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"Apotheker helfen" – wie das Hilfswerk hilft

MÜNCHEN (diz). Seit zehn Jahren leistet die Organisation "Apotheker helfen e.V. – Hilfswerk der Bayerischen Apotheker" bedürftigen Menschen in aller Welt Hilfe. Bedarfsgerecht und nach den Regeln der Weltgesundheitsorganisation liefert sie Arzneimittel und andere medizinische Güter in Krisengebiete. Aus Anlass des zehnjährigen Bestehens sprachen wir mit dem 1. Vorsitzenden des Hilfswerks, Thomas Benkert, und dem Geschäftsführer, Dr. Gerhard Gensthaler.
Einsatz fürs Hilfswerk "Apotheker helfen" Thomas Benkert (li.), 1. Vorsitzender, und Dr. Gerhard Gensthaler, Geschäftsführer.

Foto: diz
DAZ: Zehn Jahre Hilfswerk der Bayerischen Apotheker – wie kam es zu der Idee, ein Hilfswerk zu gründen?

Benkert: Die Idee entstand 1999 beim Bayerischen Apothekertag in Bamberg. Die Medien berichteten über den schrecklichen Krieg und das Leiden der Menschen in Bosnien. Alle waren entsetzt und betroffen. Da fassten Gerhard Reichert, damals Vorsitzender des Bayerischen Apothekerverbands, und Johannes M. Metzger, damals Präsident der Bayerischen Landesapothekerkammer, den Entschluss, ein Hilfswerk zu gründen. Die bayerischen Kollegen unterstützten die humanitäre Organisation von Anfang an sehr großzügig.

DAZ: Was war die Intention damals? Arzneimittel zu sammeln und zu spenden?

Gensthaler: Satzungszweck war von Anfang an, notleidenden Menschen in Katastrophensituationen mit qualitativ hochwertigen Arzneimitteln und medizinischen Gütern zu helfen. Schon bei der Gründung am 28. April 1999 war klar, dass ein Apotheker-Hilfswerk nur nach den Regeln der WHO für gute Spendenpraxis arbeiten kann. Arzneimittel-Restesammlungen lehnten und lehnen wir konsequent ab. Verfallene Medikamente oder ein wildes Sammelsurium von Arzneimitteln helfen niemandem.

DAZ: Und welche Aufgaben stehen heute an erster Stelle des Hilfswerks? Was ist der Grundgedanke des Hilfswerks?

Benkert: Das Aufgabenspektrum von Apotheker helfen e.V., wie das Hilfswerk seit letztem Jahr offiziell heißt, ist zweigeteilt. Wir sind in Katastrophenfällen, beispielsweise beim Erdbeben in Pakistan 2005 oder dem Zyklon "Nargis" in Myanmar 2008 sehr schnell vor Ort mit unseren Gütern. Andererseits unterstützen wir viele Projekte langfristig, wenn dies nötig ist. Unser Grundgedanke ist immer, notleidenden Menschen mit unseren Arzneimitteln, aber auch unserem Fachwissen zur Seite zu stehen. Daher beraten wir auch Fachkräfte vor Ort, wenn es um Arzneitherapie oder Anwendung von Wasserentkeimungstabletten geht. Wer gesund ist oder wird, kann sich und seiner Familie viel besser weiterhelfen. So gesehen leisten wir Hilfe zur Selbsthilfe.

DAZ: An welchen großen Einsätzen war das Hilfswerk bereits beteiligt?

Gensthaler: Die Katastrophen gehen leider nie aus. Inzwischen ist das Hilfswerk in ein nahezu weltweites Netz von kompetenten, lokal und regional tätigen Partnerorganisationen eingebunden. Außerdem pflegen wir Kontakte zu Fluggesellschaften. Dies ermöglicht uns, Emergency Health Kits nach WHO-Standard im Katastrophenfall sehr schnell in das betroffene Land und zu den Menschen zu bringen. Große Einsätze hatten wir nach den Erdbeben in Pakistan und 2007, den Zyklonen Nargis und 2008 in Myanmar und Bangladesch, aber auch bei der von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommenen Hungerkatastrophe im Niger und nach den Überschwemmungen in Nordtogo 2008. Zu unseren größten und immer noch andauernden Projekten zählt sicherlich die Hilfe nach dem Tsunami an Weihnachten 2004. In Südindien und Sri Lanka konnte Apotheker helfen e.V. mit großen Hilfslieferungen tätig sein, aber wir beteiligen uns jetzt noch an Aufbauprojekten.

DAZ: Und was macht das Hilfswerk, wenn keine Katastrophe ist?

Gensthaler: Uns geht die Arbeit nicht aus. Zum einen gilt es, das Arzneimitteldepot im Bayerischen Apothekerhaus zu pflegen und à jour zu halten. Also Lagerhaltung, Verfalldatenkontrolle, Nachbestellungen, Bestandsaufnahme, Verwaltung. Und unsere Langzeitprojekte müssen ja auch weiterbetrieben werden. Das Hilfswerk engagiert sich zudem in vielen Klein- und Kleinstprojekten, die aber natürlich auch gut betreut werden wollen. So unterstützen wir seit langem ein Kloster in Ägypten, das ein Altenheim unterhält, mehrere Alten- und Behindertenheime in Rumänien, ein Pflegeheim für bedürftige Senioren in Bosnien, ein Schulprojekt im Senegal, Dispensaires und Krankenhäuser in West- und Zentralafrika.

DAZ: Arbeiten Sie mit anderen Hilfsorganisationen zusammen? Mit der WHO?

Gensthaler: Das alles können wir natürlich nur leisten, weil das Hilfswerk im Lauf der Jahre gute und verlässliche Partner gewonnen hat. Beispielsweise arbeiten wir mit den Ärzteorganisationen Humedica, Hope87 und Humanity First zusammen, aber auch mit der Habibie-Stiftung in Indonesien, privaten humanitären Institutionen und den Kirchen. Das bedeutet: Wir suchen immer nach kompetenten Fachleuten, die mit den Gegebenheiten in den jeweiligen Regionen vertraut sind und die Sprache vor Ort sprechen. In Ländern wie Pakistan arbeiten wir beispielsweise mit einer muslimischen Ärzte-Organisation zusammen, die ganz anderen Zutritt zu den Menschen bekommt als ein Europäer. In anderen Ländern hilft uns das Netzwerk der christlichen Kirchen oder eine regionale Organisation. Mit der WHO arbeiten wir nicht in Projekten zusammen, weil dies das Volumen eines ausschließlich vom Apothekerstand getragenen Hilfswerks sprengen würde. Aber natürlich halten wir uns streng an deren Qualitätsvorgaben.

DAZ: Wie ist "Apotheker helfen" heute organisiert? Wie groß ist das Depot in München? Wie viele Mitarbeiter hat "Apotheker helfen"? Alle ehrenamtlich?

Benkert: Apotheker helfen e.V. wird von den beiden bayerischen Berufsorganisationen getragen, aber jeder Apotheker in Deutschland kann Mitglied werden. Firmen und Organisationen können laut Satzung außerordentliches Mitglied werden. Wir haben einen siebenköpfigen Vorstand und einen Geschäftsführer. Im Arzneimitteldepot unterstützt uns Apotheker Dr. Erich Kammerl sehr tatkräftig. Wir arbeiten alle ehrenamtlich, niemand von uns bekommt ein Gehalt für seine Arbeit. Die bayerische Apothekerstiftung stellt dem Hilfswerk die Räumlichkeiten für das Arzneimitteldepot zur Verfügung. Von einer apothekernahen Institution bekamen wir kürzlich einen neuen Computer für die Lagerverwaltung.

DAZ: Wie finanziert sich "Apotheker helfen"?

Benkert: Das Hilfswerk lebt ausschließlich von Spenden und erhebt auch keinen Mitgliedsbeitrag. Im Namen des Vorstands darf ich an dieser Stelle allen unseren Spendern ganz herzlichen Dank sagen für die bisher geleistete Unterstützung und Hilfe. Dauerspender möchte ich hier hervorheben, denn regelmäßige Spendeneingänge ohne Verwendungszweck erleichtern uns die langfristige Finanzplanung. Wir freuen uns über jede Gabe, sei sie groß oder klein. Nur diese treue Unterstützung aus dem Berufsstand ermöglicht uns, den Bedürftigen zu helfen. Daher heißt unser Slogan auch: Helfen Sie uns, damit wir anderen helfen können.

DAZ: Herr Benkert, Herr Gensthaler, vielen Dank für das Gespräch.
Apotheker helfen e.V.
Konto Nr. 4793765
bei der Dt. Apotheker- und Ärztebank
BLZ 70090606

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