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Erste Schritte zur Gesundheitsreform in den USA

BERLIN (gs/daz). Mitte Juni hat US-Präsident Barack Obama erste Erfolge für die anstehende Gesundheitsreform in den USA ausgehandelt: die Pharmakonzerne in den USA sagten eine Preissenkung in Milliardenhöhe für verschreibungspflichtige Medikamente für Medicare-Empfänger zu. Medicare ist die öffentliche Krankenversicherung der USA für ältere und/oder behinderte Mitbürger. Kurz zuvor hatten die Demokraten im US-Kongress einen Entwurf für eine umfassende Gesundheitsreform vorgestellt. Herzstück der Reform ist die Einrichtung einer staatlichen Krankenversicherung, die für die schätzungsweise rund 50 Millionen nicht versicherten US-Bürger sorgen soll. In den nächsten Wochen soll der Vorschlag debattiert werden.

Seitdem die Gesundheitsreformen unter Hillary Clinton vor 15 Jahren unter den Protesten der Gesundheitslobby kläglich gescheitert sind, gab es keine weiteren Versuche, das offensichtlich kränkelnde Gesundheitswesen in den USA zu reformieren. Mittlerweile sind die Kosten der Krankenversicherung so gestiegen und ihre Leistungen so gesunken, dass sogar die Lobbyisten einsehen, dass eine Reform benötigt wird. Die USA sind laut "Institute of Medicine of the National Academy of Sciences" die "einzige wohlhabende Industrienation, die nicht ihre gesamten Bürger versichern kann." Obwohl die USA den weltweit größten Prozentsatz ihres Bruttoinlandsproduktes für das Gesundheitswesen ausgeben, liegen dessen Leistungen unter dem OECD-Mittelwert. Somit ist das Gesundheitswesen in den USA das teuerste der Welt – und die Kosten steigen weiter. Nun gibt es gute Chancen für eine erfolgreiche und umfassende Gesundheitsreform – zum ersten Mal seit der Entwicklung des "Medicare"-Programms im Jahr 1965.

Obamas Plan

Präsident Obama hat einen als "revolutionär" titulierten Plan entworfen, um das Kostenwachstum einzudämmen. Die Vertreter der Gesundheitswirtschaft haben sich bislang freiwillig dazu verpflichtet, den jährlichen Kostenzuwachs bis 2019 um 1,5 Prozent zu senken. Somit könnten bis zu 2 Billionen Dollar (1,47 Billionen Euro) gespart werden. Nun wollen sich auch die Pharmakonzerne über die nächsten zehn Jahre hinweg mit 80 Milliarden Dollar (57,3 Milliarden Euro) an den Kosten der Gesundheitsreform beteiligen. Anfangs hatte Präsident Obama dem Kongress noch ein Budget von 600 Milliarden Dollar vorgeschlagen, um das Gesundheitswesen bis 2019 zu erneuern. Die Vorsitzenden von fünf verschiedenen Kongresskomitees hatten sich geeinigt, dass eine Gesundheitsversicherung für alle Bürger Pflicht sein sollte, und dass Arbeitgeber sich an den Versicherungskosten beteiligen sollen. Darüber hinaus soll eine öffentliche Gesundheitsversicherung als Alternative zur privaten Versicherung angeboten werden.

Nun liegt ein erster Gesetzentwurf vor. Die Demokraten des US-Senats haben ein umfassendes Dokument mit dem Titel "Erschwingliche Gesundheitsversicherung" entworfen. Es befasst sich sowohl mit der Notwendigkeit einer Versicherung für die Bürger, denen das Geld fehlt, sich zu versichern, als auch mit Kostendämpfungsplänen. Dieser Entwurf gilt als politischer Schlachtruf: einerseits motiviert Obama seine Partei, eine Reform bis zum Jahresende unter Dach und Fach zu bringen, andererseits erwacht mit ihm auch die laute Oppositionspartei. Die Republikaner setzen sich gegen eine staatliche Krankenversicherung ein, die in direkter Konkurrenz zu den privaten Versicherungen steht. Senator Charles E. Schumer schlug als Kompromiss vor, dass eine staatliche Versicherung den gleichen Vorschriften wie die private unterliegen müsse, und dass sich diese Krankenversicherung allein von den Prämien und Gebühren und ohne staatlichen Zuschuss finanzieren solle.

Die große Frage besteht jedoch darin, wie die Krankenversicherung für die bislang nicht Versicherten bezahlt werden soll. Immerhin wird in den USA aber wieder offen über die Probleme im Gesundheitswesen diskutiert. Der Wahlkampfslogan Obamas gibt Hoffnung: "Change."

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