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Schlechte Noten für Deutschland

Nach der PISA-Studie und dem Mindestlohn-Vergleich: Wieder einmal schneidet Deutschland bei einem internationalen Ranking schlecht ab. Dieses Mal geht es um eine Untersuchung zur Frage "Wie sozial ist Europa?"

Im europäischen Vergleich ist Deutschland weit abgeschlagen, so das Resümee von Dr. Daniel Dettling und Markus Becker von der Agentur berlinpolis e. V., die die Studie publiziert hat: Lediglich den 19. von 27 Plätzen nimmt die Bundesrepublik bei Fragen zur sozialen Gerechtigkeit ein – und liegt damit noch hinter Tschechien, Bulgarien und Polen. Spitzenreiter sind Schweden, Dänemark und die Niederlande mit hervorragender sozialer Sicherung.

Überalterung als finanzielles Risiko

Als besonderen Minuspunkt hat berlinpolis das Generationenverhältnis identifiziert. Gerade in Deutschland besteht ein immenses Ungleichgewicht zwischen der Jugend und der Generation 65 plus; Probleme sind damit gerade beim Rentensystem vorprogrammiert. Vergrößert hat sich dementsprechend auch die Altersarmut – die Risiken sind nicht stark genug abgepuffert. Viele Bürger, die in den nächsten Jahren in Rente gehen, konnten sich durch private Zusatzangebote oder die Riesterrente nicht adäquat absichern. Nur durch eine gesteuerte Zuwanderungspolitik oder durch stärkere Anreize für Familien, Kinder zu bekommen, könnte demographisch gegengesteuert werden.

Platz 15 im Bildungsbereich

Auch im Bildungsbereich sieht es überwiegend düster aus. Die Zahl der Schulabgänger ohne Abitur wird als vergleichsweise hoch bewertet. Hinzu kommt ein dramatisches sozioökonomisches Gefälle: Kinder, deren Eltern ein hohes Bildungs- oder Gehaltsniveau erreicht haben, schneiden in der Schule meistens besser ab. Besonders schlecht hingegen ist es um Migrantenkinder bestellt. Die Integration von ausländischen Mitbürgern ist hierzulande ohnehin problematisch.

Bei den Chancen der Langzeitarbeitslosen belegt Deutschland sogar den drittletzten Platz.

Relativ gute Bewertung bei Geschlechtergerechtigkeit

Einziger Lichtblick: Die Gleichstellung von Frauen und Männern wurde als vergleichsweise gut bewertet. So zeigt die Untersuchung, dass die Arbeitslosenquote in Deutschland kaum vom Geschlecht abhängig ist. Bei weiteren Genderthemen belegt Deutschland gute Mittelplätze, während unser Nachbarland Österreich in diesen Punkten sehr schlecht abschneidet.

Barbara Neusetzer, Erste Vorsitzende von ADEXA, findet die Ergebnisse der Untersuchung "erschreckend". In den letzten Jahren habe die Politik viele Punkte, die bereits die Vorgängerstudie vom Jahr 2006 angeprangert hat, nicht bearbeitet. "Geht es der Wirtschaft gut, ist kein Gehör für soziale Fragen zu finden. Und in Zeiten der Wirtschaftskrise fehlen die Gelder", resümiert Neusetzer. Ein Umdenken hält sie für dringend erforderlich.

Für die Studie "Wie sozial ist Europa?" haben die Autoren verschiedene Datenquellen der Bereiche Einkommensverteilung, Arbeitsmarkt, Bildungschancen und Gleichstellung ausgewertet. Die Agentur berlinpolis versteht sich als unabhängiger Ideenproduzent für die nächste Generation mit den Schwerpunkten Gesellschaft, Nachhaltigkeit, Generationengerechtigkeit, Innovation und Bildung. Sie setzt sich speziell für die Belange der jüngeren Generation ein und berät Unternehmen und öffentliche Einrichtungen.

Michael van den Heuvel

Internet

www.berlinpolis.de, Aktuelles

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