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Hecken als Bundesgesundheitsminister?

BERLIN (ks). Die Frage, wen die Union in der nächsten Legislaturperiode gerne auf dem Posten der jetzigen Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt sehen würde, beschäftigt die gesundheitspolitische Szene Berlins nicht erst seit letzter Woche. Familienministerin Ursula von der Leyen wird immer wieder als Kandidatin gehandelt, ebenso der Präsident des Bundesversicherungsamtes (BVA), Josef Hecken. Wie das Nachrichtenmagazin "Stern" jetzt aus Regierungskreisen erfahren haben will, favorisiert Bundeskanzlerin Angela Merkel derzeit offenbar Letzteren.
Ein Mann für die Gesundheit? Für die eigentümergeführte Apotheke steht Joseph Hecken jedenfalls nicht. Ob sich das ändern würde, sollte er Gesundheitsminister werden, ist fraglich.
Foto: Justizministerium Saarland

Für die Apotheker wäre ein Bundesgesundheitsminister Hecken sicherlich das Worst-Case-Szenario. Als saarländischer Gesundheits- und Justizminister war Hecken im Jahr 2006 dafür verantwortlich, dass der niederländischen Kapitalgesellschaft DocMorris die Erlaubnis zum Betrieb einer Apotheke in Saarbrücken erteilt wurde. Ohne jedwede Bedenken setzte er sich über die Vorschriften des deutschen Apothekenrechts hinweg. "Das Mehr- und Fremdbesitzverbot ist mit der gemeinschaftsrechtlichen Niederlassungsfreiheit nicht vereinbar", verkündete er seinerzeit. Sein Ministerium sei deshalb "verpflichtet" gewesen, die entsprechenden Normen des nationalen Rechts außer Kraft zu setzen. Mittlerweile hat der Europäische Gerichtshof Hecken und seine Mitstreiter bekanntlich eines Besseren belehrt. Und in seiner neuen Position als BVA-Präsident will sich der damalige saarländische Minister heute nicht mehr zum Fall DocMorris äußern.

Dennoch: Hecken eilt in der CDU der Ruf voraus, ein fähiger und mutiger Politiker mit viel Erfahrung zu sein. Eigenschaften, die einem Bundesgesundheitsminister sicherlich gut anstehen. Und so hat er in der Partei durchaus nicht wenige Sympathisanten. Aber auch von der Leyen, die die Hecken attestierten Attribute mit Sicherheit nicht minder gut verkörpert, ist noch nicht aus dem Rennen. Laut "Stern" wird die Ärztin mit der Großfamilie von ihrer Partei jedoch in der Familienpolitik für unentbehrlich gehalten. Man fürchtet, dass sie bei einem Wechsel ins Gesundheitsministerium viel von ihrer Strahlkraft verlieren könnte, da das Ressort als "Wählerschreck" gilt. Von der Leyen stand schon im "Kompetenzteam", das die Union für die vergangene Bundestagswahl aufgestellt hatte, neben der Familien- für die Gesundheitspolitik. Seinerzeit machte sie als glühende Verfechterin eines Prämienmodells von sich reden – ein Punkt, der vier Jahre später nicht mehr im Wahlprogramm der Christdemokraten steht.

Aber auch der frühere Gesundheitsminister und heutige bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer will sicherlich ein Wort mitsprechen, wenn in Berlin die Ministerposten vergeben werden. Er könnte sich seinen Gesundheitsminister Markus Söder offenbar gut als Nachfolger Ulla Schmidts vorstellen. Allerdings hat sich Söder in der CDU zuletzt wenig Freunde gemacht. Dass er vor einigen Wochen mit einem eigenen CSU-Positionspapier zur Gesundheitspolitik vorpreschte, kam in der Schwesterpartei nicht gut an.

Eines steht jedoch fest: Sollte sich Merkel wirklich zu Hecken bekennen – dementiert wurden ihre Sympathien für den BVA-Chef jedenfalls nicht – kann sie kaum auf die Wählerstimmen aus der Apothekerschaft hoffen. Sie haben seinen leidenschaftlichen Einsatz für DocMorris nicht vergessen. Mit Hecken als Gesundheitsminister hätten sie das Schlimmste zu befürchten. Schließlich geht das EuGH-Urteil nicht so weit, als dass es den Mitgliedstaaten die Zulassung des Fremdbesitzes untersagt. Ob Hecken tatsächlich noch einmal das Thema aufgreifen würde, an dem er sich bereits die Finger verbrannt hat, ist nicht sicher. Schließlich hat sich die Union immer wieder – zuletzt in ihrem Wahlprogramm – zur eigentümergeführten Apotheke bekannt. Auf der anderen Seite kann man bezweifeln, dass die Gesundheitspolitik derzeit überhaupt eines der Top-Themen für die CDU ist. Die mehr als vagen Ausführungen im "Regierungsprogramm" für die nächste Legislatur mögen darauf hindeuten. Die Union verliert sich hier in Phrasen, lässt die wichtige Frage der Finanzierung des Gesundheitswesens weitgehend unbeantwortet und begnügt sich damit, allen am System Beteiligten ein "Zuckerstückchen" zuzuwerfen, wie es der FDP-Gesundheitspolitiker Daniel Bahr formuliert.

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