Arzneimittel und Therapie

Neuer Therapieansatz für das Pankreaskarzinom

Charakteristisch für Bauchspeicheldrüsenkrebs ist, dass Frühsymptome selten sind und der Tumor erst in fortgeschrittenen Stadien diagnostiziert wird. Auch ist der Tumor gegen die meisten Chemotherapeutika resistent. So besteht für die überwiegende Zahl der Erkrankten kaum eine Aussicht auf Heilung. In einer präklinischen Studie konnte jetzt im Tierversuch mit einer Kombinationstherapie von der Substanz IPI-926, die sich von einem pflanzlichen Steroidalkaloid ableitet, und dem Zytostatikum Gemcitabin eine Verdoppelung der Lebenszeit erzielt werden.

Etwa 3% aller Krebserkrankungen sind Karzinome der Bauchspeicheldrüse. Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei 69 (Männer) bzw. 76 Jahren (Frauen). Die Zahl der jährlichen Neuerkrankungen beträgt bei Männern etwa 6300, bei Frauen 6600. Die Überlebenszeit beim Pankreaskarzinom beträgt durchschnittlich nur wenige Monate. Die relative Fünf-Jahres-Überlebensrate liegt für Frauen bei 7,6% und für Männer bei 6,4%; sie ist vor allem deswegen so gering, weil Pankreaskarzinome erst sehr spät erkannt werden. So sind sie die vierthäufigste Krebstodesursache aller Krebstodesfälle (6,7% bei Frauen, 5,8% bei Männern).

Geringe Durchblutung als Ursache für erfolglose Chemotherapie

Im Gegensatz zu anderen soliden Tumoren besitzen Pankreaskarzinome nur wenige Blutgefäße. Das Tumorgewebe besteht weitgehend aus fibrösem Bindegewebe, in dem nur wenige Krebszellen verstreut sind. Die schlechte Durchblutung hat zur Folge, dass Zytostatika nicht in der benötigten Dosis in das Zielgewebe gelangen. Die Wissenschaftler einer internationalen Arbeitsgruppe konnten jetzt an einem genetisch veränderten Mäusestamm ein Pankreaskarzinom auslösen, das in allen wesentlichen Merkmalen dem des Menschen entspricht. Die schlechte Durchblutung des Tumorgewebes ließ sich durch die Gabe der Substanz IPI-926 deutlich verbessern. Bereits früher wurde erkannt, dass der Wirkstoff ein Inhibitor des sogenannten zellulären "Hedgehog-Signalweges" ist. Dieser Signaltransduktionsweg, durch den Zellen auf äußere Signale reagieren können, induziert bei Wirbeltieren während der Embryonalentwicklung die Rechts-links-Symmetrie und ist für die korrekte Bildung von Gliedmaßenanlagen verantwortlich.

Beim Pankreaskarzinom bewirkte IPI-926 nicht nur einen Rückgang des Stromagewebes, sondern erhöhte auch die Zahl der Blutgefäße. Als Folge gelangte auch das Zytostatikum Gemcitabin effizienter in das Gewebe und erreichte dort eine wesentlich höhere Konzentration. Eine Kombinationstherapie führte zu einer Verdoppelung der Lebenszeit bei den Labortieren. Die Wissenschaftler folgern, dass die unzureichende Wirkstoffzuführung eine Erklärung für die weit verbreite Zytostatikaresistenz beim Pankreaskarzinom sein könnte.

Der Wirkstoff IPI-926 lässt sich vom Cyclopamin ableiten, einem Steroidalkaloid aus dem Weißen Germer (Veratrum californicum Durand, Melanthiaceae). Die Pflanze wird bis zu zwei Meter groß und kommt auf Bergwiesen im südwestlichen Nordamerika und in den Rocky Mountains vor. Bereits früher war Cyclopamin in präklinischen Studien als potenter In-vivo-Inhibitor von UV-B-induzierten Basalzellenkarzinomen beschrieben worden.

 

Quelle

 Gesundheitsberichterstattung und Epidemiologie, "Krebs in Deutschland 2003 – 2004. Häufigkeiten und Trends", www.rki.de 

Olive, K. P.; et al.: Inhibition of Hedgehog Signaling Enhances Delivery of Chemotherapy in a Mouse Model of Pancreatic Cancer. Science 2009, (DOI: 10.1126/science.1171362).

 Athar, M.; et al.: Inhibition of Smoothened Signaling Prevents Ultraviolet B-Induced Basal Cell Carcinomas Through Regulation of Fas Expression and Apoptosis. Cancer Res. 2004; 64(20), 7545-7552.

 

 

Dr. Hans-Peter Hanssen

 

 

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