Arzneimittel und Therapie

Auch bei einem Kurztrip lauert die FSME-Gefahr

Das Risiko von Infektionskrankheiten auf Reisen lauert nicht nur im Urlaub in fernen Gefilden. Eine Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) kann man sich schon bei einem Kurztrip nach Österreich oder an den Balaton holen. Auch ein Spaziergang insbesondere in Endemiegebieten in Süddeutschland kann die Gefahr von durch Zecken übertragenen Krankheiten deutlich steigern.

„Neun von zehn FSME-Infektionen treten nach Freizeit-Aktivitäten auf“, betonte Priv.-Doz. Dr. Kai Wohlfarth von den BGKliniken Bergmannstrost in Halle/ Saale. Da es im Falle einer FSME-Erkrankung keine ursächliche Behandlungsmöglichkeit gibt, riet der Neurologe, intensiver als bisher die vorbeugende Impfung anzubieten. Dabei sollte vor allem an eine vollständige Grundimmunisierung gedacht werden. Unvollständig geimpfte Personen können nämlich ebenso schwer erkranken wie gar nicht geimpfte. Das Risiko von FSME-Infektionen in Europa wird nach wie vor unterschätzt. Das verdeutlichte Dr. Martin Haditsch vom Travel- MedCenter Leonding bei Linz in Österreich anhand des Phänomens, dass nach FSME gar nicht erst gesucht wird, wenn Erkrankungsfälle in einer Region scheinbar nicht aufgetreten sind. Demgegenüber konstatierte der Experte jedoch sowohl eine geographische wie auch zeitliche Ausbreitung infizierter Zecken bis hin in Gebiete, die vor Kurzem noch als unbedenklich galten. So wurde im vergangenen Jahr im Vorarlberg erstmals eine Virusinfektion in einer Höhe über 1500 Meter dokumentiert. Neben der kontinuierlich zunehmenden räumlichen Ausweitung der Endemiegebiete kam es in den vergangenen Jahren in ganz Europa aber auch zu einer auffälligen zeitlichen Ausdehnung der Infektionen. Von einer typischen Erkrankung des Frühsommers, wie die Bezeichnung FSME nahelegt, könne deshalb schon lange keine Rede mehr sein. Zudem kam es in Österreich zum ersten Mal zu bestätigten alimentären Übertragungen. Haditsch berichtete von sieben nicht geimpften Personen, die unpasteurisierten Ziegenkäse verzehrt hatten. Sechs wurden erwiesenermaßen infiziert, vier mussten sogar hospitalisiert werden.

Interpharm 2009

Infektionen am Auge

Eine gesunde Bindehaut gewährleistet eine gute Durchblutung und Entsorgung durch Lymphdrainage, auch enthält sie viele Leuko- und Lymphozyten als zelluläre Immunabwehr. Dennoch treten durch die relativ ungeschützte Lage des Auges Augenentzündungen verhältnismäßig häufig auf. Sie sind durch die üblichen Entzündungssymptome gekennzeichnet: Rötung, Schwellung, Wärme und Schmerz. Verursacher sind meistens Infektionen durch Bakterien oder Viren, aber auch Fremdkörper, Gifte, Strahlenschäden oder allergische Reaktionen kommen als Auslöser in Frage. Von Entzündungen können Bindehaut, Hornhaut, Gefäßhaut oder Lederhaut betroffen sein.

Eine der häufigsten Augenerkrankungen ist die Bindehautentzündung. Von einer infektiösen Konjunktivitis wird gesprochen, wenn sie durch Bakterien, Viren, Parasiten oder Pilze hervorgerufen wird. Da eine Konjunktivitis ansteckend sein kann und in manchen Fällen auch die Hornhaut mitbetroffen ist, sollten die Patienten in diesem Fall unbedingt einen Augenarzt aufsuchen, denn nach Hornhautentzündungen bilden sich manchmal Narben, was zu einer dauerhaften Verschlechterung des Sehvermögens führt.

Wie eine Konjunktivitis behandelt wird und wann die Grenzen der Selbstmedikation überschritten sind, erklärt Prof. Dr. Wolfgang Behrens-Baumann.

"Infektionen am Auge", Prof. Dr. Wolfgang Behrens-Baumann, Magdeburg, Freitag, 27. März 2009, auf der Interpharm in Hamburg.

Das vollständige Interpharm-Programm finden Sie in dieser Ausgabe der DAZ.

 

Risiko von FSME-Infektionen nicht unterschätzen

Den Kreis der Infektionsgefährdeten wollte Haditsch jedoch nicht nur auf Wanderer und Naturfreunde beschränkt wissen. Potenzielle Gefahren machte er insbesondere auch für die wachsende Zahl von Teilnehmern am Event-Tourismus aus. Damit meinte er zum Beispiel die Formel-1-Fans, die unweit des Hungarorings ihre Zelte aufschlagen oder die vielen Besucher des Beach-Volleyball-Turniers in Kärnten, die sich über Tage in klar ausgewiesenen Hochrisikogebieten aufhalten. Solche Touristen denken im Unterschied zu normalen Urlaubern in aller Regel überhaupt nicht an gesundheitliche Vorkehrungen, meinte Haditsch. Gleiches gelte für Tausende von Besuchern von Open-Air-Konzerten oder sonstigen Massenveranstaltungen im Freien. Die Teilnehmer von Katholikentagen oder Papst-Besuchen nahm er dabei nicht aus. Hier sah der Reisemediziner demzufolge erheblichen Nachholbedarf in der ärztlichen Beratung. Dabei gehe es insbesondere darum, ein Bewusstsein für die potenzielle Gefährdung zu schaffen. Die Frage, die sich dann jeder einzelne stellen muss, bestehe darin, wie er mit dem rein statistisch zwar geringen Risiko, aber der immer noch vorhandenen gesundheitlichen Gefahr umgeht, die möglicherweise bleibende Folgen nach sich zieht. Haditsch erinnerte in diesem Zusammenhang, dass es im Erkrankungsfall bei etwa der Hälfte (35 bis 58%) aller Patienten zu Restbeschwerden kommt, bei jedem Zehnten zu bleibenden neurologischen Schäden und bei jedem Hundertsten zum Tode.

 

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Arzneitherapie bei Senioren verbessern

Durch den Alterungsprozess verändern sich unter anderem die Zusammensetzung eines Körpers und die Aktivität seiner Enzyme. Als Folge werden viele Arzneimittel nicht mehr so gut metabolisiert wie bei jüngeren Menschen. In der Therapie wird oft nicht berücksichtigt, dass zum Beispiel im Alter die Nierenfunktion reduziert ist und sich bei bestimmten Medikamenten zusätzlich spezielle Risiken ergeben. Deshalb erhalten Senioren häufig zu hoch dosierte Arzneimittel. Zwar gibt es heute für viele Krankheiten sogenannte Therapieleitlinien, doch diese Empfehlungen haben meist einen "idealen Patienten" zur Grundlage, wie er für klinische Studien rekrutiert wird. Im Durchschnitt wird jeder gesetzlich Versicherte über 60 Jahren täglich mit 2,6 Arzneimitteln behandelt, Versicherte zwischen dem 80. und 84. Lebensjahr sogar mit täglich 3,3 Wirkstoffen. Bereits heute leiden 48 Prozent aller Patienten über 65 Jahren an wenigstens drei chronischen Erkrankungen, 21 Prozent haben fünf Erkrankungen und mehr. Der demographische Wandel wird diese Entwicklung in den nächsten Jahren noch verstärken.

Wie die Arzneimitteltherapie bei Älteren in Zusammenarbeit von Arzt und Apotheker verbessert werden kann, erläutern Michael Höckel und Dr. Joachim Schümmelfeder, Eisenach.

"Multimorbidität und Multimedikation im Alter: Auswege aus einem Dilemma", Michael Höckel und Dr. Joachim Schümmelfeder, Eisenach, Samstag, 28. März 2009, auf der Interpharm in Hamburg.

Das vollständige Interpharm-Programm finden Sie in dieser Ausgabe der DAZ.

Inaktivierte Impfstoffe gegen FSME

Dass die Sensibilisierung für die Gefahren einer FSME-Infektion Erfolge zeitigt, hat das Beispiel Österreich mit seinen im internationalen Vergleich vorbildlichen Durchimpfungsraten unter Beweis gestellt. Während sich die Erkrankungsraten in Europa in den letzen 30 Jahren durchschnittlich mindestens vervierfacht haben, gingen sie in Österreich infolge der hohen Impfbeteiligung von zuletzt über 80% auf weniger als 100 Fälle zurück, so Haditsch.

In Deutschland sind zur Impfung gegen die Frühsommer-Meningoenzephalitis Impfstoffe zugelassen, die inaktivierte FSME-Viren enthalten (Encepur® Erwachsene, Encepur® Kinder, FSME® immun, FSME® immun junior). Nach Grundimmunisierung mit einem FSME-Impfstoff sind die schützenden Antikörpertiter ähnlich hoch wie bei natürlich infizierten Personen. Das berichtete Dr. Eckhardt Petri von der Abteilung Medical Affairs bei Novartis Behring in Marburg. Die erste Auffrischung führt seinen Ausführungen nach zu einem weiteren Anstieg um etwa das 20-Fache. Die Grundimmunisierung mit Encepur® kann entweder nach dem Standardschema (Tag 0, 1 – 3 Monate, 9 – 12 Monate) oder nach dem Schnellschema (Tag 0, Tag 7, Tag 21) durchgeführt werden. Neuerdings kann die zweite Impfung im Standardschema auch bereits nach 14 Tagen verabreicht werden. Die dritte Teilimpfung folgt dann wie gewohnt nach neun bis zwölf Monaten. Dies bietet laut Petri größere Wahlfreiheit bei den Impfterminen. Er räumte aber auch ein, dass die Immunantwort umso stabiler ist, je länger der Abstand zwischen den ersten beiden Impfterminen gewählt wird.

Neueste Studiendaten belegen, dass nach einer Booster-Impfung (drei Jahre nach Grundimmunisierung nach Standardschema bzw. spätestens 18 Monate nach Schnellschema) für mindestens fünf Jahre ein ausreichend belastbarer Antikörpertiter vorliegt. Das gilt nach den Ausführungen von Petri auch für Kinder, die mit Encepur® Kinder geimpft wurden. Die Virusneutralisation hält damit wesentlich länger an als bisher angenommen. Deshalb, so Petri, hat der Impfstoff vor Kurzem auch für Kinder die Zulassung eines verlängerten Booster-Intervalls nach der ersten Auffrischung von drei auf fünf Jahre erhalten. Die hohe Immunogenität des Impfstoffes führte Petri darauf zurück, dass nicht zuletzt zugunsten der Sicherheit auf proteinhaltige Stabilisatoren wie humanes Serumalbumin verzichtet wurde.

 

Quelle
Priv.-Doz. Dr. Kai Wohlfarth, Halle/Saale; Dr. Martin Haditsch, Linz; Dr. Eckhardt Petri, Marburg: "FSME-Saison 2009: Deutliche Verbesserung bei der Impfprophylaxe", Frankfurt/Main, 19. Februar 2009, veranstaltet von der Novartis-Behring GmbH, Marburg

 

Martin Wiehl, freier Medizinjournalist

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