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Dreyer: Wir wollen keine Pick-up-Stellen

TRIER (diz). "Wir wollen die inhabergeführte Apotheke und setzen uns dafür ein" – mit diesen deutlichen Worten bekannte sich Malu Dreyer, Gesundheitsministerin des Landes Rheinland-Pfalz, auf dem Rheinland-Pfälzischen Apothekertag zum heutigen Apothekensystem in Deutschland. Rund 200 Apothekerinnen und Apotheker waren am 21. und 22. März 2009 nach Trier gekommen, um die aktuelle berufspolitische Lage zu diskutieren und an praxisnahen Workshops teilzunehmen.
Nur wenn notwendig veranstalten sie einen Rheinland-Pfälzischen Apothekertag. In diesem Jahr war es soweit: Hermann S. Keller, Vor­sitzender des Apothekerverbandes Rheinland-Pfalz, und Dr. Andreas Kiefer, Präsident der Landesapothekerkammer Rheinland-Pfalz.

Foto: DAZ/Sket

Die Vorsitzenden der rheinland-pfälzischen Berufsorganisationen, Kammerpräsident Dr. Andreas Kiefer und Verbandsvorsitzender Hermann S. Keller, eröffneten gemeinsam mit einem lockeren Zwiegespräch zwischen "Andreas und Hermann" den 5. Rheinland-Pfälzischen Apothekertag. In Rheinland-Pfalz werde ein Apothekertag in unregelmäßigen Abständen abgehalten, so erklärten sie, und zwar immer nur dann, wenn es Wichtiges zu diskutieren gibt, beispielsweise in schwierigen Zeiten wie diesen. Und wenn man Antworten von der Politik auf drängende Fragen haben möchte. Sie stellten heraus, dass die Bundeskanzlerin vor Kurzem die Versandapotheken und den Versandhandel in Frage stellte. Man dürfe, so zitierten sie Merkel, wegen eines kurzfristigen Einspareffektes nicht die sichere flächendeckende Versorgung mit Arzneimitteln opfern.

Pick-ups beim Metzger

Die rheinland-pfälzische Gesundheitsministerin Malu Dreyer (SPD) steht zur inhabergeführten Apotheke, wie sie in ihren Grußworten auf dem Apothekertag betonte. Sie sprach sich gegen eine mögliche Aufhebung des Fremd- und Mehrbesitzverbots aus. Der Erhalt der flächendeckenden Arzneimittelversorgung ist ihr wichtig. Mit dem Schlussantrag des Generalanwalts Yves Bot zeigte sich Dreyer sehr zufrieden. Jetzt sei zu hoffen, dass der Europäische Gerichtshof diesem Antrag folgt.

Zum Versandhandel mit Arzneimitteln stehe sie prinzipiell, man solle der Bevölkerung diese Möglichkeit nicht nehmen. Zudem spiele er mit einem Anteil von etwa 1 Prozent wirtschaftlich keine Rolle. "Aber wir wollen nicht, dass Arzneimittel auch in einer Metzgerei, im Baumarkt oder anderen artfremden Branchen abgeholt werden können", so Dreyer, womit sie sich klar gegen die Pick-up-Stellen wandte. Wie sie berichtete, gebe es in Rheinland-Pfalz bereits eine Pick-up-Stelle in einer Metzgerei – "das wollen wir nicht". Mit der anstehenden Novellierung des Arzneimittelgesetzes sei es möglich, die Pick-up-Auswüchse zu regeln. Man wolle auch den Antrag Bayerns und Sachsens im Bundesrat unterstützen, die verschreibungspflichtigen Arzneimittel vom Versandhandel herauszunehmen.

Randnotiz

Apotheke konkret
Ein paar mehr Teilnehmer am Rheinland-Pfälzischen Apothekertag hätten sich die Veranstalter schon gewünscht. So waren nur rund 200 Apothekerinnen und Apotheker in Deutschlands älteste Stadt gekommen, um unter dem Motto "Apotheke konkret" Berufspolitik, Workshops und Geselligkeit zu verbinden. Schade, wer nicht dabei war, hat einen spannenden Vortrag über die Schweiz versäumt, eine berufspolitische Diskussion zu aktuellen Themen und praxisnahe Workshops zu den Themen Verblisterung, Testkauftraining, QM-Handbuch, Umgang mit Retaxationen, Fallstricke bei Großhandelsbestellungen, Umgang mit Rabattverträgen in der EDV. Eine gute Gelegenheit für einen Gedankenaustausch in lockerer Atmosphäre bot der gesellige Abend des Apothekertags: eine feine Weinprobe im Haus der bischöflichen Weingüter mit Weinen von Mosel, Saar und Ruwer.
Wann der nächste Apothekertag von Rheinland-Pfalz stattfindet, ist noch nicht bekannt.

Was bringt die Zukunft?

Pick-up-Stellen, Arzneiversandhandel, zukünftige Rolle des Apothekers – dies waren die zentralen Themen der sich anschließenden Podiumsdiskussion, geleitet von der Südwestfunkmoderatorin Daniela Engelhardt. Auf dem Podium brachte der Schweizer Apotheker und frühere Verbandspräsident Dr. Max Brentano Erfahrungen aus der Schweiz in die Diskussion ein. Dr. Wolf Bauer, Mitglied des Gesundheitsausschusses (CDU), und Dr. Volker Wissing, stellvertretender Landesvorsitzender der FDP Rheinland-Pfalz, und die rheinland-pfälzische Gesundheitsministerin Malu Dreyer waren sich mit Keller und Kiefer einig: Schweizerische Verhältnisse, wo Ärzte Arzneimittel abgeben dürfen (Dispensierrecht der Ärzte), will man in Deutschland nicht – "und wir bekommen sie auch nicht", bekräftigte Dreyer. Genauso einig war man sich auf dem Podium, dass man keine Auswüchse des Versandhandels will wie beispielsweise Pick-up-Stellen. Leider sei dies aber wohl nicht die durchgehende Position in der CDU, wie Keller an die Adresse von Bauer hinzufügte. Die CDU-Abgeordnete Widmann-Mauz beispielsweise möchte am Arzneiversandhandel nicht rütteln. Auch Kiefer beklagte, dass zwar alle gegen die Auswüchse des Versandhandels, insbesondere gegen Pick-up-Stellen seien, aber "kein Politiker sagt uns so richtig, wie wir sie wegbekommen". Bauer warf ein, dass sich die Apotheker leider nicht klar äußerten: ein ABDA-Vorschlag befasste sich sogar damit, unter welchen Vorzeichen man sich Pick-ups vorstellen kann. Dem hielt Keller entgegen, dass von Seiten der CDU und SPD das Signal kam, konkret nichts gegen Pick-ups tun zu wollen, deswegen mussten die Apotheker Möglichkeiten aufzeigen, um "die Spitzen des Terrors mit Pick-ups zu kappen". Kiefer räumte ein: "Hier haben wir uns ein blaues Auge geholt." Dreyer unterstrich, dass es juristisch schwierig sei, Pick-up-Stellen einfach zu verbieten. Daher unterstütze sie den Antrag, Rx-Arzneimittel aus dem Versandhandel herauszunehmen: "Wir sehen keine andere Chance als dies so zu machen." Keller appellierte an die Politiker, hier rasch zu handeln: Ein Verbot von Rx-Arzneimitteln im Versandhandel müsste noch im April/Mai in die AMG-Novelle aufgenommen werden, nur so könnte man rasch handeln.

Bei der Frage nach der Höhe der Einsparungen durch die Rabattverträge, zeigten sich die Politiker offen. Wissing versprach, dieser Frage nachzugehen und zu eruieren, wie viel hier denn wirklich eingespart werde.

Zur zukünftigen Rolle des Apothekers versuchten Keller und Kiefer den Politikern klar zu machen, dass der Apotheker keineswegs an alten Zöpfen festhält und nur tradierte Rollen spielt, wie die Medien es immer wieder gerne darstellen. Kiefer sieht den Apotheker in Zukunft noch stärker in der Rolle des Informations-Managers, wo er seine pharmazeutische Kompetenz einbringen kann. Doch das hänge auch von der Haltung der Politik ab: "Geht es in Zukunft nur noch um den Preis, dann können wir das nicht mehr leisten." Wissing bekräftigte: "Wenn nur noch das Billigste abgegeben werden muss, dann macht in der Tat Beratung keinen Sinn." Eine Extrahonorierung für Beratungsleistungen der Apotheker stieß allerdings auf wenig Gegenliebe in der Politik. Wissing hält dies nicht für realistisch. Und Bauer wünscht sich "gesunde Apotheken", die die Beratung aus dem System heraus erbringen können und nicht gegen Extrahonorierung. Brentano hielt dagegen, dass sich in der Schweiz das Honorarsystem für Beratungs- und Zusatzleistungen für Apotheker bewährt habe.

Dennoch, Keller zeigte sich optimistisch: Im Jahr 2020 gibt es nach wie vor die inhabergeführte Apotheke, in der zusätzliche Leistungen gesondert honoriert werden. Kiefer glaubt ebenfalls, dass die inhabergeführte Apotheke in Zukunft dem Apotheker ein Einkommen sichert und der Apotheker die Rolle des Problemlösers in der Arzneitherapie spielt. Auch Bauer blickt zuversichtlich in die Zukunft und steht zum Apotheker als Mittelständler. Ebenso Wissing, der davon ausgeht dass der Apotheker weiterhin Freiberufler ist. Brentano sieht die Apotheker stärker in Richtung Dienstleistung gehen. Die Kooperation zwischen Arzt und Apotheker wird enger zum Wohl des Patienten.

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