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Späth: Wie wir aus der Krise kommen

FRANKFURT (diz). Mit Prof. Dr. Lothar Späth, einst Ministerpräsident von Baden-Württemberg und danach Vorstands- und Aufsichtsratsvorsitzender der Jenoptik AG, hatte die Pharmagroßhandlung Anzag einen versierten Politiker, Wirtschafts- und Medienfachmann für das 2. Anzag Apotheker-Forum am 2. Mai in Frankfurt gewinnen können. Unter der Überschrift "Krisenzeiten sind Unternehmerzeiten – Visionen für morgen" versuchte Späth den 200 Apothekerinnen und Apothekern Mut zu machen: Es gibt ein Leben nach der Krise.
Bleiben Sie fröhlich riet Lothar Späth, früherer Ministerpräsident von Baden-Württemberg und danach bis 2003 Geschäftsführer der Jen­optik, den Apothekern trotz Krise. Gut gelaunt das noch besser machen, was man bisher macht, kann ein Weg aus der Krise sein.

Krisen kündigen sich nicht an, sie entwickeln sich und kommen immer schneller, erst Recht im Zeitalter der Globalisierung. Doch an der Globalisierung, so Späth, lässt sich heute nichts mehr ändern. Jetzt stellt sich die Frage, wie wir mit der Krise umgehen. Späth: "Am besten, wir machen das noch besser, was wir jetzt schon machen." Die Krise, so Späth, wird vorübergehen, wir wissen nicht wie lange sie dauern wird, aber es gibt eine Zeit nach der Krise. Darauf sollten wir uns vorbereiten. Wenn wir unseren Wohlstand erhalten wollen, sollten wir neue Konzepte und Ideen schnell aufnehmen und umsetzen.

Der Produktionsmarkt hat seine Grenzen, wie man am Beispiel der Autoindustrie sieht. Der Automarkt ist in Deutschland gesättigt, der Export stagniert. Aufgrund der demographischen Entwicklung (immer mehr Alte) werden wir uns mehr und mehr zu einer Dienstleistungsgesellschaft entwickeln. Hier werden die Beschäftigungszahlen wachsen und nicht in der Produktion. Auch die Ausgaben für Gesundheit werden steigen: Der Ältere kauft kein neues Auto mehr, aber er benötigt Pflege und Gesundheitsdienstleistungen.

Grundrente und längere Arbeitszeiten

Man muss außerdem berücksichtigen, dass Steuererleichterungen nach Auffassung von Späth nicht in Sicht sind. Auf der einen Seite müssen Schuldenberge getilgt werden, auf der anderen Seite ist aufgrund von geringeren Einkünften und steigenden Arbeitslosenzahlen mit Steuereinnahmeausfällen zu rechnen. Die Reallöhne und die Renten werden nicht angehoben. Der Altpolitiker prognostizierte, dass vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung eine geringere Grundrente eingeführt wird, die jeder nach seiner eigenen Leistungsfähigkeit mit individuellen Zusatzsystemen aufstocken kann. Außerdem werden die Menschen länger arbeiten. Schon heute arbeiten viele Selbstständige weit über das 65. Lebensjahr hinaus.

Auch im Bereich der Krankenversicherung plädierte er dafür, mehr Zusatzversicherungen zuzulassen: marktwirtschaftliche Modelle mit Wettbewerb. Im Pflegebereich werden in Zukunft mehr Leute benötigt und arbeiten. Immer mehr haben im Rentenalter mehr Zeit, aber weniger Geld. Späth formulierte ein solidarisches Modell, wonach Ältere in der Altenpflege mitarbeiten und dadurch das Recht erwerben, später, wenn sie dann selbst im höheren Lebensalter Pflege brauchen, gepflegt zu werden.

Mittelpunkt ist der Mittelstand

Der Mittelstand ist für Späth die tragende Säule unserer Wirtschaft: "Nicht die Regierung, nicht die Opposition und nicht die Gewerkschaften haben den Wohlstand für Deutschland gebracht, sondern der Mittelstand." Um die Krise zu meistern, ist er aufgerufen, jetzt mehr zu arbeiten, aber ohne Lohnausgleich. Der Mittelstand hat sich auch in den vergangenen Jahren seine große Flexibilität unter Beweis gestellt.

Des Weiteren muss Deutschland in Forschung und Bildung investieren – trotz Krise. Späths Appell an die Apotheker: "Bleiben Sie fröhlich!" Anhand von Beispielen zeigte er, dass es das einfachste Mittel ist, durch gute Stimmung im Betrieb Umsatz und Ertrag zu steigern. Die Mitarbeiter arbeiten besser mit und setzen sich für den Betrieb mehr ein, wenn sie ihrer Arbeit gut gelaunt nachgehen. Dieser emotionale Faktor sollte in einem Betrieb nicht unterschätzt werden. Späth: "Krisen sind da, um überwunden zu werden. Besser ist es, wenn man diese Arbeit fröhlich angeht."

In der sich anschließenden Diskussion riet er den Apothekern, sich auf den Wettbewerb einzulassen, einfallsreich zu sein, Netzwerke der Kommunikation zu bilden und sich in die Kommunalpolitik einzumischen.

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