Aus Kammern und Verbänden

Doppeljubiläum im GGIZ Erfurt

15 Jahre Gemeinsames Giftinformationszentrum (GGIZ) am Helios Klinikum in Erfurt und fünf Jahre Kooperation des GGIZ mit dem GIZ Nord am Universitätsklinikum Göttingen waren der Anlass, in einer Festveranstaltung am 24. April in Erfurt die Erfolge zu würdigen und einen Ausblick in die Zukunft zu richten.

Der Staatssekretär im Thüringer Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit (TMSFG), Dr. Falk Oesterheld, zog eine kurze Bilanz des GGIZ und erinnerte an die Eröffnungsveranstaltung vor 15 Jahren: "Damals haben wir ein Konzept zur Errichtung einer neuen Organisationsstruktur und einer neuen Länderkooperation im Vergleich zu den bereits bestehenden Giftinformationseinrichtungen in der Bundesrepublik vorgestellt. Die Erwartungen damals waren sehr groß. Heute können wir mit Stolz auf das zurückblicken, was im Laufe der vergangenen 15 Jahre geschaffen worden ist. (…) Das kostenlose Beratungstelefon des GGIZ ist heute nicht mehr wegzudenken und hat sich in 15 Jahren zu einer unverzichtbaren Anlaufstelle für schnelle und kompetente Beratung entwickelt. – Eine Beratung, die sprichwörtlich ‚wie gerufen‘ kommt."

Oesterheld dankte auch der Leitung des Helios Klinikums für die professionelle Einbindung des GGIZ in den Betrieb des Klinikums und die dabei geleistete vielfältige Unterstützung.

Konzeption und Anfänge des GGIZ

Anhand zahlreicher Zeitdokumente legte Prof. Dr. Hans-Peter Klöcking vom damaligen Institut für Pharmakologie und Toxikologie der Medizinischen Hochschule Erfurt dar, dass in diesem Institut von 1967 bis 1983 der Toxikologische Auskunftsdienst (TAD) erfolgreich arbeitete. Aufgrund seiner Erfahrungen und fachlichen Kompetenz wurde Klöcking der geistige Vater des am 14. Oktober 1991 erarbeiteten Konzepts des GGIZ. Anschließend wurde das Konzept in den Ländern Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen vorgestellt und intensiv beraten. Am 7. Januar 1992 stimmten diese beteiligten Länder zu und sprachen sich für den Standort am Klinikum Erfurt aus.

Dr. Jürgen Keiner, ehemaliger MinR im TMSFG, erinnerte daran, dass es ein Vorbild für den Aufbau einer Vier-Länder-Einrichtung in den alten Bundesländern nicht gab. Rechtliche Grundlage des GGIZ ist das "Verwaltungsabkommen über die Unterhaltung eines Gemeinsamen Giftinformationszentrums (GGIZ) in Erfurt", das durch Kabinettsbeschlüsse in den beteiligten Ländern zwischen 1992 und 1993 autorisiert wurde. Noch 1993 folgte die Geschäftsordnung des Verwaltungsrates. Bei allen finanziellen Planungen waren und sind die Haushaltsordnungen der vier Länder zu berücksichtigen. Den finanziellen Alltag bestimmt die LHO Thüringen.

Nach der Umwandlung der Medizinischen Hochschule Erfurt in ein Klinikum der Maximalversorgung wurde das GGIZ als rechtlich unselbstständige Einrichtung auf der Grundlage vertraglicher Vereinbarungen weitergeführt.

Nach nur zwei Jahren Konzeptions-, Planungs- und Bauzeit hat der Giftnotruf Erfurt (03 61) 730 730 am 1. Januar 1994 seine Tätigkeit aufgenommen; er ist seit 15 Jahren ohne Unterbrechung zu jeder Tages- und Nachtzeit an allen Tagen des Jahres erreichbar. Von Anbeginn sind im GGIZ sechs Ärzte, eine Apothekerin, ein Chemiker, eine Bibliothekarin und eine Sekretärin tätig.

Da das GGIZ die Dokumentation des aufgelösten TAD in Berlin-Weißensee vollständig übernommen hat, ist es auch in der Lage, zu allen in der DDR angewendeten Arzneimitteln und chemischen Produkten Auskünfte zu erteilen.

Wie Keiner ausführte, dienten die rechtlichen Grundlagen des GGIZ als Vorbild für die Gründung des GIZ Nord am Universitätsklinikum Göttingen, das von den Ländern Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein getragen wird und 1996 seine Tätigkeit aufnahm.

Aus der Praxis des GGIZ

Seit 1996 leitet Dr. med. Helmut Hentschel das GGIZ. Er hob hervor, dass das Vertrauensverhältnis zwischen beratendem und behandelndem Arzt für die erfolgreiche Arbeit des GGIZ entscheidend ist.

Um eine möglichst breite medizinische Kompetenz abzudecken, sind im Erfurter Team Fachärzte verschiedener Gebiete tätig. Auch Laien, die sich an das GGIZ wenden, erhalten individualmedizinisch ausgerichtete Ratschläge.

Seit 1994 hat sich die Zahl der Anfragen an das GGIZ mehr als verdreifacht. Im vergangenen Jahr wurden fast 20.000 Beratungen durchgeführt, davon über 80 Prozent bei Vergiftungsfällen. Teilt man die Kosten des GGIZ durch die Zahl aller Anfragen, ergeben sich durchschnittlich 49 Euro pro Fall. Wenn durch die Beratung die Einweisung in ein Krankenhaus vermieden wird (Kosten in Thüringen 381 Euro pro Tag), bedeutet dies jeweils eine enorme Kostenersparnis. Zudem tragen die Empfehlungen an die behandelnden Ärzte zur Verkürzung der Behandlungs- und Überwachungsdauer und zur Vermeidung von Komplikationen bei.

Kooperation von GGIZ und GIZ Nord

Die Erfahrungen bei der seit April 2004 bestehenden Zusammenarbeit des GGIZ mit dem GIZ Nord in Göttingen stellte dessen Leiter Dr. Herbert Desel dar. Die Zentren wechseln sich beim Nachtdienst ab, was die Kosten senkt. Auch bei einem technischen Störfall würde das jeweils andere Zentrum die Giftberatung sicherstellen. Bei regelmäßigen Treffen diskutieren die beratenden Ärzte in Erfurt und Göttingen aktuelle Fragen ihrer Tätigkeit und bilden sich auf klinisch-toxikologischem Gebiet fort. Durch das große Einzugsgebiet werden aktuelle Häufungen von Vergiftungsfällen rasch erkannt (Toxikovigilanz), sodass die Gesundheitsbehörden unverzüglich Maßnahmen zur Gefahrenabwehr treffen können. Die weitere Kooperation wird sich auf den Aufbau einer gemeinsamen Datenbasis zur Auswertung der Vergiftungsfälle und die Erarbeitung von qualitätsgesicherten Beratungsunterlagen für beide Zentren konzentrieren.

Die Teilnehmer der Festveranstaltung konnten nach den Vorträgen die 2003 bezogenen neuen Räume des GGIZ mit ihrer modernen Ausstattung in Augenschein nehmen.

MinR a. D. Dr. J. Keiner Dr. H. Hentschel

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