelten Tee und modernen Phytopharmaka wird deutlich gemacht, ebenso die Tatsache, dass nicht jede pflanzliche Medizin harmlos ist oder unbedenklich in großen Mengen verwendet werden kann.

"Flower Power" ist eine in sich gerundete Ausstellung, die vor allem interessierte Laien ansprechen will und im August mehrere Führungen anbietet. Aber auch die Dauerausstellung der "botanika" in den Gewächshäusern mit dem (didaktisch hervorragenden) botanischen Entdeckerzentrum sowie der Rhododendron-Park lohnen einen Besuch. Der Park besitzt die größte Rhododendronsammlung Deutschlands und einen umfangreichen Heilpflanzengarten.

Insa Heyde, Bremen

Rhododendron-Park mit "botanika", Deliusweg 40, 28359 Bremen (Horn-Lehe), Tel. (04 21) 42 70 66 15
Geöffnet: Mittwochs bis freitags von 9 bis 18 Uhr, am Wochenende von 10 bis 18 Uhr

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