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Arzneimittelversorgung ist mehr als Distribution!

BAD HOMBURG (du). Anhaltende gesundheitspolitische Unruhen, berufspolitische Unwägbarkeiten und erhebliche ökonomische Bedrohungen machen auch den krankenhaus- und heimversorgenden Apothekern zu schaffen. Im Kampf gegen staatliche Eingriffe verbucht der Bundesverband der klinik- und heimversorgenden Apotheker (BVKA) allerdings einen Etappensieg. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte am 11. September 2008 entschieden, dass die inhaltlichen Vorgaben des § 14 Apothekengesetz für die Arzneimittelversorgung von Krankenhäusern mit europäischem Recht vereinbar sind und eine entsprechende Klage der Europäischen Kommission abgewiesen. Mit Hochspannung wird nun das für den 19. Mai 2009 angekündigte Urteil zum Fremdbesitzverbot erwartet.
Neuer BVKA-Vorstand. Im Rahmen der Mitgliederversammlung des BVKA wurde am 5. Mai 2009 der Vorstand neu gewählt. Er setzt sich wie folgt zusammen (von links nach rechts): Michael Marxen, Wesseling, Schatzmeister; Detlef Steinweg, Castrop-Rauxel, 2. Vorsitzender - Heimversorgung; Dr. Klaus Peterseim, Essen, 1. Vorsitzender; Karl-Heinrich Reimert, Göttingen, 2. Vorsitzender Klinikversorgung; Christian Suter, Gründau-Lieblos, Schriftführer.
Foto: DAZ/du

Der § 14 Apothekengesetz (ApoG) verpflichtet die zuständigen Behörden, bei der Genehmigung eines Vertrags zur Versorgung von Krankenhäusern mit Arzneimitteln zu prüfen, ob die Lage und Entfernung der versorgenden Apotheke die Gewähr für eine den gesetzlichen Vorgaben entsprechende Versorgung bietet. Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs bestätigt damit die Vereinbarkeit der Versorgung aus einer Hand mit dem europäischem Recht. Dr. Klaus Peterseim, erster Vorsitzender des Bundesverbandes klinik- und heimversorgender Apotheker sieht in dem Urteil einen herausragenden Erfolg der engen Zusammenarbeit zwischen ABDA und BVKA. Das Urteil hat auch den Blick der Öffentlichkeit auf die Arbeit der Apotheker im Krankenhaus gelenkt. Diese Aufmerksamkeit möchte Peterseim nutzen, um verstärkt auf die Anliegen der klinik- und heimversorgenden Apotheker aufmerksam zu machen und den BVKA noch mehr als bisher im gesundheitspolitischen Umfeld zu positionieren. Er möchte der Öffentlichkeit klar machen, dass die Arzneimittelversorgung nur zu einem kleinen Teil aus der Distribution besteht. Der Versorgungsgedanke müsse konsequent unter Nutzung der Kompetenzen der Apotheker ausgebaut werden. Das Thema Medikationsmanagement werde dazu sowohl im Heim, im Krankenhaus als auch in der Offizin die Ansatzpunkte dafür liefern.

Auch wenn das Urteil zu § 14 ApoG eindeutig ausgefallen ist, droht nach Peterseim eine Aushöhlung des § 14 durch die Genehmigungsbehörden. Wenn Verträge genehmigt werden, bei denen das zu versorgende Krankenhaus 140 km entfernt liegt, könne von einer Versorgung und speziell einer im Gesetz vorgesehenen Akutversorgung nicht mehr die Rede sein. Der BVKA hat daher in einem Schreiben die Obersten Gesundheitsbehörden der Länder aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass die für die Genehmigung zuständigen Behörden die gesetzlichen Vorgaben strikt einhalten. Der BVKA behält sich vor, gegen die ihm bekannt werdenden rechtswidrigen Genehmigungen politisch und juristisch vorzugehen.

Hochspannung vor dem EuGH-Urteil zum Fremdbesitzverbot

Auch der BVKA erwartet das Urteil des Europäischen Gerichtshofs zum Fremdbesitzverbot am 19. Mai 2009 mit Hochspannung. Das unerwartet deutliche Plädoyer des Generalanwalts Yves Bot habe Anlass für vorsichtigen Optimismus gegeben. Für den Fall, dass der EuGH die geltende Rechtslage bestätigt, habe man zumindest Zeit gewonnen, so Peterseim. Zurücklehnen könne man sich jedoch nicht. Diese Ansicht teilte auch Rechtsanwalt Dr. Johannes Pieck, juristischer Berater des BVKA. In seinem im Rahmen der BVKA-Tagung gehaltenen Vortrag zur aktuellen politischen Lage skizzierte er die Probleme, die sich sowohl nach einem positiven als auch negativen Ausgang des laufenden Verfahrens ergeben könnten. Bei einem positiven Ausgang sei zunächst die Frage formal beantwortet, dass das Verwaltungsgericht Saarlouis die Betriebserlaubnis für die DocMorris-Apotheke zu Unrecht erteilt habe. Sie müsse dann zurückgezogen werden. Doch dagegen könne vorgegangen werden und der Klageweg werde entsprechend Zeit in Anspruch nehmen. Besonderen Handlungsbedarf sieht Pieck jedoch für den Fall, dass der EuGH zu dem Urteil kommt, das Fremdbesitzverbot sei mit Europarecht unvereinbar. Dann sind neue gesetzliche Regelungen erforderlich. Der BVKA will dabei die Entstehung eines neuen Apothekengesetzes und einer neuen Apothekenbetriebsordnung so begleiten, dass die Qualität und Sicherheit der Arzneimittelversorgung sowohl in der Klinik als auch im Heim durch klare Vorgaben möglichst wenig geschwächt werden. Pieck wies auf die Gefahr hin, dass aufgrund fehlender klarer Instruktionen bei einem Fall des Fremdbesitzverbotes schon gleich im Anschluss an das Urteil von den zuständigen Behörden Genehmigungen erteilt werden, ohne dass im Rahmen einer Übergangsfrist die Gesetze entsprechend angepasst worden sind. Hier sieht er dringenden Handlungsbedarf. Damit sichergestellt wird, dass Genehmigungen erst nach Anpassung der Gesetze erteilt werden, müsse der Bund von den Ländern ein bundesfreundliches Verhalten einfordern und darauf drängen, dass die Länder und die ihnen untergeordneten genehmigenden Behörden entsprechende Genehmigungen erst nach Änderung der Gesetze erteilen. ABDA, BAK und DAV sollten beim Bundeskanzleramt, Wirtschaftsministerium und Gesundheitsministerium sowie den obersten Gesundheitsbehörden der Länder vorstellig werden, damit diese entsprechend auf die Länder und die genehmigenden Behörden einwirken. Alle Apothekerkammern und Verbände sollten ihrerseits bei den Ländern und den genehmigenden Behörden darauf drängen, dass keine vorschnellen Genehmigungen erteilt werden. Die ABDA hat sich inzwischen in dieser Angelegenheit schon an das Bundeskanzleramt und das Bundesgesundheitsministerium gewandt.

Pick-up-Stellen verbieten!

Nachdrücklich wies Pieck auf die Gefahren der Pick-up-Stellen hin. Sie seien der Einstieg in die großflächige Versorgung über den Versandhandel. Die Apotheker sollten nicht nachlassen, ein klares Verbot der Pick-up-Stellen einzufordern. Dass ein Verbot möglich sei, hätten sowohl Prof. Hilko Meyer, Frankfurt, als auch Prof. Rüdiger Zuck, Stuttgart, in zwei unabhängigen Gutachten festgestellt.

Die ABDA hat in ihrer Stellungnahme zum Regierungsentwurf zur AMG-Novelle vom 29. April 2009 eine dringende Korrektur von Pick-up-Stellen gefordert, jedoch den Begriff Verbot gemieden. Wörtlich heißt es: "Um einer Trivialisierung von Arzneimitteln in der Wahrnehmung durch den Patienten vorzubeugen, ist es erforderlich, Pick-up-Stellen für Arzneimittel zu untersagen, die den Eindruck vermitteln können, Arzneimittel seien – Konsumgütern vergleichbar – beliebig außerhalb von Apotheken erhältlich. Dies könnte die Gefahr eines Arzneimittelmehr- und -fehlgebrauchs erhöhen. Flankierend muss die Rezeptsammlung durch Versandanbieter in Gewerbebetrieben außerhalb von Apotheken ausdrücklich untersagt werden."

Zytostatikapreise: Fairen Wettbewerb gefordert

Der Regierungsentwurf zur 15. AMG-Novelle hat auch den BVKA veranlasst, im Rahmen einer schriftlichen Stellungnahme seine Positionen darzulegen. Insbesondere wird bedauert, dass Überlegungen zur Stärkung der Apotheke im Rahmen des Medikationsmanagements in dem Entwurf unberücksichtigt geblieben sind. Darüber hinaus wehrt sich der BVKA gegen die Umgestaltung des Vergütungssystems für Zytostatika. Hier fordert er vor allem eine Angleichung der Bedingungen für Krankenhausapotheken und Krankenhaus-versorgende Apotheken, so dass ein fairer Wettbewerb möglich ist. So ist geplant, dass künftig die öffentlichen Apotheken zur Zahlung des Herstellerrabatts nach § 130a SGB V herangezogen werden sollen, die Krankenhausapotheke jedoch nicht. Man könne sich zwar auf den Standpunkt stellen, dass Krankenhausapotheken ein Äquivalent zum Herstellerrabatt im Rahmen der Verhandlungslösung zu leisten haben. Wenn man dann aber öffentliche Apotheken in das Korsett der Herstellerrabattpflicht zwingen würde, den Krankenhausapotheken aber Verhandlungslösungen zubilligen würde, so sei dies eine nicht hinnehmbare Ungleichbehandlung.

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