Arzneimittel und Therapie

Orale Glucocorticoide bei Kindern mit Giemen nicht effektiv

Im Rahmen viraler Atemwegsinfektion entwickeln viele Kleinkinder zwar asthmaähnliche Symptome mit pfeifenden Atemgeräuschen bis hin zur Atemnot, trotzdem ist eine orale Therapie mit Glucocorticoiden bei Kindern unter sechs Jahren nicht indiziert. So das Ergebnis einer aktuell publizierten Studie.

Viele Kinder im Vorschulalter entwickeln im Rahmen einer viralen Atemwegsinfektion asthmaähnliche Symptome mit starken pfeifenden Atemgeräuschen ("wheezing"), ohne dass sie an allergischem Asthma leiden. Altersbedingt sind die anatomischen Verhältnisse in den oberen Luftwegen noch sehr eng, was eine Ursache der erschwerten Atmung ist. Mit zunehmendem Alter "verwächst" sich dieses Problem in den meisten Fällen. Trotzdem sind die Symptome häufig so akut und bedrohlich, dass die Kinder ins Krankenhaus gebracht werden. Dann erhalten sie meist neben kurz wirksamen Beta-2-Sympathomimetika auch orale Glucocorticoide, zum Beispiel Prednisolon. Dieses Vorgehen wird zwar bei Kindern im Schulalter in entsprechenden Leitlinien empfohlen, für Kinder im Vorschulalter fehlt allerdings die wissenschaftliche Evidenz. Eine Studie an drei Krankenhäusern in Großbritannien widmete sich nun speziell der Fragestellung, ob orales Prednisolon auch bei Kindern unter sechs Jahren mit viralem Atemwegsinfekt indiziert ist.

Erste Hilfe:

Was sollte man tun?

 

Eine der wichtigsten Maßnahmen ist die Beruhigung des Kindes (auf den Arm nehmen), gegebenenfalls müssen auch die Eltern beruhigt werden. Denn durch Erstickungsangst und Unruhezustände können die Atembeschwerden noch verschlimmert werden.

Bei schwerer, unklarer Atemnot mit Störungen der Ein- und/oder Ausatmung sowie starker Unruhe des Kindes muss der Notarzt gerufen oder das Kind in eine Klinik gebracht werden. Bei leichteren Pseudokrupp- oder asthmatischen Attacken gilt als eine wirksame erste Maßnahme neben der Beruhigung des Kindes, die Fenster zu öffnen. Insbesondere eine kühle feuchte Nachtluft wirkt bei Pseudokruppanfällen lindernd. Des Weiteren sollte, wenn bekannt, die spezifische Therapie eingeleitet werden, also bei Pseudokrupp die Gabe von Glucocorticoiden, bei obstruktiver Bronchitis/Asthma bronchiale die Inhalation von Bronchodilatatoren.

Lässt sich das Kind nicht beruhigen oder steht kein Medikament zur Verfügung, sollte man einen Arzt oder eine Erste-Hilfe-Stelle aufsuchen.

[nach Empfehlungen des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte e. V., Ärzte im Netz GmbH, www.kinderaerzte-im-netz.de]

Orales Prednisolon versus Placebo

An der doppelblinden randomisierten Studie nahmen 687 Kinder im Alter zwischen zehn Monaten und fünf Jahren teil, bei denen der Hausarzt eine virale Atemwegsinfektion diagnostiziert hatte, die mit so starken pfeifenden Atemgeräuschen einherging, dass das Kind in einem Krankenhaus vorgestellt werden sollte.

In der Klinik wurden die Kinder zunächst mit dem Beta-2-Sympathomimetikum Salbutamol behandelt. Sofern sich der Zustand stabilisierte und die Kinder keine intensivmedizinische Therapie benötigten, wurden sie auf eine fünftägige Therapie mit Prednisolon (10 mg/Tag bei Kindern unter 24 Monaten und 20 mg/Tag bei den älteren Kindern) oder Placebo randomisiert.

Atemnot bei Kleinkindern

Die möglichen Ursachen für Atembeschwerden bei Kleinkindern sind vielfältig. Es kann sich um eine Erkältung oder Bronchitis handeln, es kann aber auch eine andere Atemwegserkrankung wie Asthma bronchiale, Krupphusten oder Lungenentzündung dahinter stecken. Auch Insektenstiche oder verschluckte Gegenstände können eine akute Atemnot hervorrufen. Kleinkinder können aber auch vor Schmerz, Zorn oder Wut den Atem anhalten und so respiratorische Affektkrämpfe auslösen. Bei älteren Kindern können Angstzustände eine panikartige Atemnot auslösen.

Orales Prednisolon nicht effektiv

Die Dauer des Krankenhausaufenthalts (primärer Endpunkt der Studie) konnte nur marginal von 13,9 auf 11 Stunden verkürzt werden. Auch bei den sekundären Endpunkten zeigten sich keine Vorteile für die orale Prednisolontherapie. Sekundäre Endpunkte waren die Bewertung des Schweregrads der Atemnot ("Preschool Respiratory Assessment Measure-Score", der Salbutamolbedarf und die Bewertung der Symptomatik der nächsten sieben Tage. Bei all diesen Kriterien zeigten sich keine signifikanten Vorteile durch die Prednisolongabe.

Gewohnheiten überdenken

Die Autoren der Studie schlussfolgern, dass orale Glucocorticoide bei Kleinkindern, die im Rahmen einer viralen Atemwegsinfektion leichte bis mittelschwere Atemnotanfälle entwickeln, weitgehend wirkungslos sind. Diese Therapieform sollte daher nicht routinemäßig eingesetzt werden.

 

Quelle

Panickar J, et al. Oral Prednisolone for preschool children with acute virus-induced wheezing. N Engl J Med (2009) 360,
 329 – 338.

Bush A. Practice imperfect – treatment for wheezing in preschoolers. N Engl J Med (2009) 360, 409 – 410. 

 

 


Apothekerin Bettina Christine Martini

 

 

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.