Seite 3

Es war im Jahr 2009...

"Die Liberalisierung der Energiemärkte hat Deutschland zur Beute von vier großen Stromkonzernen werden lassen: Eon, RWE, Vattenfall und EnBW bilden ein Oligopol, das den Wettbewerb erdrosselt und die Preise treibt. Die Politik jammert, wagt aber nicht die Zerschlagung." Dieses Zitat stammt vom Politikjournalisten Hans-Ulrich Jörges, Mitglied der Chefredaktion des Magazins "Stern"; er schrieb es in seiner politischen Kolumne in der Ausgabe 1/2009 des Stern. Lassen wir dieses Zitat kurz auf uns wirken.

2009 steht ein lang erwartetes Urteil auf der Agenda des Europäischen Gerichtshofs: die Entscheidung über das Fremd- und Mehrbesitzverbot bei Apotheken. Der Schlussantrag der Generalanwalts Yves Bot Mitte Dezember gibt Anlass zu der Hoffnung, dass die EuGH-Richter das Fremd- und Mehrbesitzverbot bei Apotheken mit ihrem Urteil für zulässig erklären. Immerhin ist das Gericht bisher in etwa 80 Prozent der Fälle dem Schlussantrag des Generalanwalts gefolgt. Aber es kann durchaus auch anders ausgehen. Dann müssten wir in Deutschland den Fremd- und Mehrbesitz bei Apotheken zulassen. Großkonzerne wie Haniel mit Celesio oder das Merckle-Imperium mit Phoenix (sofern sich das Unternehmen nach dem tragischen Tod von Merckle über die Finanzkrise hinwegrettet) oder ausländische Großhändler wie die britische Alliance Unichem und der US-amerikanische Medco-Konzern könnten versuchen, in den Arzneimittel-Einzelhandel einzusteigen, und Apotheken kaufen oder neu eröffnen. Möglicherweise wären dann sogar Großhandlungen wie die Sanacorp (im Millenium-Verbund mit dem französischen Partner Cerp Rouen) und selbst die Noweda und die Anzag gezwungen, eigene Apotheken zu betreiben.

Die "vereinigte" Wirtschaftspresse in unserem Land wie "Handelsblatt" und "Wirtschaftswoche" bis hin zu "Welt", "FAZ" samt ihren Sonntagszeitungen, alle sichtlich dem ungebremsten Wettbewerb verpflichtet, jammerte und wehklagte über den Schlussantrag des Generalanwalts. Die armen Verbraucher kämen nicht in den Genuss eines tollen Wettbewerbs zwischen Apothekenketten, der die Arzneimittelpreise nur so purzeln ließe, und überhaupt alles, Beratung und Service, nur noch besser macht.

Kann es sich keiner dieser Journalistengurus vorstellen, dass eine Liberalisierung auch einen anderen Weg einschlagen kann? Dass eben letztendlich nicht alles billiger und besser wird und Service und Beratung sogar schlechter?

Erinnern wir uns an das Eingangszitat und formulieren Sie mit mir ganz einfach um: "Die Liberalisierung des Apothekenmarktes hat Deutschland zur Beute von vier großen Großhandelskonzernen werden lassen: Celesio, Phoenix, Alliance Unichem und Medco bilden ein Oligopol, das den Wettbewerb erdrosselt und die Preise treibt. Die Politik jammert, wagt aber nicht die Zerschlagung." Genauso könnte es nach zehn, fünfzehn Jahren Fremd- und Mehrbesitz in Deutschland aussehen. Die Parallelen zum Energiemarkt, auf dem mittlerweile die Preise halbjährlich angehoben werden und der Service täglich schlechter wird, liegen so offen auf der Hand. Hoffen wir, dass die EuGH-Richter nicht dem Liberalismus-Geschrei auf den Leim gehen. Inzwischen dürfte bekannt sein, wo ungezügelter Wettbewerb endet (siehe Energiemarkt).

Schauen wir positiv in die Zukunft. Lassen Sie sich nicht vom apokalyptischen Gerede anstecken. Denken Sie über das zukünftige Profil Ihrer Apotheke nach – vor dem Hintergrund der stattgefundenen Veränderungen. Wir müssen schon heute der Gesellschaft und der Politik zeigen, dass unsere derzeitigen Apothekenstrukturen die besten sind: sie bieten Sicherheit, flächendeckende und rasche Versorgung, Wettbewerb, Beratung und Service. Festigen Sie in 2009 die Position Ihrer Apotheke: das Zauberwort heißt Individualisierung. Überlegen Sie, wodurch Ihre Apotheke einzigartig und unverwechselbar wird. Unsere Artikelserie "Individualapotheken müssen individuell sein" (Teil IV in dieser Ausgabe) gibt Anhaltspunkte, Ideen und zeigt einen Weg zu Zukunftskonzepten. Die Firma Stada will Mitte Januar auf ihrer Kongresstour "Apothekium" durch zehn deutsche Städte über die Zukunft der inhabergeführten Individual-Apotheke diskutieren und Gedankenanregungen dazu geben. Der Apothekerverband Nordrhein veranstaltet Anfang Februar seinen "1. Zukunftskongress öffentliche Apotheke", der aktuelle Entwicklungen und Zukunftschancen im Apothekenmarkt beleuchten will. Das Thema Apothekenzukunft wird 2009 das zentrale Thema werden. Machen Sie mit! Dann werden Sie in wenigen Jahren sagen können: Es war im Jahr 2009, als ich meine Apotheke zukunftsfit gemacht habe. In diesem Sinne: ein erfolgreiches 2009!

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.