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Söder fordert völligen Neuanfang in der Gesundheitspolitik

BERLIN (tw/ks). Mit radikaler Kritik an der Berliner Politik und der Forderung nach einer eigenen gesundheitspolitischen Linie der CSU ging der bayerische Gesundheitsminister Markus Söder Ende vergangener Woche auf Konfrontationskurs zur Regierungskoalition und zur Schwesterpartei CDU: Die Gesundheitsreform von 2007 sei eine Zwischenlösung gewesen, so der Politiker gegenüber der "Süddeutschen Zeitung". Der umstrittene Gesundheitsfonds habe keine Probleme gelöst, sondern nur neue geschaffen. Söder sieht nur eine Konsequenz: "Der Fonds muss weg."

Mit Rückendeckung des bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer rechnete der CSU-Minister in einem Rundumschlag auch mit zahlreichen anderen Kernpunkten der Gesundheitspolitik ab: Sowohl die noch 2005 gemeinsam mit der CDU propagierte Kopfpauschale als auch das Gegenmodell der SPD, die Bürgerversicherung, seien "untaugliche Instrumente". Der morbiditätsorientierte Risikostrukturausgleich möge "theoretisch interessant" sein, im Vollzug aber sei er gescheitert. Nicht zuletzt müsse die missglückte Honorarreform für die niedergelassenen Ärzte zugunsten einer freien Gebührenordnung rückgängig gemacht und die kassenärztlichen Vereinigungen abgeschafft werden.

Chaostag im Gesundheitssystem

Die Gesamtheit der vorangegangenen Reformen sei verantwortlich dafür, dass derzeit "Chaostage im Gesundheitssystem herrschen". Es könne nicht angehen, so Söder in einem Interview im "Deutschlandfunk", dass die Patienten immer mehr zahlen müssten und dafür immer weniger Leistung bekämen: "Wenn man erlebt, was in den Praxen los ist, wie die Kassen verunsichert sind, wie die Patienten in Sorge sind, weil ein System, das bislang das beste in der Welt war, jetzt plötzlich im Chaos zu versinken droht, im Streit von Ärzten untereinander, dann weiß man, dass die Versprechen, die gegeben worden sind, nicht gehalten wurden. Ganz im Gegenteil, es ist ein einziges Chaos entstanden und deswegen muss man es ändern – zum Wohle der Patienten." Söder forderte noch vor der Bundestagswahl einen radikalen Bruch mit der bisherigen Gesundheitspolitik der Union.

Unmissverständliche Einigung?

Der CSU-Vorstand will die Vorschläge am 3. April auf einer Klausurtagung beraten. Zu Wochenbeginn bemühte sich die CDU bereits, die Wogen zu glätten. Ihr Generalsekretär, Ronald Pofalla, erklärte am 30. März, die beiden Unionsparteien hätten Tags zuvor bei einem Gespräch eine "unmissverständliche Einigung" erzielt. Man habe aber auch festgestellt, dass die Neuregelung der Arzthonorare gelöst werden müsse. Es könne nicht sein, dass trotz der zusätzlich zur Verfügung gestellten 2,7 Mrd. Euro bei Teilen der Ärzteschaft weniger ankomme. "Wenn diese Frage gelöst ist, steht der Gesundheitsfonds nicht zur Disposition", so Pofalla. Seehofer wiederum kündigte am selben Tage an, die CSU werde in der Debatte über den Fonds "nicht lockerlassen". "Das Versprechen aus Berlin zum Start des Gesundheitsfonds war, dass kein Arzt weniger Geld hat. Jetzt haben wir Regionen und Facharztgruppen, wo es anders ist. Das muss beendet werden", erklärte Seehofer. Wenn der Fonds funktioniere, sei nichts gegen ihn einzuwenden. Indessen verteidigte auch das Bundesgesundheitsministerium den Gesundheitsfonds. Er funktioniere gut, sagte Sprecher Klaus Vater. Ohne Fonds stünden manche Krankenkassen vor dem Problem, den Beitragssatz in Richtung 18 Prozent anheben zu müssen. Er betonte, dass die Honorarreform für die niedergelassenen Ärzte nichts mit dem Gesundheitsfonds zu tun habe.

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