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Mehr ausprobieren

BERLIN (diz). Aus Krankenkassensicht setzte sich Prof. Dr. h. c. Herbert Rebscher, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Angestellten Krankenkassen, mit dem Gesundheitsfonds und seinen Auswirkungen auseinander. Dem Fonds attestierte er keine lange Halbwertszeit. Eine neue GKV-Finanzierungsreform sei essenziell, so Rebscher in seinem Vortrag am 8. Mai auf dem Wirtschaftsforum des Deutschen Apothekerverbands in Berlin. Er wünsche sich für die Zukunft, mehr neue Versorgungsformen ausprobieren zu können.
"Wir könnten viel tun ..." Herbert Rebscher
Foto: DAZ/Sket

Der Gesundheitsfonds wird mit den eingezahlten Beiträgen nicht zurechtkommen, prognostizierte der DAK-Vorsitzende. In diesem Jahr wird der Staat drei Milliarden zuschießen, 2010 wird er weitere drei Milliarden brauchen. Diese sechs Milliarden sollten dann 2011 zurückgezahlt werden, was nicht möglich sein wird. Denn die Einnahmeseite wurde verstaatlicht. Nur über die in engem Rahmen gegebene Möglichkeit, Zusatzbeiträge zu erheben, sei ein geringer Einfluss auf Einnahmen möglich. Die Bedarfslage und die Demografie der Bundesrepublik (immer mehr Ältere) rufen aber nach mehr Mitteln für die Versorgung immer mehr chronisch Kranker und Multimorbider.

Als Herausforderung nannte es Rebscher, den Versicherten die Notwendigkeit solcher Zusatzbeiträge zu erklären, insbesondere den 80% gesunden Versicherten, die noch keine Leistungen in Anspruch nehmen. Die Zahlungsbereitschaft der gesunden Versicherten sei für Zusatzbeiträge nicht hoch. Sie müssten verstehen, dass die 20% der Versicherten, die krank sind, etwa 80% der Leistungen in Anspruch nehmen. Rebscher: "Wir haben beste Produkte, die die Mehrheit unserer Versicherten nicht braucht."

Freiheitsgrade nutzen

Rebscher zeigte sich aufgeschlossen, neue Versorgungsformen zu erproben: "Wir unterschätzen die Freiheitsgrade, die unser System heute schon bietet. Wir könnten viel tun, wenn auch risikobehaftet." Neue Verträge sollten eine Innovationskomponente haben, die Qualität der Versorgung steigern, kundenorientiert sein und eine patientengerechte Versorgung bieten. Möglichkeiten, neue Versorgungsformen zu erproben, seien mit den beiden letzten Reformgesetzen geschaffen worden, beispielsweise die hausarztzentrierte Versorgung (§ 73 b) und die ambulante ärztliche Versorgung (§ 73 c), medizinische Versorgungszentren (§ 95), ambulante Behandlung durch Krankenhäuser (§ 116 a), ambulante Erbringung hochspezialisierter Leistungen (§ 116 b Abs. 2), DMP (§ 137 f) und Integrierte Versorgung (§ 140 a – d). Solche neuen Versorgungs- und Kooperationsformen könnten am besten über Selektivverträge umgesetzt werden. Man sollte dabei aber vorsichtig vorgehen, so der DAK-Chef. Auch integrierte Versorgungsverträge bieten Gestaltungsspielräume für neue Versorgungsansätze – hier sollte man mehr ausprobieren.

Sein Fazit zu Hausarztmodellen fällt eher enttäuschend aus. Und zum Thema Rabattverträge meinte Rebscher: Der Erfolg von Rabattverträgen wird im magischen Dreieck von Kundenzufriedenheit, Qualität und Kosten erzielt.

Rebscher wünschte sich für die Zukunft, generell mehr ausprobieren zu dürfen unter der Klausel, dass nach drei Jahren eine Evaluierung erfolgen sollte, was der Versuch gebracht habe. So könnten neue Versorgungs- und Kooperationsformen zeigen, ob sie einen Nutzen bieten und erfolgreich sind.

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