Seite 3

Testkäufe, Politikerstatements und drei richtige Fragen

Eigentlich war der Beitrag über Testkäufe in Apotheken der Sendung "ZDF-Reporter" am vergangenen Donnerstag (23. April) für den Müll. Man sollte diesen Beitrag einfach nur vergessen. Selbst der Norddeutsche Rundfunk hätte ihn, als er ihn bereits im letzten Herbst drehte und aufgrund falscher Behauptungen in der Sendung und nach Rücksprache mit der Landesapothekerkammer nicht senden wollte, wohl fast vergessen. Möglicherweise war dem Sender klar geworden, dass er damit daneben lag. Die Sendung "ZDF-Reporter" hat ihn dann doch abgenommen und jetzt ein halbes Jahr später gesendet. Ein emeritierter ältlicher Professor, der sichtlich nicht gut auf Apotheker zu sprechen ist und ihnen auch nichts zutraut, geht auf Apotheken-Shoppingtour und stolpert dabei über so manche ihm unbekannte Fakten. Er konstruiert Wechselwirkungsfälle, die es gar nicht gibt (Ranitidin und Metoprolol), übt unberechtigte Kritik an der ABDA-Datenbank (er vertreibt schließlich selber ein Medikationsprogramm in Kliniken), behauptet, Formigran gebe es in Drogerien und in Deutschland statt 60.000 verkehrsfähige Arzneimittel nur 8000. Auch hinsichtlich des Bildmaterials werden manipulative Schnitte gemacht: Alle Apotheken werden so dargestellt, dass ihre Namen nicht zu sehen sind – bis auf eine. Deren Inhaberin hatte ihn schon einmal wegen einer früheren Behauptung gerügt – jetzt sieht es so aus, als wolle der Emeritus es ihr heimzahlen. Nein, nichts gegen faire und sachliche Tests (siehe auch unser Heft mit dem Schwerpunkt Apothekentestkäufe, DAZ 16). Aber was diese ZDF-Sendung da mit ihrem greisen Professor angeboten hat, verunglimpft einen Berufsstand und verunsichert die Patienten (siehe Seite 26 in dieser Ausgabe).


Achtung, Vorwahlzeit! Politiker drängen danach, jetzt wieder auf allen möglichen Veranstaltungen aufzutreten, verteilen Komplimente und versprechen das Blaue vom Himmel. So auch in Leipzig auf dem Sächsischen Apothekertag am letzten Wochenende. Ach, war das schön zu hören: Piep piep piep, wir haben euch alle lieb. Und wie sie uns Apothekerinnen und Apotheker lieben. Alle wollen die inhabergeführte Apotheke mit der flächendeckenden Rundumversorgung, die Apotheke als soziales Kompetenzzentrum. Sie halten natürlich nichts von Ketten und Pick-up-Stellen – sorry, so sei der Versandhandel, dem man damals nur zähneknirschend zugestimmt habe, wirklich nicht gemeint gewesen. Auch wenn die Anträge, verschreibungspflichtige Arzneimittel vom Versand auszunehmen und ein Verbot der Pick-ups bisher gescheitert seien, man werde weiter dagegen kämpfen. Alle Politikeraugen schauen nun auf das EuGH-Urteil, wo es gute Hoffnungen gibt, dass das Fremd- und Mehrbesitzverbot erhalten bleibt. Alle Arzneimittel gehören in Apothekerhand – das geht runter wie klebriger Honig. Da fragt man sich dann wirklich: Sind das die gleichen Politikerinnen und Politiker, die es noch vor wenigen Jahren hinnahmen, den Versandhandel einzuführen, die OTC-Preise freizugeben und einen hemmungslosen Wettbewerb unter Apotheken zu befürworten? Bis zur Wahl am 27. September wird es noch einige Apothekertage geben, auf denen Politiker mit süßen Worten um unsere Gunst werben. Mag sogar sein, dass es der eine oder andere persönlich sogar ernst meint – wenn er oder sie dann doch nichts für uns tun konnte, dann waren es die Fraktion, Mehrheitsmeinungen, der Bundestag oder der Bundesrat oder einfach nur die Umstände wie seinerzeit, als Seehofer und Schmidt ihre "schönste Nacht" hatten.


Dabei könnte alles viel einfacher sein. Monika Koch, die Vorsitzende des Sächsischen Apothekerverbands, hatte es in ihrer Eröffnungsansprache auf dem Sächsischen Apothekertag in Leipzig auf den Punkt gebracht – im Prinzip dreht es sich nur um drei einfache Fragen:

– an die Politiker: Welche Art von Arzneimittelversorgung möchten sie in Zukunft haben? Wenn die Politiker diese Frage ehrlich beantworten und dann dafür eintreten würden, wäre es ein Leichtes, die Apothekenpolitik danach auszurichten und wir hätten endlich wieder Verlässlichkeit.

– an uns Apotheker selbst: Welche Art von Apotheker wollen wir sein, Heilberuf oder Händler? In diesen Spiegel sollten wir alle schauen und ehrlich antworten. Mitunter könnte man den Eindruck gewinnen, nur noch Funktionäre und Berufspolitiker treten für den Heilberuf ein. So mancher Apotheker praktiziert mehr den merkantilen Teil des Apothekerberufs. Fragt sich, warum sie Pharmazie und keine Betriebswirtschaft studiert haben.

– an die Bürger: Wie gehen wir mit unserer Geschichte um? Diese Frage stellte Koch vor dem Hintergrund 20 Jahre Deutsche Einheit und erinnerte daran, dass es jeder selbst in der Hand hat, wie er in einer freiheitlich demokratischen Gesellschaft lebt: "Wir sind das Volk."


Peter Ditzel

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.