ADEXA Info

Verdachtskündigung

Der Fall machte Schlagzeilen: Eine Berliner Kassiererin wurde nach 30-jähriger Betriebszugehörigkeit fristlos entlassen, weil sie – angeblich? ! – zwei Pfandbons im Wert von 1,30 Euro unterschlagen hatte. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, vor dem die Gewerkschafterin in zweiter Instanz geklagt hatte, sah die Kündigung als rechtmäßig an, weil das Vertrauensverhältnis irreparabel gestört sei. Hier ein Blick auf mögliche Parallelen im Apothekenbereich:

Arbeitsgerichte urteilen in Fällen von Diebstahl, Unterschlagung und Betrug am Arbeitsplatz sehr hart, auch wenn es nur um geringe Summen, also sogenannte Bagatelldelikte geht – das ist spätestens seit dem "Bienenstich-Urteil" des Bundesarbeitsgerichts von 1984 juristische Praxis in Deutschland. In diesem Fall hatte eine Bäckereiverkäuferin ohne Genehmigung ein Stückchen Kuchen aus der Auslage gegessen und war ähnlich wie jetzt Barbara E. aus Berlin fristlos gekündigt worden.

"In der ADEXA-Rechtsberatung haben wir bisher kaum ähnlich geartete Fälle vorgelegt bekommen", so die Leiterin des Hamburger ADEXA-Justiziariats, Rechtsanwältin Iris Borrmann. "Manchmal gibt es allerdings Streit um Eigenverbrauchskontingente. Denn hier existieren keine offiziellen Regelungen für alle Apotheken, sondern nur betriebsinterne mündliche oder schriftliche Vereinbarungen, die oft auch nur sehr vage sind."

In einem Fall hatte eine Mitarbeiterin nicht für sich selbst, sondern für ihre Mutter Medikamente zu den intern vereinbarten vergünstigten Konditionen entnommen und war gekündigt worden. Mithilfe von ADEXA wurde ein Vergleich erzielt, doch konnte die Angestellte ihren Arbeitsplatz nicht retten. Wenn das Vertrauensverhältnis gestört ist, lässt sich dies gerade in Kleinbetrieben wie Apotheken kaum wiederherstellen.

In einem anderen Fall war kein konkretes Limit für das Eigenverbrauchskontingent vorgegeben. Hier führte eine besonders hohe Summe für den Eigenverbrauch der Mitarbeiterin zu einer Abmahnung und Kündigung.

"Wenn es bei diesem Punkt Unklarheiten gibt, sollten Sie in Ihrem eigenen Interesse beim Arbeitgeber um eine schriftlich fixierte, klare Regelung bitten", rät Iris Borrmann.

Kontrolle von Mitarbeitern – was ist erlaubt?

Nicht nur in Supermarktketten, sondern auch in einigen Apotheken werden Angestellte überwacht. Hier ein Überblick, was zulässig ist:
  • Überwachungskameras dürfen nur nach einer umfassenden Information der Angestellten installiert werden; gibt es einen Betriebsrat, muss dieser zustimmen.
  • Taschenkontrollen dürfen nur bei einem begründeten Verdacht durchgeführt werden. Offene Spinde können stichprobenartig kontrolliert werden, bei geschlossenen ist dies nur mit Einverständnis des Mitarbeiters möglich, und es darf nur um betriebliche Belange gehen.
  • Arbeitgeber dürfen keine privaten Auskünfte verlangen, auch nicht über Kollegen. Auskünfte über das Verhalten am Arbeitsplatz sind nur zulässig, wenn es einen konkreten Verdacht auf Pflichtverletzung gibt.
Quelle: Minou Hansen, Ausspioniert – Kontrolle am Arbeitsplatz, Spektrum 3/2008, S. 38-39

Haben es Gewerkschaftsmitglieder schwerer?

Bei der Berliner Supermarktkassiererin war der Vorwurf laut geworden, ihr Arbeitgeber Kaiser’s Tengelmann habe lediglich einen Vorwand gesucht, um die unliebsame Gewerkschafterin loszuwerden. Bei Arbeitsniederlegungen Ende 2007 war sie nach Gesprächen mit dem Management als einzige von acht Streikenden nicht "eingeknickt".

Dazu Iris Borrmann: "Solche Erfahrungen können wir im Apothekenbereich zum Glück nicht bestätigen. Es ist eher umgekehrt: Bei arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen verhalten sich die Arbeitgeber in der Regel besonders korrekt, sobald sie erfahren, dass es sich bei den Betroffenen um ADEXA-Mitglieder handelt." Natürlich profitieren Gewerkschaftsmitglieder in solchen Fällen auch von der ADEXA-Rechtsberatung.

Dr. Sigrid Joachimsthaler

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.