Arzneimittel und Therapie

Aktiviertes Immunsystem soll Grippeviren stoppen

Bei der Bekämpfung viraler Infektionen stehen bisher verschiedene Optionen zur Verfügung, die sich gegen das Virus selbst richten wie Impfstoffe oder Virustatika. Französische Wissenschaftler haben jetzt im Tierversuch nachgewiesen, dass es möglich ist, virale Infektionen auch durch eine gezielte Aktivierung von Komponenten des Immunsystems erfolgreich zu bekämpfen [1]. Die Versuche wurden zunächst ausschließlich mit einem Stamm des Grippevirus H1N1 durchführt, zeigen jedoch einen grundsätzlich neuen Therapieansatz auf.
Suche nach einem Impfstoff Im Tierversuch wurden H1N1-Grippeviren durch eine spezifische Aktivierung des körpereigenen Immunsystems erfolgreich bekämpft.
Foto: Chiron Vaccines

In den letzten Wochen wurde im Zusammenhang mit der aktuellen Grippepandemie immer wieder deutlich, wie schwierig es ist, geeignete Arzneimittel in ausreichender Menge gegen Virusinfektionen bereitzustellen oder aber möglichst rasch spezifische Impfungen zu entwickeln [2, 3]. Das Hauptproblem stellen immer wieder neu auftretende, nicht vorhersehbare Mutationen der Krankheitserreger dar, die zu Stämmen mit unterschiedlicher Virulenz führen können.

Aktivierung des körpereigenen Immunsystems

Französische Wissenschaftler haben jetzt einen vielversprechenden Ansatz gefunden, wie Infektionskrankheiten durch Viren erfolgreich bekämpft werden könnten. Durch eine Aktivierung des körpereigenen Immunsystems überlebten Mäuse, die mit einem normalerweise für sie tödlichen Laborstamm von H1N1-Viren infiziert waren, diese Infektion.

Eine Schlüsselfunktion bei diesem Ansatz haben offensichtlich bestimmte Proteine, die Protease-aktivierten Rezeptoren (PARs). Proteasen wie die Mastzell-Tryptase oder Thrombin beeinflussen als Signalmoleküle über eine spezifische Aktivierung von Protease-aktivierten Rezeptoren wichtige Funktionen wie Entzündung, Wachstum, Apoptose und Motilität. Der Protease-aktivierte Rezeptor-2 (PAR2) wird in größerem Ausmaße im Respirationstrakt gebildet, seine Rolle bei Virusinfektionen war bislang nicht bekannt. Diese wurde bei den Untersuchungen im Zusammenhang mit der Influenza-Pathogenese geklärt. In vitro bewirkte eine Stimulierung von PAR2 eine Hemmung der Replikation von Grippeviren des Typs A durch die Bildung des Zytokins Interferon (INF) γ. Im Tierversuch wurden Mäuse mit H1N1-Viren infiziert. Dann erhielten sie über die Nase als Agonisten ein Peptid, das PAR2 aktiviert. Die Virusinfektion wurde daraufhin durch die Produktion von Zytokinen gestoppt. Außerdem hemmte PAR2 den Entzündungsprozess der Lungen. In Interferon-γ-defizienten Mäusen hingegen wurde der protektive Effekt des PAR2-Agonisten vollständig aufgehoben. Im Vergleich zu den Wildtyp-Mäusen waren PAR2-defiziente Mäuse auch wesentlich anfälliger für eine Infektion mit Grippeviren und zeigten ernsthaftere Lungenentzündungen.

Das eingesetzte H1N1-Grippevirus wird weltweit für Labortests genutzt. Auch die aktuelle Grippepandemie wird durch ein H1N1-Virus verursacht. Die einzelnen Virusstämme sind unterschiedlich gefährlich und weitere Untersuchungen sollen zeigen, ob mit anderen Stämmen vergleichbare Ergebnisse erhalten werden.

 

Quelle

[1] Khoufache, K.; et al.: Protective Role for Protease-Activated Receptor-2 against Influenza Virus Pathogenesis via an IFN-γ-Dependent Pathway. J. Immunol. 2009, 182(12); 7795 –7802.

[2] Haltbarkeit von Tamiflu verlängert. Dtsch. Apoth. Ztg. 2009, 149(20); 2232.

[3] H1N1-Impfstoff soll bald zur Verfügung stehen. Dtsch. Apoth. Ztg. 2009, 149(25); 2814.

 

Dr. Hans-Peter Hanssen

 

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