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Schild unter Druck – FDP fordert Entlassung

SAARBRÜCKEN (cr). Während sich Celesio und DocMorris im Zusammenhang mit der erzwungenen Schließung ihrer Fremdbesitzapotheke weiterhin kompromisslos kampfbereit zeigen, nimmt der politische Druck auf den saarländischen Staatssekretär Wolfgang Schild (CDU) zu. Die FDP-Fraktion im saarländischen Landtag fordert Schilds Entlassung.

Seine dubiose Rolle bei der Erteilung der Betriebserlaubnis für die Fremdbesitzapotheke in Saarbrücken macht dem Staatssekretär im saarländischen Ministerium für Justiz, Gesundheit, Arbeit und Soziales zunehmend zu schaffen. Manfred Baldauf, gesundheitspolitischer Sprecher der Saar-FDP im Landtag, fordert Ministerpräsident Peter Müller (CDU) auf, Schild umgehend zu entlassen: "Herr Schild ist nicht mehr tragbar. Er ist selbst Richter und von einem Richter verlange ich, dass er das deutsche Recht kennt. Dass das Ministerium die Betriebserlaubnis erteilt hat, war ein verfassungsrechtlicher Fehlgriff, der besonders schwer wiegt, wenn er – wie hier – aus dem Justizministerium kommt." Selbst nach den Schlussanträgen von Generalanwalt Yves Bot, ja sogar noch nach Verkündung der EuGH-Entscheidung sei der Staatssekretär "vollkommen uneinsichtig" gewesen. Und weiter: "Die Exekutive hat bei Gesetzen keine Verwerfungskompetenz. Wer das Apothekenrecht ändern möchte, muss den korrekten Weg über den Bundestag oder den Bundesrat gehen." Stattdessen habe das Ministerium und sein Staatssekretär gegenüber untergeordneten Dienststellen angeordnet, "sehenden Auges deutsches Recht zu brechen". Das Verhalten Schilds bei der mündlichen Verhandlung vor dem Europäischen Gerichtshof hat für Baldauf das Fass vollends zum Überlaufen gebracht. Dort war der saarländische Staatssekretär, so der Gesundheitspolitiker, wie ein Interessenvertreter von DocMorris aufgetreten.

Vieles weiterhin im Dunkeln

Baldauf hatte das DocMorris-Verfahren des früheren Hecken-Ministeriums von Anfang an kritisch begleitet. Schon am 11. Oktober 2006 war von ihm im Landtag eine Anfrage zur "Ministeriellen Arbeitsgruppe ‚DocMorris‘" gestellt worden, nachdem die DAZ über eine Arbeitsgruppe unter Mitwirkung von Schild, DocMorris-Rechtsanwalt Diekmann sowie mehreren Richtern berichtet hatte, die im Geheimen das Erlaubnisverfahren für DocMorris rechtlich prüfen und vorbereiten sollte (DAZ 2006, Nr. 34, S. 3). Die Anfrage Baldaufs blieb in der Sache jedoch bis heute – unter Hinweis auf den Datenschutz! – weitgehend unbeantwortet.

Besonders bemerkenswert ist die Forderung Baldaufs, Schild zu entlassen, vor dem Hintergrund, dass es sich bei der FDP um den Koalitions-Wunschpartner der CDU nach der Landtagswahl im August handelt. Die CDU wird kaum in der Lage sein, ihre absolute Mehrheit der Sitze im saarländischen Landtag zu verteidigen. Sie braucht die FDP.

"Neoliberaler Kurs"

Kritik am Verhalten des Saarlands und Schilds hatten zuvor auch schon die anderen Oppositionsparteien geäußert. Für den Vorsitzenden der SPD-Landtagsfraktion, Heiko Maas, ist die EuGH-Entscheidung eine "Ohrfeige für den neoliberalen Kurs der Landesregierung". Der Herausforderer des amtierenden Ministerpräsidenten Peter Müller weiter: "Ohnehin stellte sich für die SPD immer wieder die Frage, wieso die saarländische Landesregierung eine niederländische Kapitalgesellschaft dabei unterstützen wollte, dem saarländischen Mittelstand, zu dem die 350 Apotheken im Saarland mit 3000 Mitarbeitern gehören, das Leben schwer zu machen." Auch der wirtschaftspolitische Sprecher der Linken, Heinz Bierbaum, kritisierte die Landesregierung und das saarländische Gesundheitsministerium scharf.

Schild geht‘s "einstweilen gut"

Dies alles scheint – zumindest bis dato – Schild nicht anzufechten. Entlassungsforderungen und Fragen nach seiner politischen Zukunft begegnet er mit der Feststellung, dass es ihm "einstweilen gut" gehe. Offensichtlich verlässt sich der Staatssekretär auf seinen Ministerpräsidenten, der seinerzeit den Bruch des deutschen Apothekenrechts durch den früheren Gesundheits- und Justizminister Josef Hecken ausdrücklich mitgetragen hatte. Ob die Liaison auch über den Wahltag hinaus hält? Heute will in der Staatskanzlei niemand mehr zum "Fall Hecken/Schild/DocMorris" Stellung nehmen. Zuständig sei hierfür ausschließlich das Ministerium für Justiz, Arbeit, Gesundheit und Soziales unter der jetzigen Leitung von Gerhard Vigener. Ihn scheint die Hecken-Erblast samt ihrem eifernden Staatssekretär inzwischen gehörig zu nerven.

Junge Union Saar hält Schild die Stange

Ausdrückliche Unterstützung erhält Schild einstweilen nur von der Jungen Union im Saarland. Und ihr Vorsitzender Roland Theis legt dabei mit Blick auf die FDP seinen Finger in eine offene Wunde: "Die Saar-FDP verhält sich unglaubwürdig, wenn ihr Kandidat zur Europawahl Jorgo Chatzimarkakis die Liberalisierung des Arzneimittelmarktes fordert, während der FDP-Bundestagsabgeordnete und die FDP-Landtagsfraktion den Schutz der Eigentümerapotheken predigen."

Wo steht "Chatzi"?

In der Tat hatte sich Chatzimarkakis, der soeben wieder für die FDP ins Europaparlament gewählt wurde und gleichzeitig Generalsekretär der Saar-FDP ist, in der Vergangenheit als offener Sympathisant des Fremd- und Mehrbesitzes geoutet. Auf Celesio/Gehe-Veranstaltungen ist er ein gern gesehener Gast. Kurz vor der Entscheidung des EuGH hatte er zusammen mit Biggi Bender (Bündnis 90/Die Grünen) auf dem BVDVA-Versandhandelskongress Generalanwalt Yves Bot für befangen erklärt, weil dessen Frau – was bekannt war – Pharmazeutin ist und früher eine Apotheke besessen hatte. Dies werden ihm viele Apothekerinnen und Apotheker noch lange übel nehmen, auch wenn "Chatzi" wenige Tage nach Verkündung des EuGH-Urteils in einem DAZ-Interview den geordneten Rückzug antrat und die Luxemburger Entscheidung begrüßte. Wahr ist freilich auch: Chatzimarkakis plädiert seit geraumer Zeit für eine Fusion von FDP und Bündnis 90/Die Grünen ("Grüne und FDP, vereinigt Euch!"). Hierfür formulierte das Mitglied des FDP-Bundesvorstandes eigens ein Strategiepapier. Mit Ketten-Fan Biggi Bender kann er gut – und auch mit dem Grünen-Vorsitzenden Cem Özdemir. Mit ihm hat der Deutsch-Grieche das harmonische Miteinander schon einmal getestet – in einer Zweck- Wohngemeinschaft, die beide bis Weihnachten letzten Jahres in Brüssel miteinander geteilt hatten …

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