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Vivesco will und kann keine Kette werden

FRANKFURT (diz). Die zum Pharmagroßhändler Andreae Noris Zahn AG (Anzag) gehörende Apothekenkooperation vivesco kann in diesem Jahr auf ihr fünfjähriges Bestehen zurückblicken. Mit rund 1100 Mitgliedsapotheken gehört diese Kooperation zu den großen Apothekenverbünden. Auf dem Zukunftsprogramm steht der Wunsch nach Aufbau einer Markenpräsenz, zumindest regional. Herausgestellt wird der Erhalt der inhabergeführten Apotheke. Die Kooperation soll als Bollwerk gegen mögliche Ketten aufgebaut werden. Wir sprachen mit den beiden Geschäftsführern der vivesco-Kooperation, Armin Hirth und Thomas Hofmann.
Armin Hirth
Foto: vivesco
DAZ vivesco wird 5 Jahre alt. Sind Sie mit der bisherigen Entwicklung zufrieden? Was ist das Ziel für die nächsten Jahre?

Hirth: Bisher sind wir sehr zufrieden. Unser Ziel war es von Anfang an, dass die vivesco-Apotheken deutlich stärker als die übrigen Marktteilnehmer wachsen. Dies ist der Fall, wie unsere monatlichen IMS-Auswertungen belegen. Darüber hinaus arbeiten wir an einer noch stärkeren Umsetzung und Sichtbarkeit unserer Konzepte bei unseren Apothekenpartnern.

Hofmann: Wir wollen natürlich beim Endkunden noch bekannter werden, vor allem durch gezielte regionale und größere bundesweite Aktionen. Dazu müssen wir uns stärker dem Endkunden annähern und seine Bedürfnisse noch besser kennenlernen.

DAZ Ist vivesco schon eine Marke? Regional? Bundesweit? Oder sind Sie auf dem Weg dahin?

Hirth: Wir haben unser Ziel noch nicht ganz erreicht, sind aber auf einem guten Weg in Richtung Marke. Wir arbeiten derzeit stark an einem regionalen Markenaufbau. Das heißt, wir betreiben Werbung dort intensiv, wo es vivesco-Apotheken gibt. Regional haben sich bereits zahlreiche Werbegemeinschaften gebildet, die in lokalen Kampagnen über Anzeigen oder Funkspots auf vivesco-Apotheken hinweisen und neue Kunden dazu gewinnen.

Hofmann: Diese regionale Strategie bildet das Fundament und schärft das Profil für vivesco-Apotheken vor Ort. Jetzt folgt der organische Ausbau der Marke. Ein wichtiges Thema in diesem Zusammenhang ist die Außendarstellung der Apotheken, sprich: die Kennzeichnung von vivesco-Apotheken, und der Aufbau sogenannter Flagship-Apotheken. Man darf das Potenzial der Außendarstellung nicht unterschätzen. Immerhin gibt es in Deutschland 1100 vivesco-Apotheken. Damit ist ein wichtiges Fundament für eine höhere Bekanntheit vorhanden.

Hirth: Aber um auch dies deutlich zu sagen: Wir wollen nicht die "Rosen-Apotheke von Apotheker Schmidt" durch das vivesco-Logo ersetzen. Es soll die optimale Kombination von beiden sein.

DAZ Kritiker sagen aber: Mit dem Anlegen gemeinsamer Logos und Außendarstellungen geht der Trend hin zur Vereinheitlichung, die Individualität der eigenen Apothekenmarke geht verloren …

Hirth: Mal angenommen, das Fremdbesitzverbot bleibt erhalten. Das wird Andere nicht daran hindern, sich wie eine Kette zu gebärden. Wenn Sie solchen, nach außen hin kettenähnlichen Konstrukten und deren Werbedruck in auflagenstarken Medien etwas entgegensetzen wollen, dann muss die Individualapotheke die gleichen Werkzeuge, also Marketingpower, nutzen. Das allerdings ist für die Einzelapotheke nur in wenigen Fällen leistbar – hier ist sie gemeinsam mit anderen Apothekenpartnern stärker und präsenter. Wenn also andere eine Quasi-Kette aufbauen, dann hat man fast keine Alternative dazu, als mit einer Kooperation in der Außendarstellung und Marktpräsenz Ähnliches zu tun.

DAZ Weiterer Einwand von Kritikern: Jetzt gerieren sich bereits Kooperationen durch ein einheitliches Auftreten nach außen hin immer stärker als Kette. Da wundert es nicht, wenn Politiker davon ausgehen, dass die Apotheker selbst bereits an Ketten denken und die Ketten wollen …

Hofmann: Was man den Ketten vorwirft, ist doch nicht der gemeinsame äußere Auftritt, sondern es sind die gemeinsamen Strukturen nach innen, die Durchgriffsmöglichkeit von der Zentrale auf die einzelne Apotheke. Genau das gibt es bei der vivesco als Kooperation nicht. Wir wollen die äußeren Vorteile einer Kette wie flächendeckende Markenpräsenz und gemeinsame Ansprache der Endkunden nutzen, aber bieten nach innen die Freiheiten der Individualapotheke.

DAZ Stichwort Freiheiten: Wie frei ist ein vivesco-Apotheker eigentlich noch?

Hirth: Sehr frei. Die vivesco-Apotheke kann beispielsweise einkaufen wo sie will. Sie muss lediglich an den jährlichen Schwerpunktthemen teilnehmen und das entsprechende Produktsortiment präsentieren. Außerdem muss sie eine Mindestkennzeichnung, eine Beklebung der Schaufenster mit dem Logo "vivesco", anbringen. Im Monatsbeitrag ist darüber hinaus die vivesco exklusive Kundenzeitung ‚vive’ enthalten. Damit verfügt der Apotheker über ein exzellentes Kundenbindungsinstrument, das er um weitere Komponenten, wie beispielsweise vivesco-Bonushefte, erweitern kann. Wenn der Apotheker mit unseren Vorgaben und Ideen Erfolg hat, dann ist es für ihn ja kein Muss. Hat er jedoch weniger Erfolg als vorher, kann er den Vertrag mit der vivesco kündigen.

Hofmann: Nicht zu vergessen: Alle unsere Konzepte und Angebote werden vorab durch unseren Apotheker-Beirat geprüft. Nur so können wir sicher sein, dass das, was wir vorschlagen, eine deutliche Relevanz für unsere Apothekenpartner und die Endkunden hat.

DAZ Die Option, seine Apotheke deutlich als blau-gelbe vivesco-Apotheke umzurüsten, also eine Art Flagship-Apotheke aufzubauen, ist also vollkommen freiwillig?

Hofmann: Seit Herbst letzten Jahres bieten wir diese Möglichkeit an. Derzeit haben es zwölf Apotheken genutzt, ihr Design an den vivesco-Auftritt anzupassen. Wir unterstützen dies von Seiten der Zentrale und wir schätzen, dass wir im Laufe des Jahres etwa 40 Flagship-Apotheken vorweisen können. Es ist aber auf jeden Fall freiwillig.

DAZ Wenn ich heute als Apotheker den Anschluss an eine Kooperation suche: Was würden Sie mir sagen, warum ich mich vivesco anschließen sollte? Was sind die Vorteile von vivesco?

Hirth: Die vivesco bietet Top-Marketing-Leistungen in Richtung Endverbraucher. Unsere konstante Mitgliederzahl beweist, das unsere Apothekenpartner das genauso sehen. Mit unserem Großhandel im Rücken sind wir gut aufgestellt und unsere Mitarbeiter in der Zentrale sind ausgewiesene Experten in Sachen Marketing mit hervorragenden Kenntnissen des speziellen Apothekenmarkts. Ein Stab von 17 vivesco-Außendienstmitarbeitern berät die Apotheke direkt vor Ort in Marketingfragen und unterstützt den Apotheker in allen relevanten Aufgaben auf diesem Gebiet. Wir sind eine Kooperation, bei der die Apotheker ein hohes Maß an Mitspracherecht haben. Bei der vivesco ist der Apotheker Stiller Gesellschafter, ist also auch am Ergebnis der vivesco beteiligt. Es gibt einen Beirat und Ausschüsse. Marktforschungsergebnisse neutraler Institute belegen Monat für Monat den überdurchschnittlichen Erfolg der vivesco-Partner. Und: Laut Vertrag dürfen nur natürliche Personen, die eine Apotheke betreiben, Gesellschafter werden. Dass aus vivesco eine Kette wird, ist somit bereits juristisch ausgeschlossen.

DAZ Gesetzt den Fall, der Fremdbesitz würde erlaubt – welche Strategie würden Sie dann verfolgen?

Hirth: Die gleiche, die wir zurzeit haben. Wir wollen die inhabergeführte selbstständige Apotheke stark machen und Waffengleichheit mit möglichen Ketten herstellen. Kapitalgesellschaften werden mit viel Geld auf die Endverbraucheransprache über Werbung setzen. Unsere Partner werden in einer Kooperation genauso macht- und wirkungsvoll auftreten können, ohne dass sie den Strukturen einer Kette mit all ihren Unfreiheiten ausgesetzt sind.

DAZ Kommen wir noch zum Thema Preisstrategien. Wie stellt sich hier die vivesco auf? Geht der Trend hin zu Billigangeboten oder möchte man sich eher im Premiumbereich bewegen?

Hirth: Hier haben wir eine klare Position: Eine Apotheke darf und soll ihr Kernsortiment nicht über den Preis verkaufen. Es kann aber sinnvoll sein, in einem Randsortiment, das der Kunde vergleichen kann, preisaktiv zu sein. Lassen Sie mich dazu anmerken: Der Preis hat keine Kundenbindungswirkung. Wenn ein Kunde wegen eines niedrigen Preises zu Ihnen in die Apotheke kommt, dann geht er morgen auch woanders hin, wenn das Produkt dort günstiger angeboten wird. Für eine vivesco-Apotheke kann es nicht zielführend im Markt sein, auf eine Discountstrategie zu setzen.

Hofmann: vivesco-Apotheken sollen sich eher über ihre Beratungskompetenz und Serviceleistungen profilieren als über den Preis. Sie sind aufgrund ihres Leistungsportfolios näher am Premium- als am Discountbereich, auch vom Aussehen her.

DAZ Herr Hirth, Herr Hofmann, vielen Dank für das Gespräch.

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