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Achtung, Testkauf!

Peter Ditzel

Eine Schweizer Anwaltskanzlei lässt Ende des vergangenen Jahres im Auftrag eines Mandanten, der anonym bleiben will, Testkäufe in deutschen Apotheken durchführen. Vorzugsweise werden Apotheken von Berufspolitikern daraufhin getestet, ob sie verschreibungspflichtige Arzneimittel ohne Rezept abgegeben. In mehr als 60 Prozent der Fälle soll in den Präsenzapotheken der Funktionäre ein verschreibungspflichtiges Arzneimittel ohne Vorlage einer ärztlichen Verschreibung abgegeben worden sein. Bei den ebenfalls getesteten Versandapotheken soll dies nur in 8 Prozent der Fall gewesen sein. Die Ergebnisse samt Namen der getesteten Apotheken und Apothekerfunktionäre sollen in Politikerkreisen gestreut worden sein, auch im Bundesgesundheitsministerium. Es liegt auf der Hand, was eine solche Aktion soll: Berufspolitiker, die nach außen die Fahne hochhalten und für die Präsenzapotheken Arzneimittel- und Patientensicherheit beanspruchen, gleichzeitig gegen Versandapotheken wettern und sie als Einfallstor für Arzneimittelfälschungen brandmarken, sollen öffentlich vorgeführt werden. Der Politik und der Öffentlichkeit soll vor Augen gehalten werden, dass die Funktionärsworte nichts weiter als hohle Parolen sind und im Prinzip die Arzneimittelsicherheit von Versandapotheken besser beachtet wird als von Deutschlands Oberapothekern selbst.

Dumm nur, dass die Studienmacher ihren Auftraggeber nicht preisgeben und weder Methodik der Testkäufe noch detaillierte Ergebnisse der Studie offenlegen. Aber, was sind solche Testkäufe wert, die so ein durchsichtiges Ziel verfolgen? Welchen Wahrheitsgehalt haben solche Studien, die offensichtlich darauf angelegt sind, bestimmte Personen vorzuführen? Da liegt es nahe, dass auch Vermutungen aufkommen, solche Studien könnten von interessierten Kreisen in Auftrag gegeben worden sein. Celesio allerdings soll laut FAZ, die über diese Testkäufe berichtete, Gerüchte, die Studie lanciert zu haben, dementiert haben: das sei völliger Blödsinn. Wie dem auch sei, die Wahrheit wird man nicht erfahren. Fazit: Solche "Studien" bringen uns nicht weiter und sind für die "Rundablage P".

Sinnvoll und mittlerweile etabliert haben sich dagegen die offiziellen Testkäufe, die von den Berufsorganisationen angeboten und durchgeführt werden: Stichwort Pseudo Customer. Sie dienen zur Selbstkontrolle der Beratungsqualität in der eigenen Apotheke. Nimmt eine Apotheke daran teil, wird sie unangemeldet von einem eigens dafür geschulten Testkäufer besucht und mit bestimmten Fragen und Beratungsproblemen konfrontiert. Der Testkäufer notiert sich im Nachgang zum Apothekenbesuch Stärken und Schwächen des Beratungsvorgangs. Die Apotheke wird kurz darauf mit dem Ergebnis des Testkaufs konfrontiert, um aus den Fehlern lernen zu können. Die Philosophie des Pseudo-Customer-Konzepts ist also keine Überwachung, sondern Hilfe zur Selbsthilfe. Es geht nicht um Apothekenvergleiche und darum, Apotheken an den Pranger zu stellen. Die Apotheke soll aktiv ihre Beratungsleistung verbessern können. Die freiwillige Teilnahme an diesen Tests ist daher Voraussetzung. Ich bin überzeugt, dass eine Apotheke unbedingt an dieser Art der Testkäufe teilnehmen sollte – zur Selbstkontrolle und zur Verbesserung ihrer Leistungen.

Eine andere Variante ist der Mystery Shopper, der auch im Auftrag der Kammer unterwegs sein kann. Auch er lässt sich in den Apotheken beraten, testet die Qualität der Beratung und berichtet an die Kammer. Die Apotheke erfährt in der Regel nichts vom Besuch des Testkäufers, es sei denn, sie hat gravierend gegen bestimmte apotheken- und arzneimittelrechtliche Vorschriften verstoßen. Die Ergebnisse dienen in erster Linie der Kammer, um festzustellen, wie es denn um die Beratungsqualität bestellt ist auch in den Apotheken, die nicht bei Pseudo-Customer-Test mitmachen.

Und dann gibt es noch die publikumswirksamen und mediengesteuerten Apothekentests von diversen Fernsehmagazinen und Testzeitschriften. Ihre Absicht ist klar: Sie sind in aller Regel darauf ausgelegt, negative Schlagzeilen zu produzieren, etwa "In acht von zehn Apotheken Berlins werden Sie schlecht beraten" oder ähnlich. Ein Bericht, der das Gegenteil zum Ergebnis hätte, würde weder gedruckt noch gesendet. Solche Tests sind also mit größter Vorsicht zu genießen. Die Ergebnisse sind nicht repräsentativ und unterliegen größten Zufallsschwankungen. Ganz von der Hand zu weisen sind die Resultate aber dennoch nicht. Immerhin wird die Methodik meist offengelegt und die Tests sind gut dokumentiert, auch wenn man über die Voraussetzungen, die Durchführung und die zu erfüllenden Anforderungen geteilter Meinung sein kann. Fakt ist, es bleibt immer etwas hängen, was zu einem negativen Image der Apotheke beiträgt.

Lesen Sie unseren Beitrag über Testkäufe von Kammern und das Pseudo-Customer-Konzept. Und freuen Sie sich auf einen Test der Tester: Der Autor des Beitrags hat sich die selbsternannten Tester der Stiftung Warentest, von ZDF & Co angesehen.


Peter Ditzel

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