Arzneimittel und Therapie

Keine eindeutigen Vorteile, aber auch keine Nachteile

Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hat seinen Abschlussbericht zum Einsatz langwirksamer Insulinanaloga bei Typ-2-Diabetes veröffentlicht. Das Fazit: Es gibt keine Belege für einen Vorteil langwirksamer Insulinanaloga im Vergleich zu herkömmlichem Humaninsulin bei der Behandlung des Typ-2-Diabetes. Auch wenn inzwischen zum Insulin Glargin die Ergebnisse einer Fünf-Jahres-Studie vorliegen, so sind der mögliche langfristige Nutzen und Schaden dieser Substanzgruppe noch immer nicht ausreichend untersucht.
Abschlußbericht Für einen Vorteil von Insulin Glargin und Detemir gegenüber herkömmlichem Humaninsulin sieht das IQWiG bislang keine Belege. Das Institut kritisiert vor allem, dass kaum Langzeitdaten vorliegen.
Foto: Kircher

Der Abschlussbericht ist Teil eines umfassenden Auftragspakets des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), mit dem wichtige Therapiemöglichkeiten für Menschen mit Diabetes bewertet werden sollten. Bereits abgeschlossen sind die Expertisen zu kurzwirksamen Insulinanaloga bei Diabetes mellitus Typ 1 und Typ 2. Ziele der vorliegenden Untersuchung waren die Nutzenbewertung einer langfristigen Behandlung mit einem langwirksamen Insulinanalogon (Insulin Glargin oder Insulin Detemir) im Vergleich zu einer Behandlung mit einer Zubereitung eines auf Humaninsulin basierenden Verzögerungsinsulins und die vergleichende Nutzenbewertung langwirksamer Insulinanaloga untereinander jeweils bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 hinsichtlich patientenrelevanter Therapieziele.

Insgesamt flossen nach Datenbank-Recherchen 18 Studien in die Nutzenbewertung ein. Von diesen waren 13 Studien bereits publiziert. Beide Hersteller langwirksamer Insulinanaloga, die Firma Sanofi Aventis (Insulin Glargin) und die Firma Novo Nordisk (Insulin Detemir), hatten sich während der Berichtserstellung bereit erklärt, dem IQWiG zuvor unpublizierte Daten zur Verfügung zu stellen. Angaben, die das IQWiG daraufhin erbat, wurden geliefert. Aus der Recherche in den von den Herstellern übermittelten Studienlisten ergaben sich fünf weitere relevante Studien, die noch unpubliziert waren. Von den eingeschlossenen Studien untersuchten 15 Studien den Vergleich eines langwirksamen Insulinanalogons mit NPH-Insulin, einem auf Humaninsulin basierenden Verzögerungsinsulin (Insulin Glargin: neun Studien; Insulin Detemir: sechs Studien). Die übrigen drei Studien waren direkte Vergleichsstudien zu den beiden Insulinanaloga. Auffällig ist, dass in sieben der neun Studien zum Vergleich von Insulin Glargin und Humaninsulin die Präparate nicht so eingesetzt werden, wie es in Deutschland üblich ist: Die Studienteilnehmenden spritzten es sich nur einmal täglich, obwohl es im Alltag oft häufiger angewendet wird. Die Aussagekraft dieser Studien bewertet das IQWiG dadurch als eingeschränkt.

Kaum Aussagen zu Folgekomplikationen möglich

Gesicherte Aussagen zu langfristigen Vor- und Nachteilen zu treffen, ist allein aufgrund der kurzen Laufzeiten der meisten Studien nicht möglich, beklagt das IQWiG. Aber auch die Fünf-Jahres-Studie zu Insulin Glargin, deren Ergebnisse bei der Erstellung des Vorberichts noch nicht vorgelegen hatten, lies nur begrenzt Aussagen zu Folgekomplikationen des Diabetes zu. Was Herzerkrankungen betrifft, zeigte der Vergleich mit NPH-Insulin keine Hinweise auf einen Unterschied. Es gibt aber auch keine Hinweise, dass das Risiko für eine Schädigung des Augenhintergrundes bei Insulin Glargin höher sein könnte.

Seltener schwere Unterzuckerungen bei Glargin

Aber auch für kurzfristige Vorteile sieht das IQWiG keine Belege. Es gibt allerdings einige Hinweise: Bei bestimmten Therapieschemata scheinen unter Insulin Detemir leichtere Unterzuckerungen seltener vorzukommen, und das unter Berücksichtigung der individuellen Senkung des HbA1c -Wertes. Das gilt indes nur für den Einsatz als Basalinsulin ein- oder zweimal täglich bei Menschen, die zusätzlich orale Antidiabetika einnehmen. Zudem lieferte die Fünf-Jahres-Studie einen Hinweis, dass unter Insulin Glargin schwere Unterzuckerungen weniger häufig als unter NPH-Insulin auftreten. Im direkten Vergleich untereinander schneidet keines der beiden Analog-Präparate eindeutig besser ab. Allerdings brachen unter Insulin Detemir mehr Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Studien wegen unerwünschter Ereignisse ab als unter Insulin Glargin. Wer der Detemir-Gruppe zugeteilt war, nahm durchschnittlich weniger Gewicht zu als in der Glargin-Gruppe. Allerdings waren die Unterschiede mit 0,9 bis 1,3 kg gering. Bei einer Laufzeit von sechs bis zwölf Monaten bleibt ohnehin unklar, wie nachhaltig dieser Effekt ist.

 

Quelle

Abschlussbericht A05-03 Langwirksame Insulinanaloga bei Diabetes mellitus Typ 2, Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) vom 19. März 2009.

 

ck

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