DAZ aktuell

Celesio: "Verkrampfte Attacken und Anfeindungen"

STUTTGART (cr). Es hat lange gedauert, aber jetzt hat Celesio doch reagiert. In einem Schreiben nimmt Matthias Kleinert, Director Corporate Communication and External Affairs, zu unserem Beitrag "Fremdbesitz: Celesio/Admenta versuchen Tatsachen zu schaffen" Stellung. Urteilen Sie selbst!
Foto: Celesio

Die Apotheker Zeitung (AZ), die Montagsausgabe der DAZ, hatte in ihrer Ausgabe vom 30. März (Nr. 14/2009) Apothekenkaufverträge offen gelegt, mit denen die Firma Admenta Deutschland GmbH auf Einkaufstour geht und Apothekeninhaber bereits heute verpflichten möchte, ihre Apotheken an sie zu verkaufen – und dies trotz des in Deutschland geltenden apothekenrechtlichen Fremdbesitzverbots. Bei der Admenta handelt es sich um eine 100%ige Tochtergesellschaft der Celesio AG.

Der Celesio/Admenta-Kaufvertrag hat es in sich. Zentrale Klauseln des Vertragsgeflechts stehen nach Auffassung apothekengesetzlich versierter Juristen auf rechtlich tönernen Füßen. Besonders problematisch: Bereits mit der Vertragsunterzeichnung entledigt sich der "Strohmann-Apothekenleiter" beim Admenta-Deal seiner unteilbaren pharmazeutisch-wirtschaftlichen Verantwortung und überträgt damit die Leitung der Apotheke de facto auf eine Kapitalgesellschaft. Kapitalgesellschaften dürfen öffentliche Apotheken jedoch nicht betreiben. Und auch darauf wies die AZ hin: Wer sich als Pharmazeut heute auf den Deal einlässt, betreibt ein Vabanquespiel und darf sich morgen nicht wundern, wenn ihm das Fell über die Ohren gezogen wird.

"Celesio/Admenta-Apothekenkaufvertrag"


Die wichtigsten Klauseln
Admenta wird bereits mit Vertragsunterzeichnung unmittelbar das Recht eingeräumt, "im Rahmen des ordentlichen Geschäftsgangs der Apotheke Verkäufe an Dritte vorzunehmen".
Der Verkäufer ist verpflichtet, seinen Steuerberater gegenüber Admenta von der Schweigepflicht zu entbinden und der Celesio-Tochter "die monatlichen betriebswirtschaftlichen Auswertungen der Apotheke" zu übergeben.
Bestimmte Arbeitsverhältnisse mit Apothekenmitarbeitern sind vom Verkäufer mit Vertragsunterzeichnung zu kündigen. Außerdem müssen Admenta alle Arbeitsverträge nebst Anlagen vorgelegt werden.
Konkret listet der Apothekenkaufvertrag auf, welche Unterlagen der Verkäufer Admenta bereits mit Vertragsunterzeichnung vorzulegen hat und welche Erklärungen gegenüber Aufsichts- und Genehmigungsbehörden abzugeben sind.
Mit Unterzeichnung ist es dem Verkäufer untersagt, ohne Zustimmung von Admenta Arbeitsverhältnisse zu begründen, zu ändern oder zu beenden.
Admenta ist jederzeit berechtigt, seine vertraglich erlangten Rechte und Pflichten "auf einen von ihm ausgewählten Dritten zu übertragen" – im Fall, dass das Fremdbesitzverbot vom EuGH bestätigt wird, auf einen "apothekenrechtlich zulässigen Apothekenbetreiber". Damit ist der bisherige Apothekenleiter völlig unabhängig vom Ausgang des EuGH-Verfahrens zum Fremdbesitzverbot mit Unterzeichnung des Vertrags seine Apotheke endgültig los.
Bestandteil des Deals ist ein Arbeitsvertrag, in dem sich der Verkäufer verpflichtet, in der Fremdbesitzapotheke als Filialapotheker weiter zu arbeiten. Neuer Arbeitgeber ist dann mit weitreichenden Weisungsrechten Admenta. Umgekehrt ist Admenta berechtigt, das Arbeitsverhältnis mit dem Verkäufer mit einer Frist von drei Monaten zum Quartalsende zu kündigen.
In einer "Wohlverhaltensklausel" wird es dem Filialleiter verboten, ohne Zustimmung seines Vorgesetzten Veröffentlichungen vorzunehmen oder zu veranlassen, "die den Arbeitgeber oder mit ihm verbundene Unternehmen betreffen".

Erst beredtes Schweigen, dann "Fassungslosigkeit"

Nach Veröffentlichung in der AZ herrschte bei den Akteuren in der Stuttgarter Neckartalstraße zunächst beredtes Schweigen – und dies, obwohl der AZ-Beitrag für beträchtliche Unruhe gesorgt hatte. Celesio-Pressesprecher Reiner Berghausen wollte sich selbst auf Nachfrage nicht zu den Vorwürfen äußern. Funkstille allerorten. Auch Celesio-Chef Fritz Oesterle streifte auf seiner Bilanzpressekonferenz am 26. März den "Fall Admenta" nur mittelbar und bezeichnete die Vertragsgeflechte als bloße "Vermittlungsaufträge" ("Auf vielfachen Wunsch") und zusätzliches "Sicherheitspaket" für verkaufswillige Apothekeneigentümer. Das "sehr transparente" Verfahren – unter Beteiligung der weiteren Celesio-Tochter "Inten" – stehe unter dem Motto "Celesio weiß, was Apotheker wünschen". Eine Stellungnahme zu den konkreten Vertragsklauseln, mit denen sein Unternehmen bereits heute Apothekenleiter zu binden versucht, wollte Oesterle nicht abgeben. Auch Kleinert äußerte sich gegenüber der DAZ nicht zum Vorwurf illegaler Vertragskonstrukte ("Ich bin kein Jurist"). Stattdessen zeigt sich der Vollblut-Lobbyist, der als früherer Regierungssprecher von Lothar Späth enge Kontakte zu seinen baden-württembergischen CDU-Parteifreunden unterhält, in einem Schreiben "fassungslos" und spricht von "verkrampften Attacken und Anfeindungen" gegen seinen Arbeitgeber. Die "Polemik gegen Celesio" sei ein "Schlag ins Gesicht" von 40.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die für den Großhändler weltweit arbeiten. Die DAZ fordert Kleinert auf, sich "den Veränderungen zu stellen" und nicht den Eindruck zu erwecken, "dass alles gut wäre, wenn es Unternehmen wie Celesio nicht gäbe". Wir dokumentieren das Statement Kleinerts im Wortlaut (siehe Kasten).

Statement


"Verkrampfte Attacken und Anfeindungen"
Brief von Dr. h. c. Matthias Kleinert, Director Corporate Communication and External Affairs, Celesio AG, zum Bericht und Kommentar von Dr. Christian Rotta in der AZ vom 30. März:
Als regelmäßiger Leser der Apotheker Zeitung habe ich Ihren Kommentar "Mit allen Mitteln" vom 30. März zur Kenntnis genommen. Meine Fassungslosigkeit ob Ihrer Gedankengänge und Argumente kann ich nicht verbergen! Wir, das heißt die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Celesio-Gruppe, bedienen im Großhandel Tag für Tag 35.000 Apotheken. In unseren eigenen Apotheken erhalten täglich mehr als eine halbe Million Menschen Beratung und Service rund um die Gesundheit. Für die hohe Qualität unserer Leistungen haben wir unlängst in Großbritannien, den Niederlanden und in Irland renommierte Preise und Auszeichnungen erhalten. Dies ist unseren rund 40.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die diese Leistungen tagtäglich mit Herz und Engagement erbringen, Bestätigung und Ansporn.
Wie einen Schlag ins Gesicht jedes einzelnen von ihnen empfinde ich jedoch Ihre Polemik gegen Celesio, die in Ihrem Beitrag zum Ausdruck kommt. Aber Sie können noch so sehr polemisieren: Es ändert nichts daran, dass sich die Welt ändert – auch wenn Sie es nicht wahrhaben wollen. Sie bauen ein Feindbild auf, das absolut falsch ist! Die Celesio-Tochter Inten betreibt seit vielen Jahren offen und transparent ihr Geschäft, als Berater und Problemlöser für Apotheken. Daran ist weder etwas Neues, noch Dubioses zu erkennen.
Vielmehr ist es der Wunsch unserer Kunden, kompetent für die Zukunft beraten zu werden. Dazu gehört auch die Verkaufsvermittlung, denn die Nachfolgeregelung und Übergabe der eigenen Apotheke ist für Apothekerinnen und Apotheker – gerade mit Blick auf die Altersvorsorge – essentiell. Dass sich Apotheker Gedanken um ihre derzeitige und künftige Vermögenssituation machen und dass dies selbstverständlich und wichtig ist, haben doch auch Sie erkannt, indem Sie beispielsweise Ihre Leserschaft regelmäßig auf mehreren Seiten über die Börsenentwicklung, Anlagemöglichkeiten und steuerliche Themen informieren.
Es ist höchste Zeit: stellen auch Sie sich den Veränderungen und erwecken Sie nicht bei Ihren Lesern den Eindruck, dass alles gut wäre, wenn es Unternehmen wie Celesio nicht gäbe. Es ist im Interesse der deutschen Apothekerinnen und Apotheker, die den Großteil Ihrer Leserschaft ausmachen, sich auf die Veränderungen im Markt einzustellen. Verkrampfte Attacken und Anfeindungen sind hier fehl am Platz. Nur eine seriöse – auch kritische – Berichterstattung und Kommentierung trägt zur Beantwortung der Frage bei, wie die Zukunft des deutschen Apothekenwesens konstruktiv gestaltet werden kann.
Dr. Matthias Kleinert, Celesio AG, Stuttgart

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